Guten Morgen Wolke!
ich hoffe du hast recht,wenn es mehr Schmerz auf dem Weg gibt,geht man ihn nicht nochmal zurück. Aber das könnte auch bedeuten ,und da habe ich Angst vor,habe ich einen Rückfall,gehe ich den schmerzhaften Weg zur Genesung nicht noch einmal.
Eine kleine Anekdote:
Als mein Patenkind so ca. 5 Jahre alt war, rief mich meine Schwester gegen Mitternacht an, ich müsse sofort zu ihnen kommen.
Mein Schwager war dienstlich unterwegs, sie musste mit dem Kind ins Krankenhaus und ich sollte auf meine jüngste Nichte in der Zeit aufpassen.
Mein Patenkind durfte in dieser Nacht bei meiner Schwester schlafen, kletterte einmal über sie drüber hinweg, verlor den Halt und knallte mit dem Kinn auf die Kante des Holzbettes.
Das Ergebnis war ein tiefer Cut direkt über der Kinnfalte.
Als ich ankam war die Kleine immer noch total geschockt - vom Schmerz und dem ganzen Blut, welches sich im Elternschlafzimmer mittlerweile verteilte.
Als dann der Krankenwagen eintraf, da wusste sie nicht, was mit ihr geschah und Angst machte sich in ihr breit.
Im Krankenhaus wurde ihr dann ein kleiner Holzsplitter entfernt und die Wunde genäht.
Doch leider war damit die Geschichte noch nicht am Ende.
Denn die Wunde schmerzte ihr auch nach Wochen noch.
Nach etlichen Arztgängen entschloss man sich die Wunde noch einmal zu öffnen und siehe da, ein weiterer Kawenzmann von Splitter wurde noch gefunden und entfernt.
Mit gewissen Gefühlslagen nicht umgehen zu können, ist in meinen Augen auch immer der Grund für eine Sucht.
Man kann hier mal den "Splitter" entfernen, doch man weiss nie, ob sich nicht noch Reste eines weiteren in der Wunde befindet, der uns denn doch wieder spielen lassen wird.
Doch mit jeder OP wird die Wunde mehr gesäubert und irgendwann sind alle Fremdkörper entfernt.
Was bleibt, das ist die Wunde. Sie hinterlässt nicht nur eine Narbe, sondern auch Ängste.
Ist es jetzt wirklich vorbei? Muss ich noch einmal unters Messer?
Dies überdeckt aber auch gerne die guten Aspekte.
Die Splitter, die raus sind, sind eben weg - sie machen keine Beschwerden mehr.
Es ist ja auch nicht so, dass der Arztgang nur mit Erinnerungen gespickt ist, wie der Arzt das Skalpell schwingt.
Da sind Menschen, denen wir begegnen.
Arzthelfer, die Ärzte selbst, versuchen Dir das Procedere einfühlsam zu erklären. Sie versuchen Dir die Angst zu nehmen dem Ganzen hilflos ausgeliefert zu sein.
Du wirst einbezogen in die gesammten Abläufe.
Im Wartezimmer sitzen aber auch noch andere Patienten. Der Eine hat sich ne Murmel in die Nase gesteckt, der nächste hat sich den Fuß verstaucht oder es sind sogar Bänder gerissen. Wieder der Nächste bekommt heute die Nähte gezogen.
Da sitzen Menschen, die am Beginn ihres Behandlungskonzeptes stehen, einige sind mittendrin, andere stehen kurz vor dem Abschluss und weitere, die zu regelmäßigen Nachsorgeuntersuchungen kommen.
Bei einem Rückfall, vor dem Du so sehr Angst hast, kennst Du bereits all die Örtlichkeiten, Du kennst die Arbeitsabläufe, Du kennst die Menschen, die Dich wieder auffangen können.
Es gibt kein täglich grüßendes Murmeltier.
Ich bin mir sicher, dass Du alles Dir Mögliche tun wirst, um einen Rückfall zu vermeiden.
Doch wenn er geschieht, dann geht das Leben trotzdem weiter.
Du hast Deinen Genesungsweg bereits ein gutes Stück beschritten.
Deine dabei gemachten Erfahrungen lassen sich nicht mehr einfach so wegdrücken.
Deine Erfahrungen - Dein Lernprozess - dies lässt sich nicht mehr rückgängig machen.
Deine Angst vor dem "Danach" ist also ein großes Stück unbegründet.
Zum Schluss möchte ich noch einmal auf die Worte "schmerzhafter Weg" zurück kommen.
Natürlich müssen wir uns mit unseren wunden Punkten beschäftigen und dies kann durchaus schmerzhaft sein.
Doch neben ihnen gibt es noch viele andere blinde Pflecke, derren Entdeckung alles andere als schmerzhaft ist.
Sie sind interessant - sie machen mir sogar Spaß - und sie machen den Großteil des sich selbst kennenlernens aus.
Und wenn dabei dann mal ein Splitter entfernt wird - was solls ...