Guten Abend,
Kalt duschen habe ich auch mal eine Weile versucht, weil es angeblich wach macht und den Kreislauf anregt. Ich hatte da aber irgendwie immer das Gefühl, nicht wirklich sauber zu werden. Das hab ich dann verworfen. Außerdem kommt es komisch, wenn man morgens im Bad erstmal einen unterdrückten Schrei von sich gibt.
Ich kann mich auch recht gut in Dinge reinsteigern, und versuche daher, es zu vermeiden. In vielen Bereichen habe ich über die Zeit verinnerlichte, teilweise ziemlich schräge Routinen, die eigentlich gar keiner mitbekommt, bei denen es mir aber schwerfällt, damit zu brechen. Vielleicht ist es eine Art Komfort... keine Ahnung.
Auch für mich war das Gefühl, einfach keine Optionen mehr zu haben, im Nachhinein betrachtet eine notwendige Voraussetzung. Es gab nur noch eine Möglichkeit, und dabei konnte mir nichts und niemand helfen. Wäre ich nicht gezwungen gewesen, danach zu suchen, wäre sie mir nichtmal in den Sinn gekommen. Sie gefiel mir nicht, ganz und gar nicht. Hätte ich noch irgendeine 'Alternative' gehabt... nun ja, ich hätte wohl den einfacheren Weg genommen: Bloß nicht daran denken zu müssen.
Ob das tatsächlich immer so sein muß, weiß ich nicht. Gewisse Denkmuster sind jedoch nicht förderlich gewesen. Vielleicht ganz gut, daß niemand mehr da war, der mir überhaupt zugehört hätte, geschweige denn, den ich noch hätte beschuldigen können.
Das Richtige ist immer schwierig. Manchmal hapert's auch einfach am Verständnis. Ich bin nicht gut darin, Dinge richtig zu 'interpretieren'.
Letzten Donnerstag bin ich nach der Arbeit zum Arzt, eine Krankmeldung für meine bessere Hälfte abholen. Ich betrat das Gebäude im Erdgeschoß, und ging in Richtung Treppe. Da öffnete sich die Fahrstuhltür, und ein älteres Ehepaar kam heraus. Ich stieg ein, da er ja nunmal grad da war...
Ich drückte auf 1, aber der Fahrstuhl fuhr erstmal in den Keller, zur Tiefgarage.
Dort öffnete sich die Tür, ein Mann im dunkelblauen Anzug stieg ein. Ich wollte erst wieder aussteigen und zu Fuß gehen, aber er stand nun im Weg, also blieb ich und starrte die Tür an. Er sah auf die Tafel, sah mich an, und sagte: "Ach du Scheiße. Und das in so jungen Jahren."
Ich zuckte nur die Schultern und grinste blöd. Das Was zum Geier sollte das heißen?
Im ersten Stock stiegen wir beide aus. Er schüttelte den Kopf, und nahm die Treppe in den zweiten Stock. Dort oben saß eine Anwaltskanzlei, das Schild draußen am Eingang des Gebäudes war nicht zu übersehen.
Ich stand auf dem Flur, und war völlig perplex. Dann kam mir der Gedanke "Mhh... was dachte er, wo ich hinwill?"
Ich sah die beiden anderen Türen auf dem Gang. Eine psychiatrische Ambulanz und eine Schuldnerberatung. Das war mir vorher nie aufgefallen.
Nein. So war das doch gar nicht! Ich fühlte mich irgendwie 'ertappt', defensiv und klein, es schrie in mir "He... Moment! Ich wollte doch nur zum Arzt, und das nichtmal für mich selbst!"
Er war schon weg, aber es war zu spät. Ich spürte eine Spannung in den Schultern, war innerlich aufgewühlt, und fühlte mich irgendwie, als müsse ich mich rechtfertigen. Nicht, daß ich das laut tun würde, und nicht, daß ich irgendwas gesagt hätte, wenn er noch dagewesen wäre, aber ich dachte wirklich "He. Ich hab doch gar nichts getan. Wirklich nicht!"
Ich mußte noch fünf Minuten warten, bis die Praxis nach der Mittagspause wieder öffnete. Die ganze Zeit, und danach auf dem Weg nach Hause, habe ich mir Gedanken darüber gemacht. Mir ging es doch gut, ist alles wieder in Ordnung! Ich sagte mir "Er kennt mich doch gar nicht, und das war nur Zufall. Er erinnert sich genausowenig an dein Gesicht, wie du dich an seins. Es war nur so dahergesagt."
Ich schüttelte den Kopf. Das war verletzend, aber nicht bedacht oder persönlich.
Ach nein? Wirklich nicht?
Was wäre denn, wenn es mir jetzt so gehen würde wie damals? Ich kenne mich... sein Kommentar hätte dafür gesorgt, daß ich aus Scham nicht durch die Tür gegangen wäre, sondern wieder die Treppe runter und raus ins Freie... nachdem ich erneut den ganzen Tag gekämpft gehabt hätte, überhaupt hinzugehen... bis ich dann beim x-ten Versuch endlich dort ins Gebäude gegangen wäre.
Was also, wenn das im Fahrstuhl nicht ich gewesen wäre, sondern jemand anders?
Das machte mich plötzlich wütend.
Zu Hause angekommen, stand ich im Wohnzimmer. Manchmal braucht es da etwas energische Maßnahmen, sowas zu beenden. Also schüttelte ich den Kopf, um diese Gedanken abzuwimmeln, die sich irgendwie wieder festgefahren hatten.
"Was ist los?"
Anscheinend war ich mal wieder so vertieft, daß ich irgendwas Gesagtes verpaßt hatte. Normalerweise hätte ich nichts geantwortet außer sowas wie "Alles gut, bin halt ab und an etwas abgeschaltet."
Aber ich dachte mir plötzlich, vielleicht versuche ich das mal. Warum nicht? Vielleicht übersehe ich ja was.
Ich erzählte, was passiert war, aber nicht, was ich dabei dachte (nur, daß es mich verwirrt hatte).
Die Reaktion war ein Schmunzeln.
"Der Fahrstuhl."
"Was?"
"Du bist nur ein Stockwerk mit dem Fahrstuhl gefahren, die meisten nehmen da die Treppen, wenn sie nicht körperlich eingeschränkt sind."
"Mhhh.... meinst du, daß er das gemeint hat?"
"Ja. Ganz sicher. Ein Gesundheistfanatiker. Mehr war das nicht."
"Stimmt. Mach ich normal auch. Aber der war grad da. Verdammt, du hast Recht. Der Fahrstuhl. Das war ja einfach. Und ich dachte die ganze Zeit 'Was will er mir bloß mitteilen?'"
"Nichts, nur daß du etwas faul bist."
"Offensichtlich. Danke. Ich nehme beim nächsten Mal wieder die Treppe."
"Wegen dem Spinner? Das kann dir doch egal sein. Laß ihn doch reden."
Wenn das mal so einfach wäre.
Ich denke wohl oft zu kompliziert. Ich nehme Sachen persönlich, die es gar nicht sind... und Dinge, die wirklich persönlich sind, ignoriere ich zu gern... aus Bequemlichkeit, einem Bedürfnis nach Ruhe... und weil ich ja nunmal wirklich nicht der glänzendste Zeitgenosse bin. Man kann mir so einiges an den Kopf werfen, eigentlich tangiert mich sowas wenig. Aber offenbar habe ich irgendwo einen wunden Punkt, den ich nichtmal definieren kann. Das macht keinen Sinn.
Manchmal bin ich ganz furchtbar auf dem Holzweg, und da braucht es dann schon einen anderen Blickwinkel, einen neutralen Beobachter, um den Knoten zu lösen. Dummerweise steht die Angst, nicht verstanden zu werden, oder genauergesagt, mein Unwille, mich weiter zu erklären, wenn ich etwas nicht auf Anhieb rüberbringe (also eigentlich fast immer) mir dabei oft im Weg. Es ist mir unangenehm, ich komme mir dumm vor, und lasse es einfach. Hätte ich nichts gesagt, hätte mich das aber den ganzen Tag beschäftigt. Ich wäre weiter aufgewühlt und eingeschüchtert gewesen, bloß weil es ein mir völlig Unbekannter letztlich einfach nur für unsinnig hielt, daß ich ein Stockwerk mit dem Fahrstuhl gefahren bin.
Das raff mal einer.
@asparagus:
Natürlich hast du im Grunde recht... ohne Zahlungsdienstleister wären OCs deutlich unattraktiver. Sie wissen um ihre Rolle als Vermittler, und verdienen wissentlich und gezielt daran (Banken lasse ich da mal bewußt außen vor, das ist meiner Meinung nach eine andere Nummer, denn sie führen tatsächlich nur aus, wozu sie angewiesen wurden).
Ohne Nachfrage gäbe es aber kein Angebot, und schon gar kein illegales.
Es zwingt mich keiner, mit einem Kriminellen Geschäfte zu machen.
Beide Seiten finden zueinander, wenn sie wollen.
Dazu gehören dann aber nunmal zwei.
CB bietet sich sicherlich an, um Eigenverantwortung und das Eingestehen der Sucht zu deflektieren.
Das ist eine der beliebtesten (und gleichzeitig auch nichtssagendsten) Aussagen im Zusammenhang mit der Thematik.
Eigenverantwortung? Wo denn? Indem ich mein 'Handeln' einfach rückgängig mache, und damit vielleicht gerade noch verhindere, daß meine Frau mich rauswirft?
Eingestehen? Was genau? Daß die Gesamtsumme irgendwie doch höher war, als ich dachte?
Versteh mich nicht falsch, CB an sich ist im momentanen Chaos ein gutes Druckmittel. Diesen Weg zu gehen ist legitim, wenn auch meiner Meinung nach emotional auf lange Sicht nicht ungefährlich für den Spieler.
Genau deshalb sind derlei schwammige Aussagen aber einfach nur... naja... sieht zumindest beim ersten Hinsehen klasse aus, ganz besonders für einen selbst. Ein Haufen warme Luft, der super klingt. Keiner kann solche Blender besser bauen, als... naja... jemand wie ich eben.
Ich höre doch nicht plötzlich mit dem Spielen auf, weil ich im Internet über diese Möglichkeit gestolpert bin... da braucht es doch deutlich mehr für eine stabile Ausgangslage.
Ich hatte bis heute übrigens weder eine Erleuchtung, noch ein Chargeback. Ich wußte nicht, daß eins der beiden Dinge eine Voraussetzung für irgendetwas ist.
@will:
Ich mag das Wort 'zocken' nicht, wobei es immernoch besser ist als 'gamblen'... Anglizismen haben für mich immer den Anspruch, irgendwie 'cool' wirken zu wollen.
Was soll man als Unbeteiligter tun? Meine bessere Hälfte würde das 'Problem' nichtmal verstehen. Und ganz ehrlich... warum auch? Das Einzige, wofür es da definitiv eine Zustimmung gäbe, wäre eine Lösung für den mangelnden Jugendschutz. Das ist skandalös... ansonsten wäre es eher sowas wie "Braucht kein Mensch, also sollte man es einfach lassen."
Im Prinzip wäre das sogar korrekt. Niemand zwingt mich, mich über's Ohr hauen zu lassen.
Das gilt allerdings auch für den Staat und die Bundesländer. Warum Politiker sich am Nasenring durch die Manege führen lassen, ohne es überhaupt zu merken (odee merken zu wollen), verstehe ich echt nicht... mögliche Steuereinnahmen hin oder her.
Ignorance is bliss.Das gilt aber, wenn auch aus einem ganz anderen Blickwinkel, auch für mich. Was kann ich schon groß tun? Außer mich aufreiben an etwas, dem ich nicht gewachsen bin?
Ein Chargeback sollte also nicht das Zentrum meiner Abstinenz sein, sondern, wenn überhaupt, ein Nebenschauplatz, den ich bestenfalls anderen überlasse.
Dann hätte ich auch nicht das Gefühl, mich dafür rechtfertigen zu müssen.
Davon abgesehen ist dieses Thema irgendwie... naja... ermüdend... es macht keinen Sinn, sich ständig zu wiederholen...
Schlaft alle gut.