von TAL:
Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #91 am: 14 März 2019, 00:34:13 »
Hallo Peter,
Ich kenne niemanden (mehr), der spielt (außer Lotto). Zumindest nicht, daß ich wüßte. Das ist wohl ein großer Vorteil für mich. Ich wurde nur sehr selten damit konfrontiert oder auch nur daran erinnert. Kommt das Thema doch mal auf, habe ich einfach keine erkennbare Meinung. Das bleibt von meiner Seite rein sachlich, wenn überhaupt. Meistens sage ich gar nichts, was bei mir nicht weiter auffällt. Einmal fiel mir das allerdings echt schwer, als jemand es lustig fand, eines Abends nach ein paar Bier wilde Spekulationen über einen Bekannten in den Raum zu werfen (er hatte eine Reportage über OCs gesehen und meinte, das würde ja auf nesagte Person passen, er sei ja ein ziemlich schräger Vogel und ständig knapp bei Kasse, worauf auch von den anderen eine Reihe von abenteuerlichen Theorien über ihn geäußert wurde). Was für ein Schwachsinn. Und selbst wenn... was geht euch das überhaupt an? Naja. Jedem das Seine.
Taro's Beitrag ist übrigens meiner Erfahrung nach absolut zutreffend. Man sollte sich besser schon im Voraus darauf einstellen, daß es auch mal weniger rund läuft. Weitsicht ist ein entscheidender Faktor, wenn es darum geht, die Oberhand zu behalten. Der Zufall war noch nie mein Freund, das habe ich ja inzwischen zur Genüge erfahren dürfen. Euphorie und das 'Die-Schnauze-Vollhaben' halten leider nicht ewig, und das selektive Gedächtnis kann dann sehr heimtückisch sein. Die Sucht ist geduldig - ich bin es nicht.
Es war ziemlich schwer für mich, eine derartige Stimmung wieder zu kippen, die Zweifel zu verscheuchen, aus dem Loch, was ja eigentlich gar nicht da sein dürfte, wieder rauszukommen.
Spätestens an dem Punkt sollte einem klarwerden, daß das Ganze nicht von allein verschwindet - ich hab trotzdem immer die Scheuklappen vorgezogen.
Ja, wozu eigentlich aufhören...? Zumindest dieses Ziel habe ich ja bisher irgendwie umgesetzt bekommen. Ich muß nicht mehr in einem Luftschloß leben. Keine Zeit und Energie mehr aufwenden, mich und andere zu betrügen. Nicht mehr Jonglieren, muß mich nicht mehr ständig fühlen wie ein Häufchen Elend (Gottchen, wo sind die Taschentücher? -.-). Ich habe den Kopf weitestgehend frei. Das an sich ist es schon allemal wert.
Das Seltsame ist aber... ich hatte (und habe) gar keine wirklichen Ziele. Wie das 'Besser' für mich eigentlich längerfristig aussehen sollte - keine Ahnung. Habe mir keine Gedanken darüber gemacht, noch nie. Mir fehlt nämlich jeglicher persönlicher Ehrgeiz, und das total, schon immer, nicht nur bezogen auf die Abstinenz und die 'Zeit danach'. Ich habe einfach überhaupt keine Ambitionen.
Solange ich klarkomme, und man mich in Ruhe läßt, bin ich zufrieden (nicht zu verwechseln mit 'selbstzufrieden').
Der Klassiker. "Wo sehen Sie sich in fünf / zehn / wasauchimmer Jahren?"
Ich weiß es nicht. Darüber denke ich einfach nicht nach. Ich habe schon immer nur für das Hier und Jetzt gelebt. Ist einfacher. Man wird auch nicht enttäuscht, weder von anderen, und noch weniger von sich selbst. Was, wenn ich etwas nicht schaffe? Kleinere Dimensionen sind weniger einschüchternd und abschreckend, und das war in gewisser Weise schon immer so. Langfristige Planung war selten von Erfolg gekrönt. Klappt eh nie.
Im normalen Leben sind mir Dinge wie Zielstrebigkeit, Entschlossenheit oder Verbissenheit also eigentlich eher fremd. 'Etwas zu erreichen' war mir noch nie wichtig. Auch fehlt mir die kleine Portion gesunder Egoismus. Das ist an sich schon irgendwie ein Widerspruch. Was wollte ich dann überhaupt?
Ich habe nur Abitur gemacht, weil ich keinen Bock hatte, zu arbeiten. Arbeit war immer schon nur Mittel zum Zweck. Heute habe ich den langweiligsten Bürojob auf dem ganzen Planeten, trotzdem ist das mehr als okay für mich. Meine Kollegen sind in Ordnung. Das ist gut. Schichtarbeit war nerviger, besonders bei mehr als einem Job war das oft anstrengend, alles abzustimmen. Könnte ich mehr erreichen? Keine Ahnung, aber wohl eher nicht. Außerdem wäre das vielleicht mit Verantwortung verbunden. Das kann und will ich ja gar nicht.
Anfangs dachte ich, je mehr ich zu tun habe, desto besser, da kommt man dann nicht auf dumme Gedanken... und es gab da ja noch das finanzielle Desaster zu wuppen. Das habe ich dann aber auch darüberhinaus noch länger so beibehalten. Never change a running system... ich hasse Veränderung und Umgewöhnung. Die dann schlußendlich dazugewonnene Freizeit war mir anfangs doch deutlich zuviel. Ich gewöhn mich immernoch nur langsam dran. Was nun? Wie geht das?
Ich habe Jobs gehabt, die würde kaum ein anderer machen... und das schon vor Einführung des Mindestlohns. Das war eben so für mich, ich habe nie etwas anderes erwartet oder angestrebt.
Das geht mir aber nicht nur im Berufsleben so. Viel wichtiger ist ja das Private. Da ist es genauso, auch da brauch ich keine Aufmerksamkeit. Mir egal, wer recht hat, ich bin's sowieso nicht. Familie? Kinder? Ein Haus? Lieber nicht. Was soll ich dann machen, wenn ich's doch nicht packe? Ich bin nicht zuverlässig, kann gar nicht für andere 'da sein', oder einer Verantwortung nachkommen.
Das klingt aber negativer, als es ist. Dort sehe ich meine persönliche Komfortzone, die 'Grenze des für mich Machbaren', das sind daher bewußte Entscheidungen. Ich weiß mein heutiges Leben trotzdem sehr zu schätzen, ich brauche keine großen Ziele für mich. Ich kann tun, was ich möchte, und habe jemanden an meiner Seite, der mich mag, wie ich bin. Das allein erfordert sicherlich ein ordentliches Maß an Toleranz.
Sorgen habe ich keine. Ich bin eigentlich immer zufrieden und ausgeglichen, war mir so sicher, zu mir selbst gefunden zu haben. Meistens ist das ja auch so. Meistens. Solange ich nicht zuviel auf mich selbst schaue und mich dadurch selbst verunsichere.
Ich will gar keine Perfektion, ich möchte nur Durchschnitt. Eigentlich ist das doch ein eher niedriggestecktes Ziel. Für mich scheint das aber manchmal unsagbar anstrengend... und einfach unerreichbar.
Gute Nacht allerseits.