Hallo,
ich wollte mich kurz vorstellen, und mir nicht nur meinen Kummer von der Seele schreiben, sondern auch den einen oder anderen hilfreichen Tipp erbitten
Ich bin jetzt 35, verheiratet, und habe ein Kind.
Wenn ich ehrlich bin, war ich vom Charakter her schon immer ein Zocker, und habe mir schon recht früh die Frage gestellt, wie man schnell und ohne viel Arbeit wohlhabend werden könnte. Hat natürlich nicht funktioniert. Kurz zusammengefasst: Am Ende bin ich über die Jahre mit einer Mischung aus Online-Casinos und dem Handel von Börsen-Optionen (CFDs) grandios im Leben gescheitert.
Anfang 20 fing es mit den Online-Casinos an, die Börse war zwischendurch auch immer mal wieder Thema. Bis ich nach 7 Jahre an einem Tag sagte: Nein, jetzt ist Schluss. So kannst du nicht leben. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bestimmt um die 30 - 35 tausend Euro verzockt. Nach einem teilweisen Chargeback bei den Online-Casino-Umsätzen konnte ich etwas Geld davon retten, aber tatsächlich nur ein Bruchteil. Danach war ich viele Jahre spielfrei, Online-Casinos sowieso nicht mehr, und Börse auch nicht mehr, ich bekam mein Leben auf die Reihe und habe jetzt einen angenehmen Job mit einer einigermaßen guten Bezahlung.
Eigentlich lief soweit alles gar nicht schlecht. Leider schleppte ich nebenbei immer noch Altschulden "von damals" mit mir herum, die ich aber nicht loswerden konnte. Ich wollte dann zu günstigen Zinsen umschulden und so die monatliche Belastung drücken. Ich hatte einen vierstelligen Betrag auf dem Konto vom aufgenommenen Kredit, der eigentlich die Kreditkarte und einige andere hochzinsige Dinge tilgen sollte. Da kam mir die Idee es noch einmal an der Börse zu probieren, natürlich nur geringes Risiko. Das Risiko war im Vergleich zu früher tatsächlich überschaubar, und das ganze funktionierte anfangs. Ich machte etwa 20 - 30 Prozent Gewinn in 1 bis 2 Wochen. Wie es weiter ging kann sich jeder denken, es kam ein trotzdem Rückschlag, ich ging mehr Risiken ein und wollte den Verlust wieder ausgleichen... und die Abwärtsspirale lief weiter und weiter. In den Laufenden 2 Jahren nahm ich (heimlich, nur auf meinen Namen) weitere Kredite auf. Ich bin nun bei -60.000 Euro nur an Krediten. Die Altschulden sind natürlich nicht getilgt. Meine Kreditlinie ist vollständig ausgeschöpft. Gleichzeitig habe ich noch viele weitere Verbindlichkeiten in 5-stelliger Höhe, die ich eigentlich zeitnah bedienen müsste. Die habe ich nämlich auf die lange Bank geschoben ...
Meine Frau weiß natürlich nichts davon. Ich habe meine Ehefrau, meine Eltern (dort habe ich ein paar Mal etwas geliehen), und indirekt auch mein Kind belogen. Ich will meinem Kind etwas bieten, und ich möchte nicht seine Zukunft verspielen. Ich will das alles nicht mehr.
Vor kurzem war mein Gehalt auf dem Konto. Mir fehlten "nur" 5000 Euro um meinen Finanzplan wieder "ins Lot" zu bringen ... und ich dachte mir: Hey, alles oder nichts an der Börse, es klappt bestimmt. Wenn du mit 5000 Euro Gewinn rauskommst, dann kommt du über die Runden und alles wird endlich gut. Danach spielst du nie wieder an der Börse. Aber es wurde nicht gut. Mein Gehalt ist nun weg. Dumm.
Mal ganz abgesehen davon, dass mir jetzt die 5000 Euro plus das letzte Gehalt fehlt.
Es ist wieder so ein Tag wie damals, wo ich zu mir selbst sage: So geht es nicht weiter, das ist nicht das Leben das ich führen möchte. Ich möchte meine Familie nicht mit diesem Mist belasten. Wie konntest du so naiv sein, so blauäugig?
Ich bin so unglaublich von mir selbst enttäuscht und letztlich habe ich auch die Existenz meiner Familie riskiert beziehungsweise zerstört. Ich möchte nur, dass dieser ganze Teufelskreis endet. Ich will die Schulden abbezahlen, und endlich wieder in Frieden leben, ohne ständig das Gefühl zu haben, ich muss etwas zurückgewinnen oder den Spielschulden hinterher laufen.
Leider weiß ich nun nicht so recht was ich tun soll :-(
ich möchte diesen Mist wieder hinbiegen.
Mein Traum wäre alles abzulösen, und einen klaren Schnitt zu machen, und monatlich einen festen Abtrag zu haben. Aber das wird wohl nichts, da es keine Bank gibt, die mir jetzt noch einen Kredit geben wird.
Für mich selbst habe ich gelernt, dass diese ganzen Zocker-Geschichten für mich Gift sind (dachte, das hätte ich damals schon gelernt). Ich kann mich nicht kontrollieren, wenn ich einmal im "Fluss" bin. Innerlich werde ich unruhig, das Herz schlägt höher, und ich bin fest davon überzeugt, dass es dies mal klappen wird. Ich glaube das sind eindeutig Anzeichen einer Spielsucht oder?
Ich muss dazu sagen, dass mich Online-Casinos gar nicht mehr interessieren und ich die auch seit Ewigkeiten nicht mehr anrühre. Diese blöde Börse interessiert mich eigentlich auch schon lange nicht mehr, und ich habe eine regelrechte Abneigung entwickelt. Ich habe tatsächlich immer nur versucht, die jüngsten Verluste auszugleichen und hatte insbesondere heute die Hoffnung, einen "6er im Lotto" zu haben. Das es dennoch ein krankhaftes Verhalten ist, dass steht außer Frage :-(
Ich weiß, der erste Schritt bei der Bekämpfung von Spielsucht ist Ehrlichkeit gegenüber seiner Mitmenschen. Aber was soll ich jetzt tun? Bei meinen Eltern könnte ich den Gang nach Carnossa antreten, aber meine Mutter wird sicherlich weinen. Bei meiner Frau, das wäre der Weltuntergang, die schnappt sich das Kind und geht weg.
Wäre ein Schuldnerberatung sinnvoll? Im Prinzip bin ich über meine Ein- und Ausgaben im Bilde. Würde eine Selbsthilfegruppe helfen?
Jetzt, wo ich diese Zeilen geschrieben habe, wird mir klar, dass ich eigentlich ziemlich genau weiß was ich zu tun habe, und ich nur zu feige bin :-( Ich lasse den Post hier trotzdem stehen, vielleicht ist das der erste Schritt zur Offenbarung und ein ein endlich spielfreies Leben.
Danke und viele Grüße,
leiderverzockt