Hi Somewhere!
Wie gehen wir mit einem Rückfall um?
Die erst Entscheidung hast Du bereits getroffen - Du möchtest weiter an Deiner Abstinenz arbeiten.
Das ist nicht selbstverständlich. Der ein oder andere stille Mitleser wird bestätigen können, dass wir uns auch entscheiden können, erst einmal im Glückspiel zu verweilen.
Das kann Tage dauern, Wochen, Monate oder auch Jahre.
Nun, Du hast Dich, wie ich finde, schnell entschieden. Du weisst, was Dir eigentlich wichtig ist.
Als Nächstes geht es nun daran, den Rückfall aufzuarbeiten, so lange die Erinnerungen daran noch frisch sind.
Ja, Du ärgerst Dich sicherlich über Dich. Das ist OK, darf aber nicht dazu führen, dass Du Dich dieser Erinnerungen verwehrst.
Viele unserer Mitstreiter schämen sich sogar so sehr darüber zu reden, bis sie erneut an ihrem individuellen Tiefpunkt ankommen.
Der muss aber gar nicht sein. denn die Scham ist unter uns nicht angebracht. Ich stelle sogar mal die Hypothese in den Raum: Wer sich schämt, dem fehlt Krankheitseinsicht.
Oh ... ich habe mich viel zu viele Jahre geschämt ...
Nun möchte ich zwei Zitate von Dir kombinieren:
Ja ich bin ehrlich: Ich vermisse es aktuell.
Und es ärgert mich einfach unglaublich, dass ich das wohl nie mehr machen kann.
Also dieses wirklich nur mal aus Spaß etc
Ich weiß, dass diese Gedanken nicht so toll sind.
Davor warnte mich auch meine Beraterin.
Es ist also durchaus "normal" dass wir uns ärgern ein wenig Selbstbestimmtheit aufzugeben, die wir in der Sucht meinen zu erkennen.
Es ist normal, dass wir uns beweisen möchten, dass wir sie noch haben.
Und es ist normal, dass wir Nostalgie empfinden, wenn wir an das Glückspiel zurück denken - uns an den anfänglichen Spaß erinnern und alles Andere so gut wie ausblenden.
Doch es ist auch vollkommen normal, dass da unsere Sucht aus uns spricht und nicht etwa der gesunde Part in uns.
Der würde uns nämlich sofort auf die Unlogik in diesen Gedanken hinweisen.
Verfüge ich denn nicht über Selbstbestimmtheit, wenn ich mich gegen das Spielen entscheide?
Wieso muss ich mir etwas beweisen, was schon längst bewiesen ist? Wir alle fangen einmal "klein" an mit dem Spielen. Da macht es noch so richtig Spaß.
Dann kommt aber eine Gewöhnungsphase, die uns den Spaß bereits versaut. Daher steigern wir nicht nur die Einsatzhöhe, sondern auch die in das Glückspiel investierte Zeit.
Dann beginnt die Problemzeit. Woher nehme ich das Geld? Nehme ich einen Kredit auf? Wie verheimliche, wo ich war oder wieso ich nicht mit auf Reisen gehen kann? Die Liste ist genau so individuell, wie lang.
Wir können nicht zurück an den Anfang. Der Wunsch jedes Spielers kann nicht erfüllt werden. Wenn überhaupt, geht dies nur eine Zeit lang gut, und dann wird exzessiver gezockt als vorher. Warum ist aber doch auch klar. In der Gewöhnungsphase verschieben wir fast unmerklich unsere Grenzen. Überschreiten hier eine und mal dort eine und ziehen den Schlagbaum wie eine Klette hinter uns her. So nach dem Motto: Et hät ja immer noch jood jejange ... (Es ist immer noch gut gegangen.)
Wenn wir uns entscheiden abstinent zu werden, dann braucht es Arbeit und Zeit diese Grenzeinrichtungen wieder an ihren alten Platz zu ziehen.
Klar können wir uns an die allererste Position stellen und behaupten zu wissen, was richtig und was falsch ist. Doch diese inneren Schranken, die uns aufhalten sollen, die sind immer noch außer Sichtweite.
Dann frage ich mich auch immer - und glaube mir, da habe ich schon die heftigsten Diskussionen geführt - wieso "muss" ich mir beweisen, dass ich kontrolliert spielen kann?
Ausgerechnet in diesem einen Thema? Gibt uns das "Leben" nicht so viele Alternativen, wo wir uns beweisen können ohne einer Sucht nachzulaufen?
Was passiert denn da mit uns, wenn ich "loslasse"? Geht da etwa die Welt unter? Ja, die Suchtwelt! Doch die Gesunde, die geht auf! Das ist doch genau unser Ziel der angestrebten Abstinenz.
Ich finde es gut, dass Du hier schreibst vom Rückfall! Ich finde es weiterhin gut, dass Du Deine Anstengungen - Deine Ziele - weiter verfolgen möchtest.
Bleibe am Ball und alles wird gut!
Auch ein Rückfall ist eine Erfahrung, aus der wir Lerninhalte schöpfen dürfen.