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Erster Schritt in die SHG

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Wolke

Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #150 am: 30 Oktober 2019, 01:55:03 »
Guten Morgen zusammen,

Freunde oder Freundschaften in der SHG zu haben ist für mich unmöglich. Es wollten sich immer welche mit mir nach oder vor der Gruppe treffen,um weiter über unsere Spielsucht zu sprechen. Sie hätten noch Fragen  an mich......da habe ich immer nur geantwortet,stellt eure Fragen in der Gruppe,dann können die anderen vielleicht auch davon profitieren .

Es ist für mich deswegen unmöglich,weil ich eine “ Freundschaft“ zu einem Spieler hatte. Und so was ist fatal. Man hilft sich Gegenseitig mit Geld aus....gewinnt der eine,gibt er dem Verlierer Geld, verlieren  beide,zieht man sich noch mehr runter,gewinnen beide,pusht man sich mehr hoch. Ich kam so gefühlsmäßig überhaupt nicht mehr runter. Die innere Anspannung und Unruhe war noch viel größer,ich war fast 24 h wach.

Es ist schon hart genug,alleine mit seinen Gefühlen klar zu kommen: Wut,Frust,Ärger,Geldsorgen,Lügen,Alkohol,Stress,Schlaflosigkeit,Herzrasen,Unruhe,Hoffnungslosigkeit,Traurigkeit,.........

Ein Spieler versteht einen Spieler,aber ein Spieler verführt einen Spieler manchmal auch zum Spielen. Und ich möchte nicht zum Spielball werden,ich möchte nie wieder spielen!!!
Dieses ehemalige positive Gefühl des Spielens,diese wunderbare Ablenkung von anderen ,schrecklichen unangenehmen Gefühlen meldet sich immer wieder bei mir. Unangemeldet,aus dem Nichts heraus,aber meine Tür bleibt verschlossen. Auch wenn man durch den Türspion guckt,manchmal Sehnsucht empfindet,muss diese Tür für immer geschlossen bleiben,damit sich alle anderen Türen wieder öffnen.   

Ich gehe zur SHG ,fühle mich da wohl,ziehe das positive für mich da raus,lerne,gebe Hilfe,Tipps und unterstützte die Neuen,aber ich habe keine “privaten Kontakte“. Ich möchte da keinen Spieler im Notfall anrufen,ich habe mein eigenes Auffangnetz,meinen persönlichen Notfallplan und dieser funktioniert.

Ich wünsche euch allen eine gute Nacht.

Liebe Grüße

Wolke






 




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Offline taro

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Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #151 am: 30 Oktober 2019, 13:17:47 »
Ich hatte als Hamburger 1989 natürlich unverschämtes Glück.  Es gab jeden Tag ein Meeting in Hamburg. Es gab mindestens 10 Gruppen und das beste 3 Angehörigengruppen die gleichzeitig in Nachbarräumen statt fanden. Die einzige Bedingung für die Teilnahme bei GA ist der aufrichtige Wunsch mit dem Spielen aufzuhören.  Andere GA Freunde zum Spielen zu triggern ist mir nie in den Sinn gekommen.
Neben den Stundenlangen Gesprächen im Auto nach dem Meeting mit Freunden die im gleichen alter um die neu gehörten Sichtweisen waren da genauso wichtig wie die Gespräche mit meinem GA Sponsor, mit dem ich gemeinsam in die Tiefsten tiefen meiner Seele gestiegen bin, weil ich in seinem Beisein keine Angst davor hatte.
Die Sponsorschaft ist bei der GA Gemeinschaft etwas in Vergessenheit geraten, sicher aber ein Schlüssel um wieder klar zu werden.
GA Aktivitäten wurden in Hamburg oft Gruppenübergreifend und oft auch mit den Angehörigengruppen unternommen. Das war für mich "einsamen Wolf" ein ganz neues erleben von Gemeinschaft. Ich hatte mich zwar entschlossen die ersten 2 Jahre keine neue Beziehung und auch keinen Sex zu haben, die Angehörigen sprechen mich aber so an, das ich das Zusammensein mit Ihnen mehr als angenehm empfand.
Meine heute noch beste Freundin war bei einem ersten Meeting dabei. Ich war sofort hin und weg. Ich bin sehr froh, das wir es all die Jahre hinbekamen den Sex auszuklammern, weil sie mir einfach durch Ihr sein sehr Gehilfen hat von meinem schrägen Frauenbild wegzukommen.
Die Unternehmungen mit einzelnen Freunden treiben mir noch heute ein Lächeln ins Gesicht. Oft erzähle ich meinen Kindern wie wir das Leben "probiert" haben. Sie können es oft nicht glauben und bekommen einen Lachflash.
Ich habe es oft gesagt. Ich habe viel mehr als die Spielfreiheit bekommen. Ich habe ein neues Leben bekommen. Wobei das eine das andere bedingt.

Was ich oft schade finde, heute ist die Suchthilfe so zersplittert, das das von mir geschilderte heute kaum noch möglich ist.

Die Massnahmen für meine Spielfreiheit konnte ich in den Meetings und in den Gesprächen mit Freunden und meinen Sponsor erarbeiten.  Das was in den Foren pauschal angeboten wird würden von den meisten Mama und Papa oder Dr. Sommer von der Bravo auch empfehlen. Wenn das funktionieren würde bräuchte es keine Selbsthilfe.

Taro

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Offline TAL

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Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #152 am: 04 November 2019, 02:20:59 »
Guten Abend,

eine neue Woche... ich hasse Montage. Ich kann immer nicht einschlafen (noch schlechter als sonst), weil ich am Wochenende ausschlafen konnte.

Ally Pally? Ist das nicht da, wo ein Haufen rammdösiger Schnapsleichen auf Bierbänken sitzen und "Ooooone Huuuuuundred aaaaand Eightyyyyyy" gröhlen, währen ein paar Typen in fantasievoll gestalteten, übergroßen neonfarbenen Synthetikshirts hochkonzentriert eine runde Scheibe mit bunten Pfeilen bewerfen?
Hab ich mal im Fernsehen gesehen, im Winterurlaub. Zum Glück hatten wir ein eigenes Apartment. Das war somit weit besser als das RTL-Abendprogramm mit der Schwiegerfamilie.
Da dort irgendwie die Party im Zuschauerraum entscheidender zu sein scheint, habe ich eine Weile gebraucht, zu verstehen, daß es für diese oktoberfestartigen Zustände einen Anlaß gab... das auf der Bühne war tatsächlich die Darts-WM.
Hab's dann jeden Abend geguckt. War irgendwie witzig. Und eine gute Ausrede, zu gehen.

Billard hab ich zuletzt im Sommer gespielt. Bei einer Firmenfeier in einem großen Laden, in dem ich davor zuletzt vor fast 20 Jahren war. Ich habe in meiner Jugend nicht weit von dort gewohnt. Sah aber immernoch genauso aus, selbst der Barkeeper war derselbe. Die meiste Zeit saß ich draußen auf der Terasse. Es war gar nicht so schlimm mit all den Leuten, auch wenn der Alkohol wohl seinen Teil zur Entspannung beigetragen hatte. Manche Dinge verlernt man aber nicht, hab ich festfestellt. Ich hab tatsächlich einmal mitgespielt. Man hat es mir vorher ja auch zur Genüge erklärt.

Ich bin allerdings kein zweites Mal pinkeln gegangen. Standen die Dinger immer schon hier?
Gesellschaft hilft offensichtlich, denn erst beim Rausgehen habe ich bemerkt, daß der junge Mann mit der Hipsterfrisur immernoch in einer typischen Haltung vor einem der Automaten neben den Toiletten saß. Aua, das gibt Rückenschmerzen.




Gefühlsregulation (komisches Wort, klingt irgendwie sehr wissenschaftlich)... Freundschaft... Demut... Offenheit... Achtsamkeit...

Kurz: 'Das Leben danach'...

Aber dafür muß man sich wohl erstmal bewußt sein, daß alles davor kein Leben war. Wenn ich mir tatsächlich einmal erlaube, darüber nachzudenken, wie gerade jetzt, in diesem Moment, weiß ich das sehr zu schätzen. Das ist in gewisser Weise schon ein Fortschritt, denn es war immer ein Tabuthema, auch, oder gerade, allein in meinem kleinen Kämmerlein. Wenn ich einfach lange genug die Augen schließe, verschwindet es schon von selbst.

Suchtverlagerung? Das hört man öfter. Aber nein, das würde ich nicht so sagen. Das Einzige, was ich exzessiv betrieben habe, war, dafür zu sorgen, daß ich mich nicht zu sehr mit mir beschäftigen muß, nicht zuviel mit mir allein zu sein. Da kommen nur die dummen Gedanken und Zweifel. Drei Jobs, und anschließend halbtot ins Bett fallen - das tilgte die Schulden, ließ mich jeden Tag auf's Neue meine unsagbare Dämlichkeit spüren, weil ich gefühlt keinen Mehrwert davon hatte, und hielt mich beschäftigt. Im Nachhinein betrachtet hätte man das vielleicht besser lösen können, aber davon hatte ich keine Ahnung, und mir helfen zu lassen war eh nicht so meins. Wobei auch? Ist doch alles gut...

Auch ich habe erstmal eine lange Beziehungspause gehabt, wenn auch nicht als bewußte Entscheidung. Sex gab es da dann auch nicht, wobei auch das kein fester Vorsatz war, sondern einfach der Tatsache geschuldet, daß ich genug mit mir selbst zu tun hatte. Wenn ich ehrlich bin, war es in dem Punkt auch vorher schon nicht anders... aus denselben Gründen.
Bevor ich aufgehört hatte, führte ich eine Zweckbeziehung, ich hatte kein Interesse an Nähe oder Intimität. Das war mir schlichtweg zu anstrengend.
Danach war es meine Angst vor Neuem, meine Unfähigkeit in zwischenmenschlichen Beziehungen.
Ich mußte erstmal Krabbeln lernen, bevor ich einen Marathon laufe.
Davon mal abgesehen, wer würde das schon wollen?
Von mir sollte man sich sowieso besser fernhalten.

Ich lebte also weiterhin eher für mich allein, und habe auch heute nicht viele Freunde, meine heutigen Kontakte stammen sonst fast ausnahmslos alle aus der Zeit danach, von meiner besseren Hälfte. Von meinen früheren Freundschaften hat nur eine einzige meine aktive Zeit (und die Zeit davor) überstanden - und das habe ich sicher nicht mir selbst zu verdanken. Da war jemand war sehr hartnäckig, hat sogar meine neue Nummer rausgefunden, nachdem einmal meine Simkarte kaputtging. Von meiner Seite aus war jahrelang Funkstille, und es hat noch eine ganze Weile gedauert, bis ich mich endlich getraut habe, auf die nach wie vor immer mal wiederkommenden Nachrichten zu antworten. Ja. Ich lebe noch. Es geht mir gut. Letztes Jahr war ich auf der Hochzeit... die Geburt des Sohnes vor sechs Jahren habe ich nichtmal mitbekommen... wie so vieles, was im Nebel verschwunden ist, der auch danach noch lange brauchte, sich zu lichten. Ich hielt nach wie vor den Kopf unten, hatte zuviel Angst vor der Welt da draußen. Sie war schön, aber oft überwältigend - ich verstand sie einfach nicht, also blieb ich in meiner Komfortzone. Ab und an mal den Kopf rausstrecken, das mußte reichen. Es waren bei mir sehr kleine Schritte, leider nur allzu oft auch mal rückwärts.

Ich war in letzter Zeit schon ein paarmal kurz davor, es zu tun... die Erklärung zu liefern, die ich meiner Meinung nach nur zwei Menschen in meinem Leben tatsächlich 'schulde'... diese Person ist einer davon.
Die zwei Menschen, die es geschafft haben, mich noch zu mögen, als ich es selbst schon sehr lange nicht mehr konnte.

Aber getan habe ich es nie. Was würde es ändern? Würde es überhaupt jemand verstehen? Klingt es nicht nach Ausrede... oder gar Unsinn? "Ich habe sehr viel Geld verspielt, und konnte es dennoch nicht lassen."... das klingt nach einer Dummheit aus der Jugend. Ich bin mir auch gar nicht sicher, ob ich das wirklich erklären möchte. Ich bin vielleicht komisch, aber doch nicht bekloppt. Aber genauso würde es klingen. Meine absolut grottigen Kommunikationsfähigkeiten würden ihr Übriges beitragen. Manchmal gebe ich auch bei alltäglichen Gesprächen tatsächlich mitten im Satz auf, wenn ich merke, daß ich etwas nicht richtig 'rüberbekomme'. Es ist eben, wie es ist.
Ich hätte Angst, andere zu überfordern, ich verstehe es ja selbst nicht.
Mich zu 'öffnen' würde außerdem die Dynamik verschieben. Ich müßte neu anfangen... in gewisser Weise.
Anfangs hätte es mir vieles erleichtert... heute wäre es in vielen Bereichen 'politischer Selbstmord'... zumindest sage ich mir das gerne.

Aber wenn ich ganz ehrlich bin, dann wünsche ich mir trotzdem manchmal, ich hätte jemanden, der es versteht. Nicht im Sinne von Zuspruch, Bestätigung, Hilfe, 'Anteilnahme' oder Mitleid; sondern jemand, der nicht glaubt, immer wieder die falschen Fragen stellen zu müssen, um rauszufinden, wie er mir gerade 'helfen' kann, wenn ich wohl anscheinend irgendwie seltsam bin... oder nicht auf Biegen und Brechen weiter über irgendetwas Bestimmtes reden will. Meine bessere Hälfte ist so. Schon ein Gespräch mit mir selbst ist schwierig, und manchmal gibt es eben einfach keine Erklärung, zumindest nicht innerhalb meines Horizonts. Ich kann ganz einfach keine geben, auch wenn man mich 20mal fragt.
Und es ist auch ganz gewiß nicht die Aufgabe anderer, sie für mich zu finden.

Es war und ist ein steiniger Weg, und fühlte sich prinzipiell erstmal nicht viel anders an als vorher. Es war immernoch knapp, aber meine Miete und laufenden Kosten waren wenigstens bezahlt, kein Jonglieren und Bangen mehr. Trotzdem kam nach der anfänglichen Euphorie irgendwann der Punkt, an dem ich mich fragte "Was habe ich nun davon?"
Das war das größte Problem. Mit der Zeit gingen die Tilgungsraten runter, aber es gab trotzdem immer mal wieder Tage, an denen sich das Gefühl von Freiheit nicht so recht einstellen wollte. Stattdessen klopfte das kleine Teufelchen sachte an der Hintertür.

Ich habe auch weiterhin die Fassade aufrechterhalten, mein Lügengerüst stand zum größten Teil sogar noch, auch wenn das Projekt aufgegeben und die Baumaßnahmen eingestellt worden waren... es könnte jederzeit weitergehen. Das ist auch immernoch der Fall. Ich denke nicht sehr oft daran zurück, und Suchtdruck hatte ich zum Glück schon sehr lange nicht mehr, dafür bin ich wirklich unendlich dankbar. Da ist nur manchmal, situationsbedingt und trotzdem unerwartet, ein nostalgisches Bauchgefühl, kurz darauf gefolgt von einem tief beschämenden Gefühl des Erwischtwordenseins. Wie ein Kind mit der Hand im Bonbonglas.
Ist das Schwäche oder Schwachsinn?
Kann man das überhaupt vermeiden?
"Darf" ich das denken?
Manchmal habe ich da Angst vor mir selbst, obwohl der Impuls, auch entsprechend zu handeln, zum Glück nicht mehr folgt, hat mein Hirn eigentlich automatisch immer einen 'Plan B' - auch etwas, was ich nicht abstellen kann.

Mich hat schon die Offenheit in der Anonymität des Internets kalt erwischt... das konnte doch nicht sein, ich kenne das. Vielleicht bin ich gar nicht so seltsam? Es hat mir den Kopf geradegerückt, als das dringend nötig war. Ich habe angefangen, mir Gedanken zu machen, mir zu erlauben, sie zu haben, ohne mich dabei zu hassen.
Sich einfach alles von der Seele zu schreiben, tut unendlich gut. Es wird oft sehr viel mehr, als ich wollte. Manche Sachen kann ich zumindest andeuten (auch das ist ein Fortschritt), solange ich anonym bin, andere wiederum könnte ich nie auch nur schreiben... nichtmal unter einem Pseudonym.

Ja, damit wäre man wieder am Anfang. Die befremdlichen Worte... Gefühle und Demut. Niemand anders macht sich solche Gedanken. Sie sind sauer... oder fröhlich... oder verärgert... und lassen es raus. In dem Moment ist es eben so. Allein durch das eigene Empfinden ist es eben gerechtfertigt.
Für mich sind Emotionen manchmal Diplomatie, anstrengend und verwirrend... endlose festgefahrene Standpunkte, die keinen Sinn ergeben. Und dann die Suche nach einer Lösung, die keiner kennt. Es ist ein innerer Tumult, ich versuche zu schlichten, zu erkennen, was richtig ist, weiß aber nicht, wie.
Das zu entdecken klingt nicht sonderlich erstrebenswert. Vielleicht möchte ich das gar nicht wissen.
Dieses Chaos kann einen dann schonmal wachhalten... stundenlang.

Schlaft trotzdem gut. Ich versuch's jetzt auch nochmal.

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Offline taro

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Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #153 am: 09 November 2019, 17:55:59 »
Moin moin,

Viel Klarheit habe ich in der SHG gefunden. Stundenlang wach liege ich nur noch, wenn es Sorgen bei meinen Kindern gibt. Da muss ich nämlich plötzlich auch diplomatisch vorgehen um für Sie das beste Ergebnis zu erreichen. Für mich in meinem Leben brauche ich das ansonsten nicht mehr. Ich bin mit mir klar, ich sage dem Gegenüber wie es ist und der macht damit was er will, ist mir letztlich egal. Wenn ich doch mal am abwägen bin, spreche ich da einmal in der SHG drüber, dann bin hchs mir meist sicher. Wichtig ist ja nicht, daß mein Umfeld das richtige tut, sondern das ich das richtige mache, alles andere findet sich.

Am Dienstag sehe ich die Talkshow mit Wim Hof als Gast und wie ein zufällig ausgewählter in eine Wanne voller Eiswürfel steigt, nachdem er zwei Minuten ihm eine Atemtechnik erklärt hat.
Wim Hof wird auch der Iceman genannt, weil er unter anderem bei - 20 Grad einen Halbmarathon Barfuss in Siebierien gelaufen ist. Er hat kurz angerissen worauf seine Methode beruht. Der Bericht hat mich total geflashed. Sei dem habe ich Videos geguckt  und Bücher gelesen was das Netz hergibt. Ich habe die Atemtechnik probiert, mache Sie täglich und Dusche nur noch kalt. Meine Frau sagt, ich sei manisch.
Was mich so angesprochen hat, war die Aussage, daß sein Körper jedesmal einen Schock bekommt, wenn er ins Eis geht, diese Schock aber gerade der Schlüssel für den Zugang zum autonomen Nervensystem ist.
Ich habe ja immer gesagt, ich habe bei meinem persönlichen Tiefpunkt mit dem spielen aufgehört. Tatsächlich erkannte ich das ich mein Leben verspielt hatte, der nächste Schritt der Selbstmord wäre. Ich war geschockt, daß trifft es viel besser. Ich hatte mich so in die enge gespielt, das es kein vor und zurück mehr gab.
Ich lese mit schmunzeln hier die Ausführungen zum cb. Die bösen Bänken, führen die doch tatsächlich die Überweisungen aus um die die Kunden gebeten haben, wo kommen wir den da hin. Kein Wort dazu, das sie selbst die Hauptverantwortlichen sind, das kommt noch nicht mal in den Sinn. Das ist genau das, was mich direkt in die Sackgasse geführt und dem Selbstmord sehr nahe gebracht hat. Bleibt nur zu hoffen das das treiben bald ein Ende hat.

Taro

Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #154 am: 09 November 2019, 23:16:57 »
Hallo Taro,

Erstaunlich, wie unreflektiert, oder vielleicht besser: unabgewogen, Deine Äußerungen rüberkommen, zumindest bei mir. Aber dieser Eindruck ist sicherlich ausschließlich mein Problem, da ich in der Aufarbeitung und dem Eingeständnis meiner Spielsucht und der daraus zu folgenden Kapitulation noch nicht so weit bin wie Du. /Ironie aus

Der “Ice man”, dessen Story und Technik Dich so gepackt hat. Mir fällt da der Aspekt des Extremen auf, und wie sehr Du offenbar darauf abfährst. Das ist keine Kritik, nur eine Beobachtung (ich bin ähnlich gestrickt, daher erkenne ich sowas schnell). Dasselbe mit der sog. Diplomatie: Abwägen nur noch bei Situationen mit den Kindern, bei allem Anderen ist es egal? Klingt erfrischend radikal, aber ist das wirklich praktikabel in unserer Lebenswelt, wo alles mit allem irgendwie zusammenhängt? Es ist natürlich Deine Entscheidung, und solange Du damit zufrieden und mit Dir im Reinen bist, wunderbar. Ich weiß, das mit den Kids ist nur ein Beispiel – ich habe keine und bin sehr froh darüber.

Zum Schluss Dein massiver Seitenhieb zum Chargeback: Es gibt hier sicherlich User, die keine Eigenverantwortung artikulieren - ob sie auch keine empfinden, wissen wir beide nicht, da wir nur das sehen, was im Forum geschrieben wird.

CB bietet sich sicherlich an, um Eigenverantwortung und das Eingestehen der Sucht zu deflektieren. Fakt ist aber auch, dass Banken und Finanzdienstleister das Ausleben der Sucht mit ermöglicht haben, von der unumstrittenen Illegalität der Angebote mal ganz abgesehen. Wenn es in Deutschland keine Möglichkeit gäbe, online irgendwo für irgendwas einzuzahlen (was mit Geoblocking etc. relativ einfach umzusetzen wäre, andere Länder handhaben das schon lange so, z.B. die USA), wieviele Menschen würden dann stattdessen in die Spielhalle oder ins reale Casino gehen? Ganz bestimmt nicht 100% derer, die z.B. an den Slots am Laptop oder Handy hängen.

Daher finde ich es absolut legitim, als Betroffene(r) gegen diese Brandbeschleuniger (Banken und andere Finanzdienstleister) und illegalen Anbieter (Casinos) vorgehen zu wollen und finde Deine herablassende Kritik daran sowohl unangemessen als auch unnötig (ab)wertend gegen die, die diesen Weg gehen.

Und bevor ich jetzt von Dir die Breitseite kriege: Ich bin seit 12 Jahren spielsüchtig, seit 2 Monaten spielfrei und in Beratung mit Plan einer ambulanten Therapie, und meine (finanzielle) Zukunft ist extrem gefährdet. Dennoch (oder gerade deshalb) werde ich rechtliche Schritte einleiten. Diesen Schritt tun zu wollen disqualifiziert m.M.n. nicht vom Eingeständnis des Suchtproblems und dem Wunsch, hierzu etwas zu verstehen und verändern zu wollen.

Aber wahrscheinlich habe ich einfach noch keine "richtige" Erleuchtung gehabt. Und jetzt Feuer frei für die Breitseite!
« Letzte Änderung: 09 November 2019, 23:41:15 von asparagus »

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Offline TAL

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Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #155 am: 13 November 2019, 02:35:07 »
Guten Abend,

Kalt duschen habe ich auch mal eine Weile versucht, weil es angeblich wach macht und den Kreislauf anregt. Ich hatte da aber irgendwie immer das Gefühl, nicht wirklich sauber zu werden. Das hab ich dann verworfen. Außerdem kommt es komisch, wenn man morgens im Bad erstmal einen unterdrückten Schrei von sich gibt.

Ich kann mich auch recht gut in Dinge reinsteigern, und versuche daher, es zu vermeiden. In vielen Bereichen habe ich über die Zeit verinnerlichte, teilweise ziemlich schräge Routinen, die eigentlich gar keiner mitbekommt, bei denen es mir aber schwerfällt, damit zu brechen. Vielleicht ist es eine Art Komfort... keine Ahnung.
Auch für mich war das Gefühl, einfach keine Optionen mehr zu haben, im Nachhinein betrachtet eine notwendige Voraussetzung. Es gab nur noch eine Möglichkeit, und dabei konnte mir nichts und niemand helfen. Wäre ich nicht gezwungen gewesen, danach zu suchen, wäre sie mir nichtmal in den Sinn gekommen. Sie gefiel mir nicht, ganz und gar nicht. Hätte ich noch irgendeine 'Alternative' gehabt... nun ja, ich hätte wohl den einfacheren Weg genommen: Bloß nicht daran denken zu müssen.
Ob das tatsächlich immer so sein muß, weiß ich nicht. Gewisse Denkmuster sind jedoch nicht förderlich gewesen. Vielleicht ganz gut, daß niemand mehr da war, der mir überhaupt zugehört hätte, geschweige denn, den ich noch hätte beschuldigen können.

Das Richtige ist immer schwierig. Manchmal hapert's auch einfach am Verständnis. Ich bin nicht gut darin, Dinge richtig zu 'interpretieren'.

Letzten Donnerstag bin ich nach der Arbeit zum Arzt, eine Krankmeldung für meine bessere Hälfte abholen. Ich betrat das Gebäude im Erdgeschoß, und ging in Richtung Treppe. Da öffnete sich die Fahrstuhltür, und ein älteres Ehepaar kam heraus. Ich stieg ein, da er ja nunmal grad da war...
Ich drückte auf 1, aber der Fahrstuhl fuhr erstmal in den Keller, zur Tiefgarage.
Dort öffnete sich die Tür, ein Mann im dunkelblauen Anzug stieg ein. Ich wollte erst wieder aussteigen und zu Fuß gehen, aber er stand nun im Weg, also blieb ich und starrte die Tür an. Er sah auf die Tafel, sah mich an, und sagte: "Ach du Scheiße. Und das in so jungen Jahren."
Ich zuckte nur die Schultern und grinste blöd. Das Was zum Geier sollte das heißen?
Im ersten Stock stiegen wir beide aus. Er schüttelte den Kopf, und nahm die Treppe in den zweiten Stock. Dort oben saß eine Anwaltskanzlei, das Schild draußen am Eingang des Gebäudes war nicht zu übersehen.
Ich stand auf dem Flur, und war völlig perplex. Dann kam mir der Gedanke "Mhh... was dachte er, wo ich hinwill?"
Ich sah die beiden anderen Türen auf dem Gang. Eine psychiatrische Ambulanz und eine Schuldnerberatung. Das war mir vorher nie aufgefallen.
Nein. So war das doch gar nicht! Ich fühlte mich irgendwie 'ertappt', defensiv und klein, es schrie in mir "He... Moment! Ich wollte doch nur zum Arzt, und das nichtmal für mich selbst!"
Er war schon weg, aber es war zu spät. Ich spürte eine Spannung in den Schultern, war innerlich aufgewühlt, und fühlte mich irgendwie, als müsse ich mich rechtfertigen. Nicht, daß ich das laut tun würde, und nicht, daß ich irgendwas gesagt hätte, wenn er noch dagewesen wäre, aber ich dachte wirklich "He. Ich hab doch gar nichts getan. Wirklich nicht!"
Ich mußte noch fünf Minuten warten, bis die Praxis nach der Mittagspause wieder öffnete. Die ganze Zeit, und danach auf dem Weg nach Hause, habe ich mir Gedanken darüber gemacht. Mir ging es doch gut, ist alles wieder in Ordnung! Ich sagte mir "Er kennt mich doch gar nicht, und das war nur Zufall. Er erinnert sich genausowenig an dein Gesicht, wie du dich an seins. Es war nur so dahergesagt."
Ich schüttelte den Kopf. Das war verletzend, aber nicht bedacht oder persönlich.
Ach nein? Wirklich nicht?
Was wäre denn, wenn es mir jetzt so gehen würde wie damals? Ich kenne mich... sein Kommentar hätte dafür gesorgt, daß ich aus Scham nicht durch die Tür gegangen wäre, sondern wieder die Treppe runter und raus ins Freie... nachdem ich erneut den ganzen Tag gekämpft gehabt hätte, überhaupt hinzugehen... bis ich dann beim x-ten Versuch endlich dort ins Gebäude gegangen wäre.
Was also, wenn das im Fahrstuhl nicht ich gewesen wäre, sondern jemand anders?
Das machte mich plötzlich wütend.

Zu Hause angekommen, stand ich im Wohnzimmer. Manchmal braucht es da etwas energische Maßnahmen, sowas zu beenden. Also schüttelte ich den Kopf, um diese Gedanken abzuwimmeln, die sich irgendwie wieder festgefahren hatten.
"Was ist los?"
Anscheinend war ich mal wieder so vertieft, daß ich irgendwas Gesagtes verpaßt hatte. Normalerweise hätte ich nichts geantwortet außer sowas wie "Alles gut, bin halt ab und an etwas abgeschaltet."
Aber ich dachte mir plötzlich, vielleicht versuche ich das mal. Warum nicht? Vielleicht übersehe ich ja was.
Ich erzählte, was passiert war, aber nicht, was ich dabei dachte (nur, daß es mich verwirrt hatte).
Die Reaktion war ein Schmunzeln.
"Der Fahrstuhl."
"Was?"
"Du bist nur ein Stockwerk mit dem Fahrstuhl gefahren, die meisten nehmen da die Treppen, wenn sie nicht körperlich eingeschränkt sind."
"Mhhh.... meinst du, daß er das gemeint hat?"
"Ja. Ganz sicher. Ein Gesundheistfanatiker. Mehr war das nicht."
"Stimmt. Mach ich normal auch. Aber der war grad da. Verdammt, du hast Recht. Der Fahrstuhl. Das war ja einfach. Und ich dachte die ganze Zeit 'Was will er mir bloß mitteilen?'"
"Nichts, nur daß du etwas faul bist."
"Offensichtlich. Danke. Ich nehme beim nächsten Mal wieder die Treppe."
"Wegen dem Spinner? Das kann dir doch egal sein. Laß ihn doch reden."
Wenn das mal so einfach wäre.

Ich denke wohl oft zu kompliziert. Ich nehme Sachen persönlich, die es gar nicht sind... und Dinge, die wirklich persönlich sind, ignoriere ich zu gern... aus Bequemlichkeit, einem Bedürfnis nach Ruhe... und weil ich ja nunmal wirklich nicht der glänzendste Zeitgenosse bin. Man kann mir so einiges an den Kopf werfen, eigentlich tangiert mich sowas wenig. Aber offenbar habe ich irgendwo einen wunden Punkt, den ich nichtmal definieren kann. Das macht keinen Sinn.
Manchmal bin ich ganz furchtbar auf dem Holzweg, und da braucht es dann schon einen anderen Blickwinkel, einen neutralen Beobachter, um den Knoten zu lösen. Dummerweise steht die Angst, nicht verstanden zu werden, oder genauergesagt, mein Unwille, mich weiter zu erklären, wenn ich etwas nicht auf Anhieb rüberbringe (also eigentlich fast immer) mir dabei oft im Weg. Es ist mir unangenehm, ich komme mir dumm vor, und lasse es einfach. Hätte ich nichts gesagt, hätte mich das aber den ganzen Tag beschäftigt. Ich wäre weiter aufgewühlt und eingeschüchtert gewesen, bloß weil es ein mir völlig Unbekannter letztlich einfach nur für unsinnig hielt, daß ich ein Stockwerk mit dem Fahrstuhl gefahren bin.

Das raff mal einer.



@asparagus:
Natürlich hast du im Grunde recht... ohne Zahlungsdienstleister wären OCs deutlich unattraktiver. Sie wissen um ihre Rolle als Vermittler, und verdienen wissentlich und gezielt daran (Banken lasse ich da mal bewußt außen vor, das ist meiner Meinung nach eine andere Nummer, denn sie führen tatsächlich nur aus, wozu sie angewiesen wurden).
Ohne Nachfrage gäbe es aber kein Angebot, und schon gar kein illegales.
Es zwingt mich keiner, mit einem Kriminellen Geschäfte zu machen.
Beide Seiten finden zueinander, wenn sie wollen.
Dazu gehören dann aber nunmal zwei.

Zitat
CB bietet sich sicherlich an, um Eigenverantwortung und das Eingestehen der Sucht zu deflektieren.
Das ist eine der beliebtesten (und gleichzeitig auch nichtssagendsten) Aussagen im Zusammenhang mit der Thematik.
Eigenverantwortung? Wo denn? Indem ich mein 'Handeln' einfach rückgängig mache, und damit vielleicht gerade noch verhindere, daß meine Frau mich rauswirft?
Eingestehen? Was genau? Daß die Gesamtsumme irgendwie doch höher war, als ich dachte?

Versteh mich nicht falsch, CB an sich ist im momentanen Chaos ein gutes Druckmittel. Diesen Weg zu gehen ist legitim, wenn auch meiner Meinung nach emotional auf lange Sicht nicht ungefährlich für den Spieler.
Genau deshalb sind derlei schwammige Aussagen aber einfach nur... naja... sieht zumindest beim ersten Hinsehen klasse aus, ganz besonders für einen selbst. Ein Haufen warme Luft, der super klingt. Keiner kann solche Blender besser bauen, als... naja... jemand wie ich eben.
Ich höre doch nicht plötzlich mit dem Spielen auf, weil ich im Internet über diese Möglichkeit gestolpert bin... da braucht es doch deutlich mehr für eine stabile Ausgangslage.

Ich hatte bis heute übrigens weder eine Erleuchtung, noch ein Chargeback. Ich wußte nicht, daß eins der beiden Dinge eine Voraussetzung für irgendetwas ist.

@will:
Ich mag das Wort 'zocken' nicht, wobei es immernoch besser ist als 'gamblen'... Anglizismen haben für mich immer den Anspruch, irgendwie 'cool' wirken zu wollen.
Was soll man als Unbeteiligter tun? Meine bessere Hälfte würde das 'Problem' nichtmal verstehen. Und ganz ehrlich... warum auch? Das Einzige, wofür es da definitiv eine Zustimmung gäbe, wäre eine Lösung für den mangelnden Jugendschutz. Das ist skandalös... ansonsten wäre es eher sowas wie "Braucht kein Mensch, also sollte man es einfach lassen."
Im Prinzip wäre das sogar korrekt. Niemand zwingt mich, mich über's Ohr hauen zu lassen.
Das gilt allerdings auch für den Staat und die Bundesländer. Warum Politiker sich am Nasenring durch die Manege führen lassen, ohne es überhaupt zu merken (odee merken zu wollen), verstehe ich echt nicht... mögliche Steuereinnahmen hin oder her.

Ignorance is bliss.

Das gilt aber, wenn auch aus einem ganz anderen Blickwinkel, auch für mich. Was kann ich schon groß tun? Außer mich aufreiben an etwas, dem ich nicht gewachsen bin?

Ein Chargeback sollte also nicht das Zentrum meiner Abstinenz sein, sondern, wenn überhaupt, ein Nebenschauplatz, den ich bestenfalls anderen überlasse.
Dann hätte ich auch nicht das Gefühl, mich dafür rechtfertigen zu müssen.

Davon abgesehen ist dieses Thema irgendwie... naja... ermüdend... es macht keinen Sinn, sich ständig zu wiederholen...

Schlaft alle gut.
« Letzte Änderung: 13 November 2019, 02:41:53 von TAL »

Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #156 am: 13 November 2019, 13:32:03 »
Bitte lies meinen Satz, den Du zitiert hast, noch einmal. Es ist kein Rechtschreibfehler drin, dafür aber leider ein zu direkt aus dem Englischen übersetztes Wort – ich mache das nicht, um cool zu wirken, habe 11 Jahre dort gelebt. To deflect: ablenken, abwenden, umleiten, verlagern.

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Offline taro

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Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #157 am: 13 November 2019, 14:04:20 »
Moinmoin,

ich mache die Atemtechnik, das mir Setting und das Kalt Duschen jetzt eineinhalb Wochen. Die Nähe um Dinge die ich mich seit meiner Spielfreiheit bemühe sind verblüffend.

Das erst ist das sein im hier und jetzt.  Unter der kalten Dusche oder beim Spaziergang in T-Shirt in kurzen Sachen zählt nur das. Es zählt nur das wahrnehmen meines Körpers, alles andere ist völlig unwichtig. Da ich ja gelegentlich von Depressionen besucht werde ist das mit Sicherheit eine Möglichkeit sich dort herauszuholen, wie lange das anhält wird sich zeigen. Berichte von Betroffenen lassen hoffen.

Das nächste ist der Kontrollverlust. Ich gehe traditionell im Frühjahr und um Herbst schwimmen. Bisher immer mit unterdrücktem Juchsen und am hyperventlieren. Ich gehe bei sehr kaltem Wasser öfters wieder raus weil das kalte Wasser so schmerzt.
Jetzt mit der neuen Technik weiss ich, es wird nichts Schmerzen, ich werde nicht Juchsen und nicht hyperventlieren. Ich atme ruhig weiter und behalte die Kontrolle. Verliere ich die Kontrolle, besonders später beim Eisbaden bekomme ich sofort Grösse Probleme.
Das kalte Duschen am Morgen ist ein echtes Highlight. Ich freue mich richtig drauf. Es wird ein guter bekannter, das Dopamin ausgeschüttet und ich bekomme eine Anhaltende Frische für den Tag. Das mind setting davor ist wegen der überraschenden Erfolge genauso toll. Anders sieht es mit der Atemübung aus. Die Erfolge sind beeindruckend. Danach fühle ich mich erstmal etwas bekifft, auch kein schlechtes Gefühl. Aber, es ist anstrengend und dauert ca. 40 Minuten. Das dabei mehr Adrenalin ausgeschüttet wird als bei einem Fallschirmsprung wenn man es richtig beherrscht ist interessant, aber trotzdem erfordert das tägliche machen Disziplin.
Disziplin war ja auch eines dieser Worte wo sich bei mir früher immer die Nackenhaare gekräuselt haben.
Nun ich bin gespannt, ich habe schon eine Gruppe von 4 Leuten die mit mir bei Frost schwimmen gehen gefunden. Bei meinem ersten mal sollten es schon mindestens 4 Personen sein, weil bei einem Kontrollverlust es durchaus möglich ist das man alleine nicht mehr aus dem Wasser kommt. Wie mein leichter  Herzfehler darauf reagiert muss sich auch erst noch zeigen.
Ich bin total aufgeregt und freu mich total drauf.

Die Nähe zum Weg in die Spielfreiheit finde ich irgendwie faszinierend. Darum Teile ich es hier, werde das Thema aber künftig auch lassen.

Taro

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Offline TAL

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Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #158 am: 19 November 2019, 00:23:17 »
Guten Abend euch,

ich las den Beitrag von Will, und  an das Wort 'zocken' darin nervte mich, dasselbe passiert mir eben, wenn ich 'gambeln' lese.
Manche stören sich an der Benutzung (im Sinne von 'Verkürzung' - ergo 'Verharmlosung') der Abkürzung 'k' für die drei Nullen einer Tausenderstelle, sie finden es irritierend und irgendwie falsch, als wolle man die eigentlichen Dimensionen runterspielen.
Das sah und sehe ich nicht so, denn ich kenne das so auch schon länger, und zwar aus anderen Bereichen. Trotzdem ist der Gedanke aber für mich durchaus nachvollziehbar.

Denn was mir in letzter Zeit auffiel, ist eben, daß ich mich irgendwie an dem Verb 'gambeln' störe (wie schreibt man das eigentlich? Isses 'gambeln' oder 'gamblen').
Ich hab mich grad mal gefragt, warum das eigentlich so ist.

Spricht oder schreibt jemand komplett auf Englisch, ist es passend, und besagt genau das, was derjenige tut. Es ist das richtige Wort an der richtigen Stelle, und bringt es sogar besser auf den Punkt als das deutsche Äquivalent 'spielen', denn das ist ja mehrfach besetzt und beschreibt auch das, was Kinder auf dem Spielplatz tun.
Somit sollte 'gambeln' eigentlich eine gute Lösung sein, weil - präziser. Man könnte auch 'glücksspielen' sagen, um das besser zu unterscheiden, was aber lang und irgendwie zu fachmännisch und altbacken klingt.
Darum 'gambeln'. Leuchtet ein.

Trotzdem nervt mich dieses Wort jedes Mal, wenn ich es lese.
Warum?
Eingebaut in einen sonst nicht-englischen Satz erweckt es den Eindruck, der Schreiber (oder Sprecher) fände es cool oder würde es verharmlosen.
Warst du Surfen oder Kiten?
Nee, ich war Gambeln.

Es klingt künstlich und irgendwie fehl am Platz.

"Yes, I am a compulsive gambler" war beim ersten Mal genauso schwer zu schreiben wie "Ja, ich bin pathologischer Spieler."
Beides für sich genommen beschreibt genau mein Problem, ohne Verniedlichung, ohne Wenn und Aber.
Mischt man das hingegen, klingt es skurril und seltsam... nach einem neuen Trend oder so.
....wie 'Crowdfunding' oder ein 'Start-Up'.
'Zocken' hat auch etwas Verharmlosendes. Freunde von mir benutzen dieses Wort sogar manchmal, wenn sie Brettspiele spielen.

Eigentlich ist es auch vollkommen egal, und ich weiß auch, wie es gemeint ist, hab nur jetzt nach dem Beitrag kurz darüber nachgedacht, wo meine Irritation diesbezüglich eigentlich herrührt.

Mein Kommentar zum Thema Anglizismen bezog sich also gar nicht auf dich, asparagus. Mir war bis eben überhaupt nicht bewußt, daß der von mir zitierte Satz einen beinhaltet.
Ich kenne das Wort 'deflect', die deutsche Version davon hingegen nicht. Also stimmt schon, ich dachte, es wäre ein in der Eile falschgeschriebenes 'reflektieren'. Wenn dem nicht so war, sind wir uns ja einig: man kann damit wunderbar vom eigentlichen Problem ablenken, mehr wollte ich gar nicht sagen.

Lange Rede, kurzer Sinn. Wie immer...
Naja, das gehört eigentlich nichtmal hier in diesen Thread. Nur ein genereller Gedanke.


Taro, ich finde deine Ausführungen interessant. Die Verbindung von Dopamin (ja, ein guter Bekannter, den ich hin und wieder mal vermisse -.-) und kaltem Wasser klingt erstmal... gegensätzlich.
Das Jauchzen, Hyperventilieren und unkontrollierte Zittern grenzt schon an Schmerz, und ist auf jeden Fall eine starke Ablenkung. Man ist erstmal nur damit beschäftigt, es geht gar nicht anders. Alles andere tritt in den Hintergrund. Als ich mir nicht mehr zu helfen wußte, habe ich das getan... auch eine eher unrühmliche Sache... naja... für mich ist das keine schöne Erinnerung, ich verbinde das mit Hilflosigkeit.
Normal gehe ich nichtmal im Urlaub bei Temperaturen über 30°C ins Wasser, und wenn, dann meistens nur bis zum Bauch, und selbst das dauert sehr lange, weil mir immer sehr kalt dabei ist. Ich werde auch ziemlich grantig, wenn mich dann einer naßspritzt. Gah.

Eisbaden wäre wohl leicht übertrieben, aber du bringst mich echt auf bescheuerte Ideen. Ich mache öfters komische Sachen, da würde sich also nichtmal einer drüber wundern, aber ich hasse aufstehen, und bin auch so schon selten pünktlich. Das war schon immer so, und es wurde immer darüber hinweggesehen. Jetzt habe ich heute Morgen tatsächlich darüber nachgedacht, es zu versuchen, nach der normalen Dusche nochmal kalt zu duschen, nur hätte es zeitlich den Rahmen gesprengt. War eh mal wieder zu spät. Morgens ist das bei mir also nicht machbar, meiner Trägheit sei Dank.

Dummerweise erwischte ich mich heute aber öfter dabei, mir zu sagen "Das muß doch gehen! Du könntest dich an etwas gewöhnen, was du eigentlich überhaupt nicht magst."
Raus aus der Komfortzone - ziemlich schwierig.
Beim Fliegen klappt das bis heute nicht mit dem Gewöhnen. Ein Erfolgserlebnis anderswo wäre da mal ganz gut.
Da müßte ich nur noch über meinen Schatten springen. Disziplin... mhhh... täte mir auch hin und wieder ganz gut. Machbar ist alles irgendwie.


Manche Leute sind irgendwie komisch. Heute hat mich auf der Arbeit tatsächlich jemand gefragt, ob ich nicht Vollzugsbeamter werden will, er selbst sei leider schon zu alt, aber sein Sohn würde das auch grad machen, das sei ein zukunftssicherer Job, und hier wäre ja eh grad Flaute. Das kommt davon, wenn man am Empfangstresen sitzen muß, weil die Rezeptionistin Urlaub hat, und sich sonst keiner zuständig fühlt - einige Leute haben immer ein ausgeprägtes Mitteilungsbedürfnis - und man kann nicht abhauen.
Es war ihm absolut ernst, er redete etwa 15 Minuten über die damit einhergehenden zusätzlichen Vorteile des Beamtentums.
Ich war tatsächlich etwas sprachlos.
Er deutete das wohl als Zustimmung, und schickte mir kurz darauf eine enthusiastische Email mit dem Link zu einer Stellenanzeige der Stadt.
Ich mußte echt leise lachen. Offenbar nicht leise genug. Als meine Kollegin um die Ecke lugte, und verwundert fragte, was los sei, lachten wir gemeinsam.
"Du? Du würdest doch alle Türen aufschließen und einfach nach Hause gehen."
"Joa.. den Kaffeeautomaten würde ich auch offenlassen. To Go."

Manchen Leuten ist Geld und / oder Status offenbar so wichtig, daß ihnen auch egal ist, was sie dafür machen. Das scheint aber in der Gesellschaft weit verbreitet zu sein. Warum sollte jemand das sonst wollen?
Ich meine... gibt es etwas Deprimierenderes als das?

Naja, zumindest habe ich heute nicht soviel über mich selbst nachgedacht, das ist recht angenehm.
Ich schlafe jetzt aber mal lieber, meine Gedanken verhaspeln sich sonst am Ende doch wieder.

Gute Nacht allerseits.

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Offline taro

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Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #159 am: 19 November 2019, 13:20:42 »
Moin TAL,

Das Thema Umgang mit Worten gehört durchaus hier her, wie ich finde. Ich habe erst in der SHG die Macht der Worte begriffen. Wenn jemand der von sich sagt das er spielsüchtig ist von dadeln oder gamen spricht sagt das mehr über seinen Zustand aus als alles was er sonst noch sagt. Wenn mich alle was mich zu Glücksspiel zieht für mich eine potentielle Lebensgefahr ist,  finde ich den Begriff triggern eher verharmlosend. Wobei ich gestehen muss, ich habe Ihn selbst schon benutzt. Will ja mich nicht immer so altbacken ausdrücken, nur da bin ich mir wenigstens sicher.

Der nächste Schritt nach den verniedlichenden Begriffen ist die angeblich "tolle Atmosphäre" im Casino. Ich sagte immer der frisch gepresste O-Saft war so gut. Hat sich so etwas erstmal ins Hirn gesetzt ist der Rückfall nach meiner Erfahrung nicht mehr zu verhindern.

Gesteigert wird das ganze dann von Aussagen wie "Pokern ist kein Problem für mich, natürlich nicht um Geld" Das war glaube ich im nachbar Forum Thema. Was soll man da noch zu sagen. Wenn für einen süchtigen Spieler das grösste aller Spiele kein Thema ist, da kann ja wohl besser gleich weiterzocken. Da ist ja schon jedes Wort Zeitverschwendung.

Das rausgehen aus der Kompfortzone ist für mich in meinem spielfreien Leben ein fortschreitender Prozess. Das Öffnen neuer Türen, das anschauen der Räume dahinter und die Suche nach weiteren Türen in den Räumen das läst mich spüren das ich Lebe. Ob meine Tägliche Dopaminzufuhr auch etwas damit zu tun hat weiss ich nicht. Auf jeden Fall fühle ich mich nach 2 Wochen Training in den 3 Disziplinen körperlich 10 Jahre jünger. Und das ist noch deutlich untertrieben. Bei Übungen mit der Atemtechnik fühle ich mich wie Obelix, der in den Zaubertrank gefallen ist.

Apropo Bequemzone, ich würde mich Montag über ein neues Gesicht freuen 😏

Taro

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Offline TAL

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Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #160 am: 27 November 2019, 05:50:20 »
Guten Morgen,

ja, O-Saft, Kaffee, Erdnüsse... oft genug war es auch das einzige, was ich überhaupt an dem Tag zu mir genommen habe. Ich kannte mal jemanden, der sagte, er käme nur, weil er die eine Angestellte so niedlich fand, sonst wäre er ja gar nicht hier... auch, wenn die grad nichtmal da war, aber das konnte er ja vorher nunmal nicht wissen.

Orangensaft gehört bei mir aber eindeutig zu den negativen Assoziationen, ich hasse das Zeug schon seit meiner Kindheit. Warum glaubt eigentlich alle Welt, Kinder mögen Orangensaft?

Aber ja, in der Erinnerung überwiegt eindeutig das vermeintlich Positive. Es kommt automatisch. Verzerrt und gefiltert, meine nach wie vor funktionierende selektive Wahrnehmung. Ohne Störung von Außen wird das schnell zum Selbstläufer. Das Negative hingegen muß ich mir immer erst bewußt ins Gedächtnis rufen.
Meine heutigen Gedanken ans Spielen sind entweder beschämende Momentaufnahmen, ausgelöst durch Geräusche oder Assoziationen, wenn ich mich 'unter Leuten' befinde, oder nostalgische Schwärmereien von den 'guten alten Zeiten', allein und für mich. Das ist allerdings nicht weniger gefährlich, denn wenn ich das nicht schnell abgeschüttelt bekomme, fängt irgendwann mein Kopf an, mir vorzulullen, daß es doch eigentlich okay sei, und gar nicht schlimm. Langsam bereite ich mich innerlich drauf vor, Stück für Stück. Es war jedes Mal so unglaublich niederschmetternd, wenn ich einsehen mußte, was für ein schwaches, verkorkstes Etwas ich doch bin. Traurig, aber wahr. Sich da auf meine eigene Willenskraft zu verlassen, ist schlichtweg ein Witz - denn ab einem gewissen Punkt ist diese ganz einfach nicht mehr existent, und dieser Punkt tritt schon ein, lange bevor mir das überhaupt bewußt ist, auch das sollte ich nie wieder vergessen. Ich habe auch noch als 'trockener' Spieler meine damalige WG systematisch nach Geld durchsucht. Damit kann ich es mir leichter machen, ich kann's ja später zurücklegen, merkt doch keiner. Da half dann nur eine kalte Dusche - soviel zu dem Thema.

Ich war zum Beispiel noch nie auf einer Rennbahn. Aber warum um alles in der Welt sollte ich dort hingehen... außer zum Wetten?
Warum sollte ich wieder in die Spielbank gehen... außer zum Spielen?
Und wenn ich das nächste Mal unterwegs auf Toilette muß, kann ich ja mal in eine dieser Sportwettbutzen reingehen, statt ins Restaurant nebenan, aber natürlich nur, weil das Klopapier sicher besser, und die Schlange da bestimmt kürzer ist...
Wie heißt es so passend in der Radiowerbung der Spielbank Hamburg: "Es gibt immer einen Grund!"
Tja, die kennen ihre Pappenheimer.
Geht ins Ohr, bleibt im Kopf.

Meine Kollegin war mal Spielhallenaufsicht. Letztens erzählte sie unserer Telefonistin, die mir gegenübersitzt, wie sich einer ihrer Kunden mal auf seinem Stuhl eingepißt hatte, weil er grad nen Lauf hatte. Der nächste verspielte wie in Trance das Ersparte seines Sohnes, hörte aber trotzdem nie auf, wenn er mal ein paar Hundert auf der Uhr hatte. Sie selbst hatte es nie auch nur versucht, und wenn sie einer fragte, wie das funktioniert, konnte sie es nicht beantworten. Das sei 'echt schlimm'. Sie verstand es nicht, aber sie wolle es auch nicht herausfinden, wie sie sagte.
Die Telefonistin schüttelte ungläubig den Kopf. "Das ist wirklich krank".
"Wollt ihr nen Kaffee?"
Ich verließ den Raum, um uns einen zu holen. Ja, es war mir unangenehm. Ich wollte auch nicht bewußt ein Gespräch belauschen, ohne dran teilzunehmen, und Abschalten ging grad irgendwie nicht.

Zwei total gegensätzliche Menschen... eine von ihnen hat jahrelang versucht, einen drogenabhängigen Exfreund 'auf die richtige Bahn' zu bringen, und sich getrennt, als sie endlich festgestellt hat, daß sie sich ohne sein Zutun nur selbst kaputtmacht, und auch die Auswüchse der Spielsucht hat sie schon miterlebt; die andere ist so spießig, die würde nichtmal bei Rot über die Ampel gehen, macht nichts ohne Anleitung, und telefoniert stundenlang, weil Amazon ihr angeblich 2€ zuviel berechnet hat.
Als ich wiederkam waren sich beide gerade trotzdem irgendwie darüber einig geworden, daß sie gerne mal in ein Casino gehen würden. Das Ambiente halt. Es klang wie die Vorstellung einer Märchenwelt.
Keine fünf Minuten vorher war eine angewidert, die andere sagte, sie würde das nie probieren, weil sie sah, was es mit den Leuten macht.
Aber das Casino - das ist etwas anderes. Pomp und Glamour. Dabei geht es um die Erfahrung, den tollen Abend. Eine andere Welt, ein Abenteuer.

Aber wenigstens beschlossen sie, daß man nicht zuviel Geld mitnehmen sollte.

Diese Art von Verharmlosung ist doch genau eines der Probleme in der Gesellschaft... und es wird öffentlich weiter munter am Spaßimage gefeilt. Was ist schon dabei?
Das zieht dann sogar bei Leuten, die es eigentlich besserwissen müßten. Mich nicht unbedingt immer ausgeschlossen...
Wenn's ums Gründe-Finden geht, bin ich nämlich immer ziemlich kreativ gewesen.

Ich finde das Wort 'Triggern' auch irgendwie nicht ganz passend, es gibt da aber tatsächlich nicht wirklich ein besseres Wort für. Ganz oben auf der Liste der seltsamen Begriffe steht für mich aber nach wie vor das Wort 'Suchtdruck'. Es ist so typisch deutsch irgendwie. Zwei Zusammengesetzte Worte, ganz einfach... nüchtern, klinisch und sachlich. Ich mußte tatsächlich lachen, als ich es das erste Mal gelesen habe... weil es so rational beschreibt, was in Wirklichkeit irrationaler kaum sein kann. Das hatte irgendwie etwas Befreiendes "Dafür gibt es tatsächlich ein Wort? Aber he, mal ehrlich... wer hat sich das denn ausgedacht?"

Wie auch immer man das auch nennen will, eine derart heftige Begegnung hatte ich lange nicht mehr. Es wäre aber naiv, zu glauben, daß ich heute ruhig mal wieder Poker spielen könnte. Ich kenne da jemanden, dem würde das sicher sehr gut in den Kram passen. Wenn er einfach nur abwartet, ohne groß etwas zu sagen, dann gilt es, wachsam zu sein. Denn er weiß ganz genau... er lehnt sich am besten zurück, den Rest erledige ich dann schon selbst. Ein kleiner Anstoß reicht da völlig aus. Ganz subtil. Das wird schon von allein.
Tja... ich habe tatsächlich fest daran geglaubt, das würde irgendwann mal verschwinden. Das mußte es doch... denn was wäre die Alternative? Daß ich nicht mehr ganz sauber bin. Das darf einfach nicht sein. Ich darf einfach nicht so sein.

10 Jahre jünger? Nein... lieber nicht. Da hatte ich noch mehr Angst vor verschlossenen Türen als heute. Besser nicht öffnen... wer weiß schon, was drin ist?

Vor manchen habe ich immernoch eine unsinnige Angst... und das ist so eine.

Montag war vorgestern... und naja... ich habe absichtlich mit dem Schreiben gewartet, damit man nicht sehen kann, daß ich deinen Beitrag schon am Wochenende gelesen habe...
Manche Sachen lassen sich nur schwer ablegen.
- Was sage ich zu Hause?
- Gähn. Ernsthaft? Soll das ein Witz sein? Dir fällt schon was ein.
- Nein. So nicht!
- Auch gut, dann eben nicht.
- Großartig.
- Komm schon... etwa die Wahrheit? Das klingt doch eher nach einer schlechten Ausrede.
- Ausrede wofür?
- Keine Ahnung. Dafür, wo auch immer du dann "wirklich" warst.
- Baaaahhh... ja... das will ich nicht.
- Ajo, na dann...
- Was hast du gesagt?
- Nichts. Wolltest du nicht noch zur Apotheke gehen?
- Ach ja...

Da helfen auch viele Worte nicht viel, ich bin ein Feigling.

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Offline taro

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Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #161 am: 29 November 2019, 18:26:57 »
Moin kleiner Feigling  8),

nun, kalt duschen und zum ersten mal ins Meeting gehen hat tatsächlich etwas gemeinsam. Es ist mal einen Fuss aus der Bequemzone heraushalten. Was ich dafür bekomme ist vorher immer unbekannt, flasht mich aber immer wieder. Heißt für mich Leben.

Du bist ja in deinem Leben schon einige mal aus Deiner Bequemzone rausgegangen. Die Ehrlichkeit mit der Du hier berichtest ist vermutlich für fast alle hier eine andere Liga. Es inbegriffen auch Zeiten, da ist Erholung angesagt. Ich bin ja auch wirklich ziemlich aufdringlich. Das ist natürlich von mir nicht ganz uneigennützig. Ich freue mich immer, wenn ich besondere Menschen kennenlernen kann. Ich kann aber auch geduldig warten.

LG
Taro

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Offline TAL

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Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #162 am: 30 November 2019, 19:30:02 »
Guten Abend,

ja, ich habe die Zone schon einige Male verlassen... weil ich mußte - es war dann entweder das, oder Aufgeben. Das klappt also leider immer nur mit dem Rücken zur Wand.
Immerhin besser als früher, da habe ich am Ende doch aufgegeben. Immer. Jedes Mal. Ich kannte einfach keinen anderen Weg.
Diese Schwelle möchte ich nie wieder überschreiten, auch wenn ich immernoch lieber bis kurz vor Zwölf warte. Wer weiß? Vielleicht löst sich ein Problem ja doch noch magisch von selbst...

Anonymität. Eine furchtbare Last loszuwerden mit der Sicherheit, dabei unerkannt zu bleiben. Seit ich das tue merke ich erst, wie schwer sie ist, wie sehr sie mich immernoch runterzieht, wie sie mich immer gehemmt hat. Heutzutage wäre es schon extrem unwahrscheinlich, daß irgendetwas noch 'zufällig' rauskommt. Genau darauf habe immer hingearbeitet - vor dem Tag 0, und auch noch danach. Jetzt bin ich in Sicherheit, ich brauche keine Angst mehr vor Entdeckung zu haben. Und trotzdem ist es noch da. Denn es hat in Wirklichkeit nichts mit der Außenwelt zu tun, es ist ganz einfach ein regelmäßiger Kampf - gegen mein schlechtes Gewissen und mein eigenes Schamgefühl gleichermaßen. Dagegen, daß mit Sicherheit alles anders wäre, wenn 'die' nur wüßten...
Natürlich ist das rational betrachtet Quatsch, zumindest in meinem näheren Umfeld, aber es wäre zumindest erstmal eins: extrem unangenehm.

Ich will manchmal gar nicht soviel Privates sagen, es kommt aber einfach... der aufgestaute Morast der Vergangenheit, in dem ich mich oft genug verfangen habe, und daran zu ersticken drohte. Ich muß hier auch nicht versuchen, das Unerklärliche zu erklären, weil jeder es doch irgendwie kennt. Im Leben da draußen ist das manchmal anstrengend, auch bei ganz alltäglichen Dingen. Es tut gut, wenn ich das gar nicht muß, und wenn auch niemand glaubt, mich jetzt unbedingt verstehen zu müssen.

Du bist nicht aufdringlich. Ich weiß selber, wie recht du hast. Du, und alle anderen auch. Ich würde dasselbe zu anderen sagen. Meist sage ich aber einfach gar nichts, denn ich sollte da erstmal in meinem eigenen Hinterhof aufräumen. Auch wenn das Zulassen der Erinnerung an über all die Zeit Verdrängtes manchmal schon ziemlich wehtut (vielleicht fehlt mir da einfach die Routine, und es würde irgendwann einfacher werden - ich weiß es nicht), bin ich froh, es irgendwo lassen zu können, wo es keinen stört, wo es keinen Schaden anrichtet. Und es gibt da draußen dann tatsächlich Leute, die nehmen sich die Zeit, etwas zu schreiben, obwohl sie mich nichtmal kennen. Das ist ein warmes, angenehmes Gefühl im Bauch, egal, wie die Antwort ausfällt. Selbst, wenn mir jemand sagt, wie sehr ich mich irre... die Tatsache, daß er sich die Mühe gemacht hat, mir das zu sagen, und daß eine Intention dahinter steckt, die nichts mit 'Richtig' oder 'Falsch' zu tun hat, ist genug. Nur so kann sich überhaupt etwas ändern.

Ich will eigentlich gar nicht, daß irgendwer dies alles liest... als der Thread weg war, war ich erstmal furchtbar erleichtert (Puh... bin nochmal davongekommen... was hab ich mir dabei überhaupt gedacht? Laß den Mist in Zukunft!)... und trotzdem ist es schön, nicht allein zu sein.
Wenn das irgendwie Sinn macht...

Aber ja, es arbeitet in mir, jedes Mal, wenn ich mich hinsetze und schreibe... und auch noch danach. Da ganz besonders.
Also nicht, wenn es um juristische oder finanzielle Fragen geht, sondern... naja... hier zum Beispiel.

Ob das gut ist? Keine Ahnung. Es macht es nicht unbedingt einfacher, aber die einfachste Lösung ist bekanntermaßen selten ideal.

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Offline taro

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Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #163 am: 01 Dezember 2019, 20:33:08 »
Moin moin,

heute war ich mit meiner Frau auf einem kleinen Weihnachtsmarkt. Wir hatten so um die 2 Grad, ich wollte im T-Shirt. Ich setze mich weiterhin möglichst oft der Kälte aus. Meine Frau meinte, da wir dort viele kennen, sei Ihr das peinlich. O. K. Ich habe dann ein Hemd aber ohne Jacke herausgehandelt. Vor Ort sprachen wir mit einer Bekannte, sie erzählte von ihrer Kleidung nach den Zwiebelprinzip, meinte dann plötzlich wo meine Jacke sei. Wieder entdeckte Material, 100 % atmungsaktiv, wasserdicht und automatische Temperaturregulation von - 50 bis 100 Grad Lufttemperatur, nennt sich Haut. Meine Lieblingsatwort, aber auch peinlich. Nun ich habe es gut, ich gelte eh als etwas gaga, da darf man soetwas.

Als ich unser Meeting in Sinstorf gründete, war das natürlich schön, Meeting vor der Haustür. Womit ich nicht gerechnet habe, einige Eltern von Klassenkameraden meiner Kinder sind dort auch aktiv. Im Laufe der Jahre haben dann schon einige Mitbekommen, daß ich in den Meetings Raum verschwinde. Irgendwie unangenehm. Erklären möchte ich mich nicht. Im Laufe der Zeit ist es mir egal.

Dinge die mir gut tun stelle ich nicht infrage nur weil mir etwas peinlich ist. In den Meetings bekomme ich immer wieder Impulse, wo ich meine bequemzone verlassen kann. Es entstehen immer wieder neue "Flausen" in meinem Kopf auf die ich mich freue.

Das tolle an den meetings ist ja, dass alles was dort gesprochen wurde dort bleibt.

Das tolle an Montagen ist ja, das alle 7 Tage einer da ist. Zu Weihnachten kann. Ich mir ja etwas wünschen.

Taro

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Offline TAL

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Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #164 am: 09 Dezember 2019, 19:48:25 »
Guten Abend,


hehe. Ja, das kenne ich. Ich habe Narrenfreiheit, denn niemand erwartet irgendetwas Konstruktives von mir. Die Leute gewöhnen sich aber schnell dran, wie ich festgestellt habe. Viele Dinge tue ich einfach, und es ist mir egal, was andere denken. Der starke Drang, sich nicht reinreden lassen oder erklären zu wollen, wirkt manchmal etwas seltsam. Das ist auch irgendwie widersprüchlich, da ich an anderer Stelle doch oft viel Zeit damit verbringe, mich zu fragen, was eigentlich normal ist.
Aber zumindest wundert sich kaum noch jemand über komische Kommentare meinerseits. Das ist einfach so. Meine bessere Hälfte lacht da oft über meine Unbelehrbarkeit, wenn ich mir etwas vorgenommen habe. Und ja, das kann anderen dann auch mal peinlich sein. Oft merke ich das aber auch gar nicht. Zu Hause sind Kompromisse bei mir bis zu einem gewissen Punkt aber drin, denn wir leben ja miteinander, und nicht nebeneinander.

So ein Spruch hätte also auch von mir kommen können. Das wirkt dann oft etwas schroff, ist aber eigentlich nicht so gemeint. Gerade gestern hatte ich das wieder. Meine Antwort auf eine einfache Frage war definitiv falsch. Leider merke ich das dann immer erst, wenn die Reaktion kommt. Sie fiel sehr heftig aus. Ein "Hey... wo soll ich denn schon sein, bei 77 Quadratmetern?" als Erklärung hilft dann auch nicht mehr wirklich.
Dann ist erstmal Schweigen und dicke Luft, das ausdiskutieren bringt nichts. Zum Glück ist das auch immer sehr schnell vorbei, trotzdem fühle ich mich dann schlecht.
Weil ich eben einfach nicht sagen kann, warum ich überhaupt so reagiere manchmal. Ich will nicht darüber reden, das macht es nur schlimmer. Wir beide wissen das, und darum geht so eine Situation schnell wortlos vorbei. Wie mein Chef sagen würde: "Es ist, wie es ist."
Das passiert eben, wenn ich ausspreche, was ich denke... eigentlich versuche ich immer, das zu vermeiden. Klappt nur nicht immer.

Leute, die mich nicht kennen, gucken meist einfach nur irritiert, die anderen ignorieren es... und zu Hause hat inzwischen jemand gelernt, einfach auf dieselbe Art zu antworten. Das ist irgendwie am angenehmsten. Es nimmt diesen "Au-weia"-Moment, wenn ich mich selber frage, warum ich etwas laut ausgesprochen habe.

Es hat aber auch alles sein Gutes, denn mein Blick auf die Dinge ist definitiv oft anscheinend etwas... ungewöhnlich. Das beinhaltet auch, oder gerade, den Blick auf mich selbst. Dummerweise muß ich mich ab und an hinterfragen, wo andere das nicht brauchen. Für mich ist das aber fast schon überlebenswichtig, auf lange Sicht zumindest. Das hat eine Menge negativer Nebenwirkungen, aber auch ein paar positive.

Ich habe gestern woanders einen Beitrag gelesen. Eine Frau erzählte, wie ihr Freund sie und die Familie seit Jahren hintergeht, obwohl sie ihm immer 'helfen'. Vor ein paar Monaten fing er etwas mit einer Bekannten an, um an dessen Geld zu kommen.
Sie sagte, für sie ist das Prostitution, aber sie könne ihn doch nicht verlassen, wenn er es (wie er entschuldigend sagte, nachdem es aufgeflogen war), getan hat, weil er süchtig ist, denn in dem Fall wäre es dann ja nicht wirklich seine Entscheidung gewesen, und es wäre noch Liebe da.
Ob es wirklich sein könne, daß einen das soweit 'treibt', obwohl man seine Freundin eigentlich liebt.

Naja, egal, ich fand es irgendwie schlimm, daß jemand überhaupt sowas schreibt. Manchmal frage ich mich, wieviel ein Mensch einstecken kann, bevor irgendwas in ihm zerbricht.
Und wie man auf sowas antwortet, ohne daß es verletzt. Genau. Am besten gar nicht.

Mein Nachbar, meine Oma... was hätten sie davon, irgendwo auszuplaudern, daß wir uns begegnet sind? Die Angst, die viele da wegen der Diskretion haben, teile ich nicht. Ich bin mir sogar sehr sicher, daß sowas kein Problem ist. Für mich wäre es dabei, mit wenigen Ausnahmen, also nicht relevant, wer mich sieht, sondern daß es überhaupt jemand tut. Und... ganz ehrlich. Es hätte etwas Endgültiges. Aus und Vorbei.
Ich rede mir gerne ein, das sei Selbstschutz, aber mal ehrlich... ich hätte doch die Wahl, ob, und vor allem wem, ich etwas sage. Ich liege halt manchmal wirklich wach, und frage mich, was in mich gefahren ist, hier zu schreiben... und das ist ja leider nur die Spitze des Eisbergs. Da verstehe ich mich manchmal selbst nicht.
Aussprechen könnte ich das nicht. Ich krieg es ja nichtmal hin, meiner besseren Hälfte zu erklären, warum ich es nicht mag, wenn man mir Dinge abnehmen will, die mir doch offensichtlich schwerfallen.

Weihnachten ist irgendwie eine gesellschaftliche Norm. Ich mochte es noch nie. Es war eigentlich immer schon eine sehr unangenehme Zeit für mich, je nachdem, auf die ein oder andere Weise. Heute finde ich es einfach nur unsinnig. Die Leute, die ich mag, mag ich auch die anderen elf Monate im Jahr. Und wenn ich mir wirklich etwas wünschen dürfte, wäre es eh etwas, was man mit keinem Geld der Welt kaufen kann.

Ich warte jedenfalls bis heute vergeblich auf meine Besinnung. Das macht aber nichts, wie ich inzwischen weiß. Wünschen kann man immer, nur muß man dabei auch dafür sorgen, daß man sich selbst in einem Bereich bewegt, in dem eine Umsetzung überhaupt machbar ist. Sonst ist es einfach nur ein Luftschloß.
Es sind ja noch 15 Tage. Ein wenig Zeit habe ich noch.

Ich wünsche jedenfalls einen angenehmen Wochenstart soweit.

 

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