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Auf dem Weg raus

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Auf dem Weg raus
« am: 09 Juli 2020, 14:20:40 »
Hallo zusammen,

seit Anfang der Woche habe ich immens viele Einträge in diesem Forum gelesen und mich nun dazu entschieden, mich ebenfalls mitteilen zu wollen.

Ich bin 30 Jahre alt und spielsüchtig.

Wann genau es mit dem Spielen losging, weiß ich nicht mehr zu 100%. Ich glaube den ersten Kontakt hatte ich mit 15/16 bei Sportwetten.

Richtig Fahrt aufgenommen hat das Ganze dann mit meinem 18ten Lebensjahr, nachdem ich mit Freunden zum ersten Mal in die Spielothek gegangen bin.
Das Ganze hat sich dann immer weiter gesteigert, bis ich irgendwann auch alleine dort aufgeschlagen bin, auch dann, wenn ich eigentlich in der Schule hätte sein sollen, sodass ich letztendlich nicht zum Abitur zugelassen wurde, sondern die Schule mit dem Fachabitur verlassen musste.

Irgendwann hat dann auch das eigene Geld nicht mehr gereicht, sodass ich ein Familienmitglied nach und nach um mehrere kleinere Geldbeträge erleichtert habe.
Als das am Ende, Gott sei Dank, rausgekommen ist, waren es 3000€ die ich gestohlen habe.
Ich kann immerhin mit Stolz sagen, dass ich die komplette Summe zurückgezahlt habe und meine Familie auch weiterhin zu mir gestanden hat.

Ich lies das spielen in der Form nahezu sein. Ich dachte, ich könnte mich selbst regulieren, was mir vermeintlich auch gelang.
Spielotheken besuchte ich, bis auf wenige Ausnahmen, gar nicht mehr, auch online hielt sich meine Spielerei in Form eines Einzahlungslimits (100€ im Monat) in Grenzen. Dafür investierte ich teilw. mehrere 100€ im Onlinespielen, was ich zu dem Zeitpunkt aber nicht damit verknüpft habe, oder nicht verknüpfen wollte, das wird es wohl gewesen sein.
Ich hatte stets genug Geld und war zufrieden und das über viele Jahre, schließlich hatte ich es ja unter Kontrolle.
Doch wie ich nun lernen musste handelte es sich dabei um einen Trugschluss.
Innerhalb der letzten vier Monaten verspielte ich mehrere Tausend Euro, zuletzt sogar mein komplettes Monatsgehalt innerhalb weniger Tage, alles im OC. Das einzig positive ist, dass ich keinerlei Schulden angehäuft habe.
Als ich abends im Bett kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand, offenbarte ich mich meiner Freundin, welche auch schon die Situation vor 12 Jahren mit mir durchgestanden hat und mir auch diesmal wieder zur Seite steht.

Was habe ich seitdem gemacht?

1. Termin bei der Caritas vereinbart (findet nächste Woche statt). Erhoffe mir dort Unterstützung für den weiteren Weg und Beratung in Hinsicht auf eine ambulante Therapie.

2. Kreditkarte gesperrt und gekündigt.

3. Zugang zum Online-Banking gesperrt und an meine Freundin übertragen.

Aktuell habe ich aufm 0,0 Interesse daran zu spielen, was vielleicht auch etwas damit zu tun hat, dass kein Geld da ist, welches verspielt werden könnte.
Ändert sich das wieder, wenn das Gehalt kommt, juckt es dann mehr in den Fingern?

Ich kann es kaum erwarten, zur Caritas zu gehen, lieber heute als morgen. Ich will, dass alles schnell geht und mein Leben wieder (oder endlich?) zur Normalität übergeht. Schnell zum Termin, schnell zur Therapie...
Ich habe Sorge, dass ich alles zu schnell machen will, nur um es ,,hinter mir zu haben.“
Was ich aus den Beiträgen in den Forum zwar gelernt habe ist, dass es gar nicht schnell gehen kann, sondern die Sucht einen lebenslang begleitet, aber ich kann diesen Gedankengang nicht abschütteln.

Vielleicht gibt es hier jemanden, der mir in der Hinsicht einen Rat geben, oder weiterhelfen kann.

Ich freue mich über jede, auch kritische, Rückmeldung und Rückfrage.

Spielfrei Tag 4,

Euer Holzi

*

Offline Olli

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  • 7.340
Re: Auf dem Weg raus
« Antwort #1 am: 09 Juli 2020, 14:59:06 »
Hi Holzi!

Herzlich willkommen!

Der Zahn mit dem "schnell-schnell" wird Dir schon noch gezogen werden ...:)
Jetzt hast Du erst mal einen Termin. Die Folgenden werden wohl im 2-Wochen-Rhythmus stattfinden.
Die gleichen Zeitspannen hast Du dann auch bei der ambulanten Therapie.
Da ist also nix mit husch und durch ...

Trotz alledem wird Dir die Zeit aber auch wie im Fluge vergehen.

Wie ich lese, hast Du schon Einiges in die Wege geleitet. Prima!


Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Auf dem Weg raus
« Antwort #2 am: 09 Juli 2020, 18:19:13 »
Hey Holzi,
Ich selber bin recht Jung und noch in der Ausbildung.
Ich habe weit nicht soviel Erfahrung gemacht wie die andere hier in dem Forum , aber ich denke die besten Schritte hast du ja bereites getan.
Selber habe ich auch keine Schulden aber ähnlich wie du gemerkt das alles aus den Händen rutscht und sich das Leben nurnoch um das Zocken gedreht hat.
Mir hilft es ungemein mich hier im Forum täglich oder alle paar Tag zu melden und zu erzählen wie es mir geht .
Vielleicht Hilft dir das auch.
Immerhin bin ich schon bei einem bisschen mehr als einem Monat.
Du schaffst das 😊

*

Offline andreasg

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  • 2.083
Re: Auf dem Weg raus
« Antwort #3 am: 09 Juli 2020, 19:01:47 »
Hallo Holzi,

Herzlich Willkommen im Forum, besser im Club der Spielsüchtigen auf dem Genesungsweg. Mit 30 Jahren liegen ja schon die Jugendsünden hinter uns, da hat mann schon Rathaustreppe gefegt, oder ist in allerbesten Händen. Das scheint ja zu Deinem Glück so zu sein. In einer Beratungsstelle wird es ferner denn auch um Beziehungen gehen, und damit um Vertrauen, also wie groß ist Dein Selbstvertrauen, noch, etc...

Ja das mit der Zeit - Olli hat ja so recht, das wunderbare aber ist, das Schritttempo bringt uns schneller und präzise an das Ziel, hier der Spielfreiheit. Die Hürden bis dahin wollen genommen werden, und das braucht eine Bereitschaft, es sich einzuüben, wenn es auch nur der Wechsel der Straßenseite ist, wenn eine Spielstätte zu Nahe rückt, und der Anruf bei einem Freund, der das Problem selber kennt.
Das wird uns geschenkt, bedeutet aber viel Fußarbeit.

Du hast viel im Forum gelesen? Nun kannst Du natürlich auch schreiben, der erste Schritt ist von Dir ja vollzogen.

schöne 24 Stunden
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

Re: Auf dem Weg raus
« Antwort #4 am: 10 Juli 2020, 10:39:53 »
Hallo ihr Lieben,

vielen Dank für eure Rückmeldungen.
Es tut in der Tat gut sich hier kundzutun und Feedback von Menschen zu erhalten, die einen verstehen.

@Mlappa (muss immer an den Fußballspieler denken, aber der wird nur mit einem P geschrieben 😂)

Ich habe deinen kompletten Thread gelesen und freue mich richtig für dich, dass du schon bei einem Monat bist - weiter so 💪🏻.

Ich habe gestern viel über meine Beweggründe, warum habe ich gespielt, nachgedacht.
Es war nicht aus Langeweile, es war egal, ob es mir gut, oder schlecht ging.
Es ging mir noch nichtmal primär darum Geld zu gewinnen, war natürlich ein schöner Nebeneffekt, wenn es denn (in den seltensten Fällen) mal geklappt hat.

Ich kann es nicht anders ausdrücken, aber ich glaube ich habe gespielt um des Spielens Willen. Ich glaube ich habe einem Gefühl nachgejagt, dem Gefühl, wenn man mal wieder Freispiele bekommen hat, oder ein tolles Bild. Ich habe mich dann darüber gefreut mehr Geld zu haben, um weiter spielen zu können.
Wenn ich, um einfach mal eine Summe zu nennen, 100€ aufgeladen habe und nach einer Session bei diesen 100€ geblieben wäre, wäre ich zufrieden gewesen, da ich gewusst hätte, dass ich am nächsten Tag wieder spielen kann.
Also das ist nur meine Selbstanalyse, keine Ahnung, ob es richtig, oder falsch ist.

Irgendwann kam dann natürlich der Punkt an dem es doch ums Geld ging und zwar als ich unbedingt wieder Geld reinholen musste, was natürlich nicht geklappt hat.
Das negative Gefühl dabei habe ich irgendwie immer verdrängt, ist schon komisch.

Letzte Nacht habe ich viel vom Spielen geträumt. Ich habe mich noch nie so intensiv mit der Sucht auseinandergesetzt, auch wenn es anstrengend ist und ich dauerhaft Kopfschmerzen habe, tut es mir gut mich damit zu beschäftigen.

Beste Grüße,

Euer Holzi

Re: Auf dem Weg raus
« Antwort #5 am: 11 Juli 2020, 00:27:57 »
Hey Holzi,
Der Name ist wegen des Fusballspielers 😬.
Habe mich bei Fifa mit 15 immer so genannt ( Falsch geschrieben auch schon immer ) .
Seit dem hab ich mich als nickname immer so genannt 😃.

Was du erzählt hast wegen des Spielens ist bei mir nicht anders. Es geht immer dann ums Geld wenn man es wieder reinholen muss ...
Ich bin gerade in der Phase wieder Spaß an normalen Dingen zu finden.
Davor hat das Spielen meine gesamte Laune bestimmt .Wenn ich gewonnen hatte hatte ich gute Laune oder anders rum .

Ich freue mich auf dein Weg 😃

 

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