Hallo zusammen,
ich, Mitte 20 und spielsüchtig, muss mein Leben ganz dringen in den Griff bekommen. Der Spieldrang wird immer stärker und die Einsätze immer höher. Ich hoffe, dass ich diesem Teufelskreis aus Einzahlungen und der Jagd nach dem nächsten "Epic Win" endlich entkommen kann. Vielleicht hilft mir das Aufschreiben meiner Geschichte dabei.
Angefangen zu Spielen habe ich vor schätzungsweise fünf Jahren. Ich habe von Beginn an ausschließlich in Online Casinos gespielt. Spielhallen oder Kneipenautomaten haben mich nie interessiert und reizen mich, glücklicherweise, auch heute nicht.
Die ersten Einzahlungen waren sehr überschaubar. Hier mal 10 Euro, da mal 20. Ein- und Auszahlungen haben sich in etwa die Waage gehalten und meine Einsätze lagen bei gerade einmal 20 oder höchstens 40 Cent. Schon nach wenigen Monaten, in denen ich insgesamt nur etwa ein Dutzend Mal gespielt hatte, fuhr ich meinen ersten größeren Gewinn ein. Rückblickend war das das Schlimmste, was mir hätte passieren können. Natürlich habe ich das damals anders gesehen und war geradezu euphorisiert. Die Kurzfassung: Stargames, 25 Euro Einzahlung, Book of Ra auf 40 Cent, Freispiele Forscher, zwei 4er und ein Vollbild innerhalb von 10 Spins. Am Ende des Abends habe ich mir tatsächlich glatte 3000 Euro auszahlen lassen.
In den darauffolgenden Wochen hat sich an meinem Spielverhalten nicht viel geändert. Die 3000 Euro waren für mich damals wirklich viel Geld und mir war durchaus bewusst, dass ich einfach extrem viel Glück gehabt hatte und sich diese "Glückssträhne" nicht einfach beliebig reproduzieren ließ. Das nächste Jahr verlief spieltechnisch eher unauffällig. Ich habe sowohl Ein- als auch Auszahlungen getätigt und in etwa das rausgeholt, was ich reingesteckt habe. Die Einsätze waren weiterhin niedrig und die Einzahlungen überstiegen nie 50 Euro pro Session.
Etwa 1 1/2 Jahre nach meinem 3000 Euro Gewinn kam dann der erste richtige Kontrollverlust. Ein eher ereignisloser und Langweiliger Urlaub, gepaart mit einem recht gut gefüllten Bankkonto brachten mich dazu, innerhalb von etwa einer Woche schätzungsweise 7.000 Euro in etlichen Online Casinos einzuzahlen. Jeder ausgezahlte Gewinn wurde wieder eingezahlt, noch bevor die Auszahlung mein Bankkonto erreichte. Ich war wie im Wahn, hatte nur das immer kleiner werdende Bankguthaben vor Augen und versuchte panisch, meine Verluste mit weiteren Einzahlungen und höheren Einsätzen zurückzugewinnen. Mir wurde zum ersten Mal bewusst, dass ich ein Spielproblem hatte und ich dringend etwas ändern musste. So habe ich mich hingesetzt, sämtlich Ein- und Auszahlungen über PayPal, Kreditkarte und Bankkonto handschriftlich aufgelistet und einen Kassensturz gemacht. Das Ergebnis viel deutlich anders aus, als ich erwartet hatte: knapp 200 Euro Gewinn. Das konnte ich im ersten Moment kaum glauben aber es war schlichtweg der hohe Gewinn aus der Anfangszeit, der mir hier finanziell den Arsch gerettet hatte. Wobei das so natürlich auch nicht stimmt, denn mein Konto war ja trotzdem leer.
Im nächsten Schritt habe ich mein Email-Konto nach Schlagwörtern wie "Casino, Bonus, Einzahlung, Verifikation etc." durchsucht und alle Casinos aufgelistet, in welchen in angemeldet war. Ich ging zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass es etwa fünf oder sechs Casinos sein dürften. Doch weit gefehlt... Ich war damals - und das zu einem Zeitpunkt, zu dem ich mich wenige Stunden vorher als absolut nicht spielsüchtig eingestuft hätte - in mehr als 30 Casinos angemeldet. Ich bin fast vom Stuhl gefallen und habe mich wirklich gefragt, ob ich schizophren bin. 30 Casinos? Ich habe mich tatsächlich in 30 verschiedenen Casinos angemeldet und dort Geld verspielt? Rückblickend ist es echt ein Wunder, dass ich aus der Sache sogar mit einem kleinen Gewinn herausgekommen bin. Oder besser gesagt, herausgekommen wäre. Denn natürlich ist das hier nicht das Ende meiner Geschichte.
Nachdem ich mich in all diesen Casinos hatte sperren lassen, fasste ich all meinen Mut zusammen und offenbarte mich meiner Freundin, sowie meinen engsten Freunden. Das war ein wichtiger und guter Schritt, der mir dabei half, ein gutes Jahr lang spielfrei zu bleiben. Ich kann mich nicht daran erinnern, in dieser Zeit auch nur einmal das Bedürfnis gehabt zu haben, nochmal zu spielen. Ich war fest entschlossen, den Mist sein zu lassen und freute mich, mit einem blauen Auge davongekommen zu sein.
Danach ging es leider wieder von vorn los. Zwar verzockte ich nicht mehr wirklich große Summen, aber wie wir alle wissen, macht Kleinvieh auch Mist. Da ich inzwischen recht gut verdiente, war es mir schlichtweg egal, wenn ich bei einem Rückfall mal ein paar hundert Euro verspielte. Schließlich kam von Zeit zu Zeit auch wieder ein kleiner Gewinn dabei rum. Ich war also soweit, dass ich dachte, ich könnte ganz einfach weiter spielen und es im Griff haben. Einfach nur das einsetzen, was ich zu verlieren bereit bin. Richtig böse wurde es dann Anfang diesen Jahres. Ich hatte mir (mal wieder) geschworen, komplett die Finger vom Glücksspiel zu lassen. Daraus wurde leider nichts und ich habe innerhalb der letzten paar Monate gut und gerne 7.000 Euro verspielt. Wenn ich die "kleineren" Verluste der Vorjahre dazurechne, komme ich auf eine Gesamtsumme jenseits der 10.000 Euro. Ich habe zum Glück keine Schulden und bin auch nicht komplett abgebrannt, aber dass ich eine fünfstellige Summe einfach so verbrannt habe, treibt mich noch in den Wahnsinn. Jedes Mal, wenn mir bewusst wurde, was ich da gerade getan habe, ging es mir so unfassbar schlecht, dass ich mir hoch und heilig geschworen habe, endlich mit der Spielerei aufzuhören. Und dennoch bin ich immer und immer wieder rückfällig geworden.
Ich habe vergangene Woche alles, was noch von meinem Erspartem übrig geblieben ist, an ein Familienmitglied überwiesen, damit ich keine Möglichkeit habe, noch mehr davon zu verzocken. Nachdem ich in den letzten Tagen wieder rückfällig geworden bin und schlussendlich nahezu mein komplettes Gehalt für diesen Monat verspielt habe, hoffe ich inständig, dass ich diesmal schaffe, spielfrei zu bleiben. Leider kann ich nicht einmal erklären, was mich immer wieder dazu bringt, weiterzuspielen. Es fängt an mit den obligatorischen 50 Euro, die man ja so oder so für irgendwas ausgeben würde. Enden tut es dann meistens mit Einzahlungen zwischen 500 und 1000 Euro. Ich muss jetzt wirklich am Riemen reißen, sonst stehe ich in ein paar Jahren vor einem riesigen Scherbenhaufen. Das verlorene Geld ist die eine Sache, die psychische Belastung eine ganz andere.
Ich hoffe, dass mir dieses Tagebuch dabei hilft, meine Gedanken zu ordnen, wenn mich wieder einmal der Drang überkommt, mein Geld in den Wind zu schießen.