Hallo meine Liebe!
Die Glücksspielsucht ist eine Störung der Gefühlsregulation. Da hat Logik keine Chance!
Na klar bleibt uns gerade am Anfang die Unlogik nicht verschlossen. Wir finden dann aber logische Gründe um unser Handeln zu rechtfertigen.
Dass die eigentlich daneben sind, verdrängen wir einfach. Sie verbiegen ja nur ein wenig die Realität.
Dumm nur ... mit der Zeit wird es mehr und mehr. Wenn wir unsere Sucht aber beschützen wollen - sie übt ja eine Funktion aus - dann müssen wir an das, was wir von uns geben, auch selbst glauben!
Das macht es uns aber wieder schwerer, den Absprung zu schaffen. Wer möchte denn zugeben, dass er dem eigenen Selbstbeschiss erlegen ist - sich dafür falsche Glaubenssätze angeeignet hat und sie bisher bis aufs Blut verteidigte?
Hat mich mein Gewissen geplagt? Rein finanziell gesehen war ich der Einzige, dem ich Schaden zugefügt habe. Für mich, ja es ist paradox, ich sah es aber damals so, war die Suchtausübung mit Freiheit gleichzusetzen. Wer durfte sich da das Recht heraus nehmen mir sagen zu dürfen, was ich zu tun und zu lassen hatte?
Ich hatte das Glück und das Pech durch meine Eltern immer wieder Spielpausen einlegen zu dürfen. Glück, weil ich mich dadurch nie zu hoch verschuldet habe und tatsächlich auch viele schöne Reisen machen konnte. Pech, weil sie selbst mir gegenüber nie richtig konsequent gewesen sind und ich somit gute 20 Jahre in der Sucht gefangen geblieben bin. So wurde ich zwar bestimmt ein dutzend Mal raus geschmissen, doch mir wurde dann immer der Haustürschlüssel meiner Schwester in die Hand gedrückt, die zu der Zeit in Urlaub war. Einmal habe ich zwei Wochen im Winter im Auto geschlafen. Zwischen Ende des Arbeitstages bis zur Schlafenszeit verbrachte ich dann meine Zeit mit Aufwärmen in Spielhallen. Konnte mich auf der Arbeit duschen und mich frisch machen. Nach diesen zwei Wochen klingelte das Telefon und ich durfte zurück ...
Das Geld war hart erarbeitet, sagst Du ... na klar. Doch ich hatte gar keinen Bezug zum gesetzlichen Zahlungsmittel. Schon früh habe ich Zeitungen ausgetragen - es wurden 25 Jahre daraus. Schon früh habe ich meinen Vater auf Baustellen begleitet, um ihm zu helfen. Ich hatte viele Jahre lang Kollegen, die mir Arbeit zuschusterten, damit ich mir nebenher Geld verdienen konnte.
Ich habe mir nie Gedanken über mein Gehalt gemacht. Als ich mir eine Ausbildung suchte und dann eine Lehrstelle fand, wo die Lehre nur 2,5 Jahre dauerte, da war mir sehr wohl bewusst, dass ich künftig kein Großverdiener sein werde, Es war mir egal - ich lebte in den Tag hinein.
Zudem gab es einen Glaubenssatz in der Familie: Nur wer die Fingerchen gehen lässt, der ist auch was ...
Somit wurde man über seinen Fleiss bewertet ... und fleissig war ich ja ... Es kamen später noch zwei Vereine und Vereinsarbeit im Vorstand dazu.
Wieso sollte ich etwas verändern?
Liebt der Spieler noch? Ich behaupte mal ja mit einem großen ABER! Die Familie steht nicht mehr an erster Stelle auf der Prioritätenliste.
Es gibt auch Spieler, die behaupten von sich die Liebe erst entdeckt zu haben, nachdem sie spielfrei geworden waren und an sich gearbeitet hatte.
Leider muss ich auch zugeben, dass ich so einige Pärchen im Laufe der Jahre kennenlernen durfte, bei denen die Ehe dann an der Spielsucht gescheitert ist.
Was die Regel ist, das kann ich Dir nicht sagen. Es hängt ja immer von den Beteiligten ab.
Wenn ich Deine Fragen so betrachte, dann denke ich mir schon, dass Du gerne von der Hoffnung getragen werden möchtest, das alles gut wird.
Wenn, ja wenn da nicht die "bewussten" Lügen wären. Die Verletzungen durch die Lügen - die Enttäuschungen - der Schmerz. Und das alles mit dem Vorsatz Dir Schaden zuzufügen.
Vergiss es ... kein Spieler verspürt diese Absicht. Letztlich ist er seinem Defizit ausgeliefert, welches ihn das Glücksspiel als Ersatzfunktion ausüben lässt.
Weisst Du, was ich immer wieder zu hören bekomme? Es sind so Sätze wie: Ich war wie ferngesteuert! ... Auf einmal fand ich mich vor dem Automaten in der Spielhalle wieder und weiss gar nicht mehr, wie ich da rein gekommen bin.
Das Glücksspiel beginnt nicht erst mit dem Einwurf oder der Überweisung des Geldes. Es beginnt viel früher. Hier in den Beispielen z.B. wurde bereits auf dem Weg in die Halle im Geiste gezockt. Die Vorfreude auf das kommende Spiel löst die gleichen Körperreaktionen aus, wie das reale Spiel. Die Person war also bereits auf Droge.
Besteht bei Krankheitseinsicht Aussicht auf zukünftige Aufrichtigkeit Dir gegenüber?
Das kann Dir doch keiner sagen. Wir kennen Deinen Mann ja nicht. Und selbst wenn, dann könnten wir ihm genauso wenig hinter die Stirn schauen wie Du.
Meine Grundvoraussetzung für eine Genesung ist die absolute Aufrichtigkeit nach Innen und nach Außen. Ich habe mir ein Netzwerk angelegt, an welches ich mich wenden kann, wenn mich etwas bedrückt oder auch nur beschäftigt. Ich brauche für heute das Glücksspiel nicht mehr in meinem Leben.
An den großen Gewinn und im Anschluss an ein sorgenfreies Leben habe ich nie geglaubt. Das war nie meine Motivation fürs nächste Spiel.
Doch ich weiss, dass es mir finanziell viel besser geht, wenn ich nicht spiele. Aus meinem Job habe ich etwas gemacht und verdiene mittlerweile auch nicht schlecht. Emotional geht es mir um Welten besser. Ich möchte auf gar keinen Fall mehr die Uhr zurückdrehen, um "nur ein letztes Mal noch" die Walzen drehen zu lassen.
Du könntest mir heute bedingungslos vertrauen und ich würde dieses Vertrauen hegen und pflegen, wie einen Schatz. Damit hätte ich dann schon zwei davon ... wer will denn noch reicher werden