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Ein neuer Kurs. Kampf gegen die Meuterei

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Ein neuer Kurs. Kampf gegen die Meuterei
« am: 17 Mai 2019, 13:02:06 »
Hallo liebe Forumsmitglieder,
ich habe mich heute hier registriert, weil mir bewusst geworden ist das ich spielsüchtig bin. Ich möchte euch hier meine Geschichte erzählen, da es mir helfen wird und eventuell auch einem von euch. Ich bin 29 Jahre alt Student und wette seit 3 Jahren mit gelegentlichen Pausen auf Sportereignisse. Ich habe inzwischen das ganze Aktiendepot, welches mein Vater für mich eingerichtet verloren 25.000 Euro. Ich bin für mich persönlich am Tiefpunkt angekommen und habe gestern den für mich wohl schwersten Schritt getan. Ich habe meine Mutter angerufen und ihr alles gebeichtet. Ich konnte vor diesem Anruf zwei Tage lang fast nicht schlafen und war körperlich und psychisch am Ende. Die Person die ich auf dieser Welt am meisten liebe und verehre habe ich gestern meine Hilflosigkeit offenbart.

Dieser Anruf war für mich das schwerste, was ich bisher tun musste. Die Enttäuschung und Ratlosigkeit in der Stimme der Person zu hören, die einem am meisten bedeutet ist ein fast unerträglicher Schmerz. Zu wissen, dass das Vertrauen mit einem Augenblick komplett erloschen ist belastet mich sehr, aber mein Problem jemandem offenbart zu haben und nach Hilfe zu rufen, hatte auch etwas befreiendes. Ich habe mich für das was ich getan habe so sehr geschämt. Ich vermute das diese Scham, aber auch dafür gesorgt hat das ich weiter gewettet habe. Ich wollte unbedingt das verlorene Geld zurückholen um keinem erzählen zu müssen das ich Geld beim Wetten verloren habe. Aus 1000 Euro wurden 2000 und so ging es immer weiter. Ich habe nun verstanden, dass es wichtig ist zu akzeptieren das dieses Geld unwiderruflich weg ist und das man sich eingesteht ein Problem zu haben. Nun muss ich neue Lebensenergie sammeln und positiv in die Zukunft schauen.

Ich lese seit zwei Tagen eure Schicksale und erkenne sehr viele Parallelen zu mir. Der Strudel in dem man sich befindet und der einen immer weiter in die Tiefe reißt. Nun habe ich aber nach einer helfenden Hand gesucht die mich aus diesem Strudel befreit. Meine Mutter begleitet mich am Montag zu einer Beratungsstelle. Ich habe eine Selbsthilfegruppe in meiner Nähe gefunden und möchte ab nächster Woche dort hingehen. Ich habe bis gestern in Selbstmitleid gebadet und das hat mich regungslos und antriebslos gemacht. Heute morgen bin ich mit neuem Lebensmut aufgestanden und habe angefangen mir kleine Ziele zu setzen. Ich werde heute einen Brief an mich selbst schreiben, in dem ich meine Gefühle beschreiben werde und mir auch klar machen werde was ich meinen Angehörigen damit antue. Ich möchte diesen Brief als Mahnmal nutzen und jeden Tag lesen. Dieser Brief soll mir helfen, wenn ich Suchtdruck verspüre und mir nochmal vergegenwertigen wieviel Geld ich verloren habe und was ich damit hätte alles tolles tun können. Ich werde in diesem Brief auch von der Enttäuschung meiner Mutter schreiben, da mir das ehrlich gesagt am meisten die Lust am spielen nimmt. Zu wissen die Person zu enttäuschen die einem am meisten bedeutet kann ein großer Anreiz sein dem Druck zu widerstehen.

Ich werde den Wert von Geld wieder erlernen müssen, denn im Moment habe ich alle Relationen verloren. Ich habe heute begonnen ein Haushaltsbuch zu führen, in dem ich alle meine Finanzen aufliste und mir so bildlich vergegenwertige.

Mir ist bewusst, das ein harter und weiter Weg auf mich zu kommt, aber zu wissen das ich diesen Weg nicht alleine bestreiten muss hilft mir sehr. Ich möchte unbedingt etwas ändern und mir ist bewusst das dies nur Schritt für Schritt geht. Mir ist bewußt das ich nun mein Leben lang gegen meinen inneren Teufel kämpfen muss. Aber ich habe durch den Sport eine Kämpfermentalität entwickelt die mich positiv stimmt, diesen Kampf zu gewinnen. Ich habe wieder angefangen joggen zu gehen und das hilft mir sehr. Den Körper an seine Grenzen zu bringen und für ein oder zwei Stunden nicht an die eigenen Probleme denken zu müssen hilft. Ich studiere Sporttherapie und habe meinen Fokus auf die Suchttherapie gelegt. Ich möchte später Menschen helfen, die süchtig sind aber zu allerst muss mich mir helfen. Ich bin sozusagen mein erster Patient.

Ich bin nun seit 2 Tagen spielfrei und verspüre auch gerade kein Verlangen danach. Zu groß ist die Wut auf mich selbst und diese hält mich auch davon ab. Am Sonntag kommt meine Mutter zu Besuch und ich freue mich darauf mit ihr zu reden. Ich will ehrlich zu ihr sein und mit diesen Lügen aufhören, die nur dafür da sind sich sein Problem nicht einzugestehen. Mir ist bewusst das ich krank bin und Hilfe brauche. Mir ist klar das ich das nicht alleine schaffe und Gott sei Dank auch nicht muss. Ich habe einen starken Rückhalt mit meiner Familie und will dies nutzen um von jetzt an spielfrei zu sein. Ich habe aber auch Angst davor wie meine Mitmenschen die dieses Suchtverlangen nicht verstehen, da sie selber nicht darunter leiden darauf reagieren, wenn ich es ihnen erzähle. Spielsucht ist eigentlich etwas total irrationales. Man schenkt reichen Firmen das wenige Geld, welches man besitzt und steht am Ende finanziell ruiniert und was noch viel wichtiger ist mit einem Mix aus Scham, Enttäuschung und Wut über sich selbst da. Es macht eigentlich keinen Sinn zu spielen und doch zahlt man immer und immer wieder ein.

Ich habe nun ein paar Fragen.
Wie kann ich mich bestmöglich online schützen um nicht getriggert zu werden? Ich habe hier von Programmen gelesen die das Aufrufen von Wettseiten verhindern.
Welche Maßnahmen kann ich ergreifen, das es mir finanziell gar nicht möglich ist ins Minus zu gehen? Macht es Sinn meiner Mutter die Kontrolle über mein Konto zu geben?
Ich habe bei Paypal meinen Account schon löschen lassen, sowie bei allen Wettseiten, wo ich ein Account hatte.

Ich danke euch fürs Zuhören und hoffe das ich euch helfen konnte. Mir hat das Schreiben dieses Textes auf jedenfall schonmal geholfen.
LG Roman
« Letzte Änderung: 18 Mai 2019, 19:53:17 von Niamor »

Ein neuer Kurs. Kampf gegen die Meuterei
« Antwort #1 am: 18 Mai 2019, 19:51:51 »
Hi da bin ich wieder.

Heute möchte ich meinen Tagebucheintrag anders gestalten. ich habe inzwischen viele Geschichten in diesem Forum gelesen und viele hilfreiche Tipps gefunden. Ich möchte heute meine Sucht in eine Geschichte verpacken, das ihr sie euch bildlicher vorstellen könnt.

Lokbucheintrag des Kapitäns. Tag 3 nach Wiedererlangung der Kontrolle über mein Schiff nach der Meuterei

Seit drei Tagen bin ich wieder am Steuer meines Schiffs. Ich konnte den Meuterer unter Deck vertreiben und einschließen. Er hatte es mal wieder geschafft. Diesmal kontrollierte er mein geliebtes Schiff fast 3 Monate lang. Seit 3 Jahren gelingt es ihm immer wieder mein Schiff zu meutern und die Kontrolle zu übernehmen. Ich fühle mich machtlos gegen diesen Widersacher. Er taucht plötzlich auf und zerstört mein Schiff. Ich verliere die Kontrolle und er nimmt es systematisch auseinander. Ich schaffe es nun nicht mehr alleine mich ihm entgegen zu stellen. Ich werde Hilfe brauchen. Morgen bekomme ich eine neue Matrosin auf mein Schiff. Sie kennt mich schon mein ganzes Leben. Ich würde ihr mein Leben anvertrauen. Sie wird mir helfen mein Schiff wieder sicher auf Kurs zu bringen. Aber eine Matrosin wird nicht reichen. Ich werde mehr HIlfe brauchen. Am Montag treffe ich Experten der Schiffsfahrt die schon vielen Kapitänen bei dem selben Problem geholfen haben. Mein Schiff gleicht einem Geisterschiff. Ich stehe derzeit allein an meinem Ruder und sehe mir das Ausmaß seiner dreimontatigen Anwesenheit an. Meine Vorräte sind aufgebraucht, die Segel sind rissig und überall finde ich Lecks und das Wasser strömt langsam auf mein Boot. Ich werde jemand brauchen, der mir hilft mein Schiff wieder fahrtauglich zu machen.

Ich habe unter Deck Logbücher anderer Kapitäne gefunden die das selbe durchgemacht haben. Ich habe sie die letzten Tage gut durchgelesen und viel gelernt. Es ist erstmal nicht wichtig den Meuterer für immer zu verbannen. Ziel muss es sein ihn Tag für Tag vom Ruder fern zu halten. Es ist mein Schiff und ICH entscheide welchen Kurs wir einschlagen. Kenne deinen Feind so gut wie dich selbst. Diesen Spruch habe ich mir zu Herzen genommen. Ich studiere ihn tagtäglich. Jedoch muss ich sagen er wird für mich immer ein Mysterium bleiben. Er agiert so oft nicht vorhersehbar, daher muss ich auf alles gefasst sein. Seit 3 Tagen höre ich nichts von ihm. Kein Mucks. Aber so ist es immer, wenn ich wieder das Ruder übernommen habe. Es ist trügerisch. Er gaukelt einem vor die Kontrolle zu haben und auf einmal schlägt er wieder zu und übernimmt das Schiff.

Das werde ich aber nicht mehr zulassen. Zumindest werde ich mein bestes geben. Ab jetzt muss ich mich auch nicht mehr alleine ihm gegenüberstellen. Ich bekomme Hilfe und zusammen werden WIR ihn für längere Zeit in seinem kleinen Kerker unter Deck verotten lassen. Er wird schwächer werden, das hab ich den Logbüchern der anderen Kapitäne entnommen. Aber er wird niemals verschwinden. Aber das ist ok. Er gehört nun auch zu diesem Schiff wie ich es tue. Wichtig ist nur das ich ihn nicht unterschätze und ihm die Kontrolle überlasse. Es wird immer raue Tage auf See geben. Genau an solche Tagen wird er stärker. Aber auch ich werde stärker und werde mein Schiff souveräner durch die Stürme lenken.

Das soll es erstmal gewesen sein. Ich beende für heute meinen Logbucheintrag. Ich werde mich bemühen täglich hier rein zu schreiben. Denn so wie ich von den Logbüchern der anderen Kapitäne gelernt habe, so können sie vielleicht auch etwas von meinem Kampf gegen den immer wiederkehrenden Widersacher lernen.

Euer Kapitän Romain. Ahoi
« Letzte Änderung: 18 Mai 2019, 19:53:33 von Niamor »

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Offline TAL

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Re: Ein neuer Kurs. Kampf gegen die Meuterei
« Antwort #2 am: 19 Mai 2019, 14:39:17 »
Hallo Roman,

herzlich Willkommen. :)

Vielen Dank für deine Beiträge.
Gerade die Antriebslosigkeit, bedingt durch das schier überwältigende Selbstmitleid, und die verquere Logik, weiterzumachen, damit man sein eigenes Scheitern bloß nicht eingestehen muß - ja, da war doch was...

Du hast viel nachgedacht - und teilweise schon in die Tat umgesetzt - Daumen hoch dafür! 'Auf die lange Bank schieben' ist bei sowas nämlich allzu oft gleichzusetzen mit 'wird nicht passieren'. Deine Mutter weiß bescheid und ist im Boot, damit wird es schonmal schwieriger, es dir doch noch anders zu überlegen.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, daß es schwer war, dich zu offenbaren. Klar, das Vertrauen ist erstmal weg, aber die anfängliche Enttäuschung und das Unverständnis wird dem weichen, was jeder in einer solchen Situation empfinden würde - dem Wunsch, jemandem, den wir gern haben, in seiner mißlichen Lage zu helfen. Nur wie?
Hier hast du dir ja bereits Gedanken gemacht, so wie sie mit Sicherheit auch.

Ja, es gibt Software, mit der sich der Zugriff auf Wett- und Casinoseiten blocken läßt. Eine davon wäre Gamban. Das kostet 12€ oder so pro Jahr für drei Endgeräte (in der mobilen und der PC / Laptop-Version), die Einstellungen könntest du von deiner Mutter vornehmen lassen. Ich habe mal gelesen, daß es auf Android super klappt, sich auf iPhones aber nicht so gut installieren läßt. Ich weiß aber nicht, inwiefern das tatsächlich stimmt, da ich selbst nie online gespielt habe.

Was die Bank betrifft... du kannst deinen Dispo kündigen, sobald du im Plus bist - oder ihn nach und nach reduzieren. Zusätzlich ließe sich das Onlinebanking kündigen, und maximale Auszahlungsbeträge pro Tag, Woche, und / oder Monat festsetzen lassen. Das geht am Schalter ohne viel Aufwand, bei meiner Bank war das nie ein Problem, es hat mich auch nie jemand nach dem Grund gefragt. Ich habe hier aber schon gelesen, daß Bankangestellte auf solche Bitten pampig reagiert haben. In einem solchen Fall machst du es einfach schriftlich - oder gehst in eine andere Filiale.
Ich habe damals Tilgungsraten für meine Kreditkarten festgelegt, sie gesperrt, und die neuen im geschlossenen Umschlag über der Toilette zerschnitten. Sobald sie auf 0 waren, habe ich sie gekündigt. Ich besitze bis heute keine mehr, das war auch nie ein Problem - sofern man nicht beruflich drauf angewiesen ist.

Du kannst dein Konto natürlich von deiner Mutter verwalten lassen, wenn du dich so sicherer fühlst, und es für sie kein Problem darstellt.  Das ist - wie so vieles andere auch - eine individuelle Entscheidung. Ich habe das nie gemacht, habe aber meine Karte immer auf der Arbeit gelassen. Finde eine Regelung, die für dich paßt, und belasse es so, denn je mehr das Thema Geld für dich im Alltag erstmal gedanklich in den Hintergrund rückt, desto besser. Wichtig ist nur, daß du dich selbst damit wohlfühlst.

Das Problem mit dem 'Gefühl für Geld' kenne ich. Das hat auch für mich eine Weile gedauert - und holt mich manchmal heute noch ein. Es ist eigentlich gar nicht wichtig, denn wenn man alles regelt, und sich nicht weiter selbst sabotiert, hat man auch genug davon, in deinem Haushaltsbuch kannst du das ja sehr gut sehen. Mit der Zeit wird es aber leichter, normal damit umzugehen.

Natürlich kann es immer mal wieder vorkommen, daß der Gute versucht, eine Meuterei anzuzetteln, gerade bei rauer See, wenn die Rationen zur Neige gehen, oder ganz einfach, wenn lange kein Land mehr in Sicht war. Mit ihm am Steuer wird es aber auch nicht besser, er kann keine Wunder bewirken, macht alles schlimmer und ist obendrein noch skrupellos, launisch und impulsiv, und jeder auf dem Schiff weiß das. Von daher wird er zeitnah davon absehen, offen zu rebellieren, und es hintenrum versuchen. Er wohnt schließlich dort, genau wie du, und kennt die Dynamik. Das funktioniert aber nur, wenn er in dem Rahmen auf fruchtbaren Boden stößt. Dem vorzubeugen ist auf lange Sicht das Ziel. Mit Hilfe geht das einfacher, damit hast du ja schon begonnen.

Wem du davon erzählst, und wem nicht, sollte meiner Meinung nach tatsächlich wohlüberlegt sein. Gerade in Arbeitsverhältnissen kann das unter Umständen Probleme geben. Das ist sehr privat, 'verstehen' wird es keiner, damit geht es letztlich nur die Leute etwas an, bei denen es für dich okay ist, wenn sie es wissen.
Sucht ist immer irrational, denke ich. Ich kann mir auch nicht vorstellen, jeden Tag zu trinken. Trotzdem verstehe ich sehr gut, wie das sein muß, wenn man glaubt, nicht anders zu können. Andere können das nicht nachvollziehen, wissen aber trotzdem irgendwie, daß da mehr hintersteckt als grobe Unvernunft - auch ihnen ist klar, daß das sicher nicht leicht ist.

Wie lief es heute bei deiner Mutter?

Du bist kein schlechter Mensch - bin ich auch nicht. Wir haben es in der Hand, es besser zu machen. Du bist da schon auf einem guten Weg... mach weiter so. :)

Re: Ein neuer Kurs. Kampf gegen die Meuterei
« Antwort #3 am: 19 Mai 2019, 22:22:50 »
Hallo Leute,
erstmal danke TAL, dass du dir die Mühe gemacht hast hier etwas zu schreiben. Heute schreibe ich mal wieder normal. Nicht das ihr denkt ich nehme das hier nicht ernst.

Ich habe mir bevor ich meine Mutter vom Bahnhof abgeholt hatte viele Gedanken gemacht, was ich ihr sagen werde. Als wir dann in Ruhe essen waren und wir uns über meine Sucht unterhalten haben war alles wie weggeblasen. Allerdings war es das beste Gespräch, welches ich je mit ihr hatte. Ich habe mit ihr über meine Gefühle, meine Ängste und meine Probleme gesprochen. So ehrlich und offen haben wir noch nie gesprochen. Es war irgendwie sehr befreiend für mich. Alles was ich über die Jahre versucht habe zu verdrängen, kam nun auf den Tisch. Sie hat verständisvoll reagiert, jedoch habe ich anfangs gemerkt, dass sie sich schwer tat mir in die Augen zu sehen. Sie erzählte mir auch, dass sie sich große Sorgen macht, da ich diese Krankheit nun mein Leben lang haben werde und dass sie nicht weiß wer auf mich aufpassen wird, wenn sie mal nicht mehr da ist. Da musste ich erstmal schlucken. Ich kann die Angst verstehen. Ich denke als Elternteil wünscht man sich nichts mehr, als das sein Kind später ein schönes Leben mit einer eigenen Familie führt ohne Sorgen und Nöte. Wir haben uns fast 3 Stunden lang unterhalten und so gut wie jetzt ging es mir lang nicht mehr.

Nun am Ende des Abends haben wir uns eine Aufgabenliste geschrieben mit Dingen die wir morgen in Angriff nehmen müssen.

-Beratungsstelle aufsuchen
-Programm an Laptop und Handy installieren
-Mit der Bank telefonieren
-Teilnahme an einer Motivationsgruppe welche bei mir um die Ecke immer Montags stattfindet

Es geht etwas voran. Wird beim ersten Beratungsgespräch schon über ambulante Therapien gesprochen oder erzählt man erstmal nur über sich und erörtert den Rest zu einem späteren Zeitpunkt. Wie kann ich mir so ein erstes Beratungsgespräch vorstellen?

Ich wünsche euch einen angenehmen Abend. Ach ja Tag 4 spielfrei  ;)

Re: Ein neuer Kurs. Kampf gegen die Meuterei
« Antwort #4 am: 20 Mai 2019, 22:56:19 »
Hallo an alle,

heute werde ich mich ein wenig kürzer fassen es war ein langer Tag und ich bin müde.

Heute habe ich in der Beratungsstelle angerufen und einen Termin für Mittwoch bekommen. Das Programm Gamban ist installiert und ich war in der Motivationsgruppe in einer Beratungsstelle. Meine Mutter war zeitgleich in einer Gruppe für Angehörige von Spielern, welche dort auch angeboten wird. In meiner Gruppe saßen mit mir drei weitere Spielsüchtige und ein Psychotherapeut hat die Stunde geleitet. Erst sollte ich mich vorstellen und danach durften die anderen mir noch Fragen stellen. Ich war anfangs sehr aufgeregt doch das legte sich sehr schnell. Ich muss ehrlich sagen es war eine super Erfahrung. Sich mit Leuten auszutauschen von Angesicht zu Angesicht die das gleiche durchmachen, lässt einen viele Parallelen in der Leidensgeschichte entdecken. Ich kam aus dem Nicken gar nicht mehr raus. Wir haben in dieser Stunde über die Vor- und Nachteile des Spielfrei Seins gesprochen. Vorteile konnten wir alle viele aufzählen bei den Nachteilen fielen uns erst keine ein. Nach und nach half uns der Psychotherapeut auf die Sprünge und wir erarbeiteten beispielsweise die Suchtverlagerung oder um ein anderes Beispiel zu nennen, die Zeit die man nun mehr zur Verfügung hat führt dazu sich mit seinen Ursprungsproblemen, welche eventuell zur Sucht geführt haben zu konfrontieren. Dadurch schwirren einem viele negative Gedanken im Kopf herum. Ich sehe diesen Nachteil eher auch als Vorteil, da man sich so der Wurzel allen Übels gegenüber stellt. Ich kann aber verstehen, dass es für manche alte Traumata wieder vergegenwertigt und so alte schmerzhafte Wunden wieder aufgerissen werden. Dies gehört für mich aber zum Heilungsprozess dazu. Im großen und ganzen war das eine super Sache und ich werde nächste Woche wieder hingehen. Für meine Mutter war es auch eine super Erfahrung, da sie mit dem Thema Spielsucht erst letzten Freitag konfrontiert wurde und bisher nicht wusste wie sie damit umgehen soll. In ihrer Gruppe waren sie nur zu dritt. Die Therapeutin und die Partnerin eines Spielsüchtigen. Viele Fragen meiner Mutter wurden so beantwortet. Was kommt auf meinen Sohn zu? Wie kann ich ihm dabei helfen? Was muss ich von ihm aber auch einfordern?

Fazit: Ich bin froh dort gewesen zu sein und meine Mutter auch. Tag 5 spielfrei.

Ich wünsche allen eine Gute Nacht.

Re: Ein neuer Kurs. Kampf gegen die Meuterei
« Antwort #5 am: 22 Mai 2019, 22:10:28 »
Hallo Leute.
Leider habe ich gestern nicht mehr geschrieben ich war abends einfach zu müde. Habe gerade viel zu tun mit Bachelorarbeit  und an meiner Genesung zu arbeiten. Heute war ein erfolgreicher Tag. Ich war bei meinem Beratungsgespräch und der zuständige Berater ist ein super netter Kerl. Die Stunde war sehr informativ und aufschlussreich. Er hat mir viele Fragen gestellt und auch ich konnte viel erfahren. Ob och eine ambulante oder stationäre Therapie mache, habe ich mir noch offen gelassen. Ich möchte erst die nächsten Beratungstermine bei ihm abwarten und dann entscheiden was für mich das beste ist. Nächsten Mittwoch habe ich meinen nächsten Termin. Freitag ist eine SHG zu der ich gerne hinmöchte. Heute habe ich auch eine Antwort von der Anwaltskanzlei Lenne erhalten bezüglich  Chargeback.Dort habe ich einen Termin am 28.05. Aber das ist eigentlich erst einmal zweitrangig. Im Fokus steht meine Genesung. Morgen reist meine Mutter wieder ab. Ich bin heil froh so eine Person in meinem Leben zu haben, welche mich in jeder Situation unterstützt egal wie schlecht es gerade läuft. Der Entschluss sie letzten Freitag anzurufen, war einer der besten die ich treffen konnte. Eine Krankheit wie die sucht lässt sich nicht ohne Unterstützung bekämpfen. Man braucht eine Person der man sein innerstes offenbaren kann. Denn hinter einer Sucht steckt immer eine Verletzung der Seele und da hilft es nur mit jemanden zu reden. So offene, ehrliche und lehrreiche Gespräche wie diese Woche mit meiner Mutter hatte ich in den letzten Jahren zu selten. Das möchte ich ändern. Ich bin jetzt seit 7 Tagen spielfrei und stolz auf jeden weiteren Tag. Ich werde aktiv daran arbeiten das es so bleibt. Ich wünsche euch allen die selbe Kraft und eine geruhsame Nacht. In diesem Sinne bis morgen

Re: Ein neuer Kurs. Kampf gegen die Meuterei
« Antwort #6 am: 23 Mai 2019, 22:12:46 »
Liebes Tagebuch.
Wieder ist ein Tag vergangen. Wieder sind 24 Stunden auf meinem spielfreien Konto. Dies ist nun meine neue Währung um die ich spiele.  Der Einsatz ist hoch, aber ich habe wieder Zeit gewonnen und so soll es weiter gehen. Aber dafür muss ich Tag täglich an mir arbeiten. Es wird mir nicht geschenkt. Ich muss stark bleiben. Heute habe ich mich wieder im Rahmen meiner Recherchen für die Bachelorarbeit viel mit dem Thema Sucht beschäftigt. Dieses Thema wird mich mein Leben lang begleiten. Meine eigene Sucht und später die meiner Patienten. Sie ist komplex, sie verändert sich, sie passt sich an, aber sie wird auch schwächer, wenn sie nicht genährt wird. Jedoch wird sie nie verschwinden.

Gestern hatte ich im Sportkurs für die Drogensüchtigen einen Neuankömmling. Er war verunsichert. War sich nicht sicher ob es eine gute Entscheidung war in meinen Kurs zu kommen. Ich konnte ihm die Angst nehmen. Die Angst vor dem Unbekannten. Die Angst sich für etwas neues zu öffnen und weitere Hilfe zu bekommen. Gestern war ein guter Tag. Heute war ein guter Tag und morgen wird es hoffentlich so weitergehen. Ich konnte gestern meine eigenen Erfahrungen die ich gemacht habe anwenden um jemandem zu helfen der Hilfe benötigt. Ich bin dankbar dafür. Ich sehe nun meine Sucht nicht nur negativ. Sie wird mich besser und stärker machen, aber nur wenn ich sie jeden Tag in ihre Schranken weise.

Bis morgen liebes Tagebuch

Re: Ein neuer Kurs. Kampf gegen die Meuterei
« Antwort #7 am: 26 Mai 2019, 12:05:32 »
Hallo liebes Tagebuch,
Entschuldige das ich mich die letzten zwei Tage nicht gemeldet habe. Es passiert allerdings derzeit auch nicht sonderlich viel. Ich lese viel in Foren zu Glücksspielsucht und versuche weiter an meiner Bachelorarbeit zu arbeiten. Leider muss ich sagen, dass ich die meiste Zeit mit den Foren verbringe. Man könnte es als eine Art Prokrastination beschreiben. Ich versuche aus den Beiträgen zu lernen und etwas nützliches für mich rauszuziehen.

Heute Nacht hatte ich einen Alptraum. In meinem Traum hatte ich wieder gewettet und viel Geld verloren. Angst stieg in mir auf und ich kann diese Angst immer noch spüren. Plötzlich wachte ich verschwitzt auf und war froh das es nur ein Traum war. Ich bin jetzt 11 Tage spielfrei und verspüre keinen Suchtdruck. Jedoch besorgt mich dieser Traum, da ich mich im Unterbewusstsein anscheinend sehr damit beschäftige. Wie kann ich diesen Traum einordnen ? Positiv, als ein weiterer Schritt der Abstinenz oder negativ, als das die sucht die Kontrolle meines Unterbewusstseins übernimmt.

Ich habe immer noch klare Ziele. Dienstag der termin bei Herr Lenné, Mittwoch das zweite Beratungsgespräch und dann arbeite ich erstmal von Mittwoch bis Sonntag auf einem Straßenfest als Barkeeper.

Ich habe in anderen Beiträgen die selbe Ungeduld gelesen, welche auch mich plagt. Mir geht das alles zu langsam ich will mehr tun. Aber so langsam beginne och zu verstehen, dass das einfach nicht geht. Langsam und stetig ernährt sich das Eichhörnchen. So lange ich einen Schritt vor den anderen setze und aktiv etwas gegen meine Sucht unternehme ist erst mal alles gut.

So das soll es auch mal wieder gewesen sein. Ich würde mich auch über Rückmeldung anderer Mitglieder dieses Forums freuen.
Schönen sonnigen Restsonntag noch euch allen.

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Offline TAL

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Re: Ein neuer Kurs. Kampf gegen die Meuterei
« Antwort #8 am: 27 Mai 2019, 03:09:04 »
Es ist immer schön, deine Beiträge zu lesen, und zu sehen, daß du dich aktiv um deine Genesung kümmerst, und auch deine Mutter Hilfe hat, sich mit der neuen Situation zurechtzufinden.
Das wollte ich nur mal sagen, auch wenn ich dafür gerade kurz mal dein Tagebuch kapern mußte. :)


Derartig 'direkte' Träume hatte ich lange nicht mehr. Ich erinnere mich aber daran, daß sie mich damals auch sehr verängstigt und verunsichert hatten. Warum träume ich davon? Ich will das nicht mehr! Was sagt mir das?
Normal träume ich eigentlich überhaupt nicht, oder nur extrem selten. Vor etwa zwei Wochen hatte ich aber einen Traum, bei dem ich mich an jedes Detail erinnere.
Ich war bei Bekannten, da klingelte mein Telefon (was es normal nie tut, da es immer lautlos ist). Ich mußte dann spontan irgendwohin, etwas abholen. Man lieh mir daraufhin ein Auto, was ich eigentlich nicht wollte, aber ich wurde überredet, weil es ja schneller geht. Ich stieg also ein, um nicht diskutieren zu müssen, aber stellte das Auto zwei Straßen weiter wieder ab, als ich außer Sichtweite war, da es Automatikgetriebe hatte - ich hasse das. Also ging ich einfach zu Fuß weiter zu meinem Ziel. Ich hatte ja Zeit.
Hinterher ging ich nach Hause. Ich hatte die Autoschlüssel in meiner Tasche schlichtweg nicht mehr auf dem Zettel, und es war dann doch schon ziemlich spät geworden.
Nachts klingelte es an meiner Haustür. Hö? Was denn jetzt noch los?
Dort standen drei aufgebrachte Personen, die mich beschuldigten, ihr Auto geklaut zu haben. "Wo ist es? Hast du es verkauft?"
"Was? Nein... nein. Es steht da hinten. Ich habe es doch gar nicht benutzt."
"Ach ja? Wirklich? Das ist schwach. Mehr hast du nicht parat? Wem willst du das denn erzählen? Wir werden sehen. Das ist ja mal wieder typisch. Wie dumm von mir, irgendetwas anderes zu erwarten. Wir sehen uns mit Sicherheit gleich wieder!"
Er riß mir den Schlüssel aus der Hand mit einem Kopfschütteln und einem angewiderten Gesichtsausdruck, während seine Frau leise murmelte "Mein schönes Auto...", dann gingen sie die Treppe runter. Mir schossen tausend Gedanken durch den Kopf. Hatte ich abgeschlossen? Was, wenn es wirklich nicht mehr da war...? Mit einem Kloß im Hals und zitternden Händen sah ich ihnen verstört nach, als der dritte sich auf dem Treppenabsatz nochmal umdrehte, und mich wütend ein wertloses Stück Scheiße nannte.
Da bin ich aufgewacht.
"Nein! Ich hab doch gar nichts gemacht. Ehrlich!"
Die Worte lagen mir noch beim Aufwachen auf der Zunge, und das Gefühl, wie ich dort im Treppenhaus stand, wollte noch eine Weile nicht wirklich weichen, als ich im Dunkeln an die Decke starrte.
Ich fühlte mich echt hundeelend, obwohl ich im Nachhinein die Personen gar keinen real exististierenden Menschen zuordnen konnte. Auch die Gegend und das Auto waren mir unbekannt.
Was sollte das? Und warum fühle ich mich wegen einer offenkundig fiktiven Handlung, als hätte mir jemand den Boden unter den Füßen weggezogen?

Ich denke, manchmal ist das einfach so. Unser Kopf verarbeitet Dinge, die uns beschäftigen, manchmal auch etwas zeitverzögert. Für mich war die größte Angst immer die Frage, was andere von mir denken würden.
Aber ein Traum ist eben das: ein Traum. Manchmal träumt man von grünen Männchen, und wenn man aufwacht fragt man sich ernsthaft... Wie konnte ich das für real halten?
Es muß also nicht immer alles eine tiefe metaphorische Bedeutung haben, denke ich. Spielen hat viel Raum in deinem Leben eingenommen, genau wie bei mir. Sowas zu verarbeiten ist okay, und auch das Gefühl danach erinnert uns dann daran, daß es eben keine schöne Zeit war. Das kann an sich schonmal nicht schaden. Wir sind eben auch nur Menschen.

Das mit der Geduld ist auch so eine Sache. Da hatte ich mich endlich entschlossen, etwas zu tun, und es tat sich... irgendwie nichts. Das war frustrierend.
Die Schulden waren immernoch da, finanziell ging es mir nach wie vor kacke, und auch sonst war alles beim Alten. Was hatte ich davon? Gefühlt ging es mir schlimmer als vorher. Dabei wollte ich doch beweisen, daß ich es besser kann. Ich hatte soviel Wille und Energie, etwas zu tun, wußte aber nicht so wirklich, was.
Tja, ich kann das nicht übers Knie brechen. Du hast völlig recht: Rom wurde nicht an einem Tag erbaut. Mit jedem Tag, mehr und mehr, merkte ich dann, was ich heute alles für Möglichkeiten habe, die ich vorher nicht hatte... selbst, wenn ich sie gar nicht nutze. Du bist auf einem guten Weg, der Rest geht dann ganz von selbst.

Oh... ich sollte mal schlafen. Wollte eigentlich nur sagen, ich lese deine Beiträge gerne, mach weiter so. :)

Re: Ein neuer Kurs. Kampf gegen die Meuterei
« Antwort #9 am: 27 Mai 2019, 22:05:16 »
Hallo liebes Tagebuch,
Erstmal danke Tal, dass du dir zu so später Stunde noch die Zeit genommen hast mir ein paar Zeilen zu schreiben. Ich denke ich habe wohl auch zuviel in den Traum hineingedeutet. Vielleicht haben meine Schwestern es damals doch geschafft mich von der Traumdeuterei zu überzeugen, obwohl ich mir sagte ihr spinnt  ;D Das Problem mit der Geduld habe ich meistens wenn ich nicht so viel zu tun habe. Heute war ich den ganzen Tag in der Bib und habe mich mit meiner Bachelorarbeit beschäftigt, da hatte ich gar nicht den Kopf ungeduldig auf den nächsten Schritt meinerseits zu warten. Dieser ist getan mit dem Beratungstermin am Mittwoch. Ab Mittwoch bin ich dann bis Sonntag in Mannheim arbeiten. Meine zwei besten Freunde werden auch da sein und da gehe ich eventuell den nächsten Schritt und werde ihnen von meiner Sucht erzählen. Einfach um zwei weitere Ansprechpartner in schlechten Zeiten zu haben in dem Wissen, dass sie immer für einen da sind. Im Moment geht es mir zwar sehr gut und ich verspüre keinen Suchtdruck, aber sowas kann sich ja immer schnell ändern und dann ist es wichtig Menschen zu haben mit denen man sprechen kann um dem "Meuteter" keine Angriffsfläche zu bieten. Ich bin guter Dinge und freue mich auf das Gespräch am Mittwoch, da der Therapeut sehr nett ist und mir auch kompetent rüber kommt.

So produktiv wie die letzten Tage war ich lange nicht mehr. Die Argumente für ein spielfreies Leben werden immer mehr, daher habe ich sie mir auch aufgeschrieben und in den Brief an mich selbst reingepackt um mir in schlechten Zeiten nochmal klar zu machen das Wetten keine Alternative ist um mit den Problemen umzugehen.
Tag 12 ist geschafft und ich sehe positiv  in die nächsten 24 Stunden.
Bis morgen dann kann ich auch von meinem Termin bei herr Lenné erzählen, wobei er mir wahrscheinlich auch nicht viel mehr erzählen kann, als das was ich bereits in diesem Forum gelesen habe.
« Letzte Änderung: 27 Mai 2019, 22:08:44 von Niamor »

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Offline Olli

  • *****
  • 7.338
Re: Ein neuer Kurs. Kampf gegen die Meuterei
« Antwort #10 am: 28 Mai 2019, 09:41:54 »
Guten Morgen Niamor!

Manchmal kommt es vor, dass ich jemandem nicht sofort schreibe.
Vielleicht ist es mein Helferkomplex, der bei Dir keinen akuten Bedarf zu sehen scheint und daher nicht befriedigt werden möchte.
Aber ich genieße diese Beiträge der Personen wie Dir auch.
Da hat sich jemand tierisch verrannt und schafft es dennoch die wichtigen Dinge zu erledigen, die es zu erledigen gibt.
Da braucht es niemanden, der einem z.B. sagt: Offenbare Dich Deinen Liebsten - Du musst das nicht alleine mit Dir ausmachen!
Trotzdem bin ich da - lese jeden Beitrag - bin gefesselt von Deinen Gedanken.

Weshalb ich jetzt schreibe, ist das Stichwort Träume.
In den letzten 2 Wochen hatte ich zwei Träume, die sich in den Jahren immer wieder einmal wiederholt haben.
Diese kann ich Dir aber gar nicht beschreiben. Ich weiss nur, dass ich sie kenne - von vorne bis hinten - von Anfang bis Ende.
Und wie in einem billigen Groschenroman fängt alles harmlos an - und endet in einem Desaster aus Angst und Versagen.
Beim letzten Traum habe ich es gerade noch geschafft mit einer Flucht in den Wachzustand einem solchen Ende zu entgehen.
Um vier Uhr morgens schaltete ich den Fernseher ein, um mich abzulenken und die Schlaftablette Werbung zu nutzen in süßere Träume zu entfleuchen.

Doch ich habe auch einen wiederkehrenden Traum vom Glückspielen.
Hier im Forum ist er sicher auch schon ein halbes dutzend Mal verewigt.
Als einstiger Automatenspieler befinde ich mich in einer Spielhalle.
Im Laufe meines Spielerdaseins war ich in hunderten. Gefühlte tausende dieser mechanischen Geräte haben dabei meinen Weg gekreuzt.
Und so träume ich von einem Ort, der viele dieser Spielhallen vereinigt.
Gerade noch in Halle A fließen Bilder aus meinen Erinnerungen von den Hallen B bis Z und AA bis ZZ ein.
Auch die Geräte verändern sich in Aussehen und Klang.
Jeder kennt sicher den Film "Die Zeitmaschine". Der Protagonist sitzt auf seiner Maschine und während die Zeitskala nach vorne rauscht, verändert sich die Landschaft. Häuser zerfallen, Wälder wachsen, Berge entstehen und erodieren wieder.
So kann man sich die Veränderungen der Geräte vorstellen.
Doch der Ort und die Geräte sind absolute Nebensache - sie erscheinen daher auch eher wie hinter einem Schleier aus Nebel.
Der Hauptakteur bin nämlich ich - es sind meine Gedanken und Gefühle.
Und so befinde ich mich dort - und weiss gar nicht, wie ich dorthin gekommen bin.
Ich spiele wie einst an mehreren Geräten und weiss gar nicht, wieso und weshalb ich sie überhaupt gefüttert habe.
Denn - meine jahrelange Spielfreiheit ist mir absolut bewusst!
Doch das Geld heraus drücken und gehen - ist ein Ding der Unmöglichkeit.
Ich sehe mich von Gerät zu Gerät hechten, um die Risikoleiter zu bedienen.
Auch sie ist nicht wichtig - das Ergebnis bleibt im Traum offen.
Als würde ich selbst neben mir stehen, wundere ich mich, wie ich wie eine Marionette handele.
"Lass die Finger davon!" schreie ich mich lautlos an - und meine Hände bedienen die Knöpfe.
Schuldgefühle überschwemmen mich. Fängt das jetzt alles wieder von Vorne an?
Wie kann ich bloß erklären, dass ich vor Monatsbeginn das Gehalt schon wieder verspielt habe?
Das geht doch gar nicht! Das versteht doch niemand! Ich verstehe es ja selbst nicht?
Die fadenscheinigsten potentiellen Ausreden erscheinen und vergehen in Lichtgeschwindigkeit.
"Ich will das alles nicht!" - und kann mich keine Spur bremsen.
Was ist das? Eine Eieruhr? - Was macht denn ein Wecker in einer Spielhalle?
Langsam aber stetig wache ich auf. Mit jeder Sekunde sickert die Realität in mein Bewusstsein.
Irgendwann bewirkt einer dieser Tropfen, dass das Faß der Ekenntnis, "Dies alles nur ein Traum war!", überläuft.
Erleichterung macht sich breit. Wohlwollend wärmende, mich durch jede Faser meines Selbst durchflutende Eleichterung ... Balsam für die Seele.

Ich weiss also, wie es sich anfühlen wird, wenn ich irgendwann wieder mit Spielen anfangen würde.
Ich weiss aber auch, dass der mittlerweile Normalzustand der Abstinenz sich eigentlich genau so anfühlt, wie die Erleichterung beim Aufwachen.
Dieser Traum macht es mir hier und da deutlich.
Und so bin ich dankbar, dass der Traum mich auch heute noch hier und da besucht.

Gute Träume!


Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Ein neuer Kurs. Kampf gegen die Meuterei
« Antwort #11 am: 28 Mai 2019, 21:29:10 »
Hallo Liebes Tagebuch,
Ich wollte keine Kritik äußern das sich hier keiner meldet. Ist vielleicht falsch rüber gekommen. Ich bin dankbar für jede Anregung von jedem hier, aber am Ende steht und fällt alles mit mir. Ich muss immer weiter an mir arbeiten um spielfrei zu leben. Danke dir Olli für die Erfahrung mit deinen Traum, dass kam meinem Erlebnis schon sehr nahe.
Heute war ich in der Anwaltskanzlei Lenne zu Gast. Dort hat mich Herr Kutz empfangen. Ein sehr freundlicher und wie mir scheint kompetenter Anwalt. Er hat mich gut beraten und wir gehen zusammen den CB an. Die Rückbuchungen der letzten 8 Wochen sind nun auf meinem Konto und werden jetzt auf das Konto meiner Mutter überwiesen um kein Risiko einzugehen. Ich verspüre allerdings auch nicht den Drang damit zu spielen. Zu allgegenwärtig ist die Enttäuschung, welche meine Mutter empfand. Mich hat dieses ganze CB Thema eher belastet so das ich froh bin mich jetzt nicht mehr darum kümmern zu müssen, da mein Anwalt das jetzt regelt. Wichtiger für mich ist morgen mein Beratungsgespräch und ich bin schon neugierig, was mich morgen dort erwartet. Morgen bin ich alleine dort und erhoffe mir ein gutes Gespräch mit meinem Berater, bei dem ich ein gutes Gefühl habe.
So ich bin fertig für heute und gehe jetzt schon ins Bett. Ein weiterer Vorteil des "spielfrei" seins, man geht früh ins Bett und schläft gut. Tag 13 und weiterhin spielfrei.
Bis morgen

Re: Ein neuer Kurs. Kampf gegen die Meuterei
« Antwort #12 am: 03 Juni 2019, 22:01:34 »
Hallo liebes Tagebuch,
Ich melde mich mal wieder. Ich war doe letzten Tage mit Arbeit gut beschäftigt und hatte das Glück mit meinem besten Freunden vier Tage lang hinter einer Bar zu arbeiten. Es hat wirklich super viel Spass gemacht und Tat auch wirklich gut meine besten Kumpels mal wieder zu sehen. Ich habe gemerkt das ich das öfter brauche. Dadurch das wir alle in anderen Städten wohnen ist das alles nicht so einfach aber nicht unmöglich. Ich hatte viele gute Gespräche mit ihnen und wir haben uns vorgenommen, uns öfter zu besuchen. Ich denke zum Teil war auch die Einsamkeit und Anonymität in der Großstadt ein Problem für mich. Weit weg von Freunden und Familie zu sein ist nicht immer leicht und begünstigt bestimmt eine sucht. Ich habe die letzten Tage weiterhin keinen Gedanken an wetten verschwendet. Jedoch ist mir eine Sache aufgefallen. In diesen paar Tagen war mein Leben wie früher vor dem spielen und ich habe mich dabei ertappt, wie ich mir kurz dachte. Schau du bist doch gesund es ist wie früher. Ich habe diesen Gedanken schnell verworfen, da mir bewusst ist das dem nicht so ist. Mir ist aufgefallen, dass man einfach immer auf der Hut sein muss und immer weiter an sich arbeiten muss.

Heute ist mein Praktikum in der Drogenklinik losgegangen. Der Tag war super interessant und ich habe viel gelernt. Vor allem für mich persönlich. Ich habe mir heute Abend die Zeit genommen und die Gespräche mit den Patienten nochmal reflektiert und viele Parallelen zu meiner sucht gefunden. Jeder Mensch und jede sucht ist unterschiedlich aber der Wunsch nach Abstinenz ist bei allen gleich. Zumindest bei den Menschen die ihre Krankheit angenommen haben und nun etwas dagegen tun wollen. Heute habe ich mit einem ca. 40 jährigen unterhalten. Er war drei Jahre Clean und hatte vor kurzem einen Rückfall, weil er persönliche Probleme hatte. Nun war er wieder in der Entgiftung. Er erzählte mir das er jetzt inzwischen eine Frau und einen Sohn hat. Ich habe richtig den Willen und das Feuer gespürt, das er unbedingt für seine Familie da sein will und dafür muss er Clean sein. Ich glaube er könnte es schaffen. Die Liebe zu seiner Familie gibt ihm Kraft und er hatte auch bewiesen, das er es ohne Drogen kann. Nur ein schwierige Zeit hatte wieder die Türen für den kleinen suchtteufel geöffnet. Genau in diesen Zeiten ist es wichtig sich Strategien zu erarbeiten, die einen durch den Sturm bringen. Der Rückhalt von Familie und Freunden ist aber genau so wichtig, denn wir werden im Leben immer mal schwierige Phasen haben. Ich hoffe das wenn es bei mir soweit ist, ich die richtige Entscheidung treffe. Ich habe das Glück Freunde und Familie hinter mir zu haben, die mir durch jede schwere Zeit helfen werden. Nun gilt es sie nicht zu enttäuschen und immer weiter an mir zu arbeiten, dass ich für diese Zeiten gut gerüstet bin. Ich sehe weiterhin positiv in die Zukunft. Ich bin nun 19 Tage spielfrei und stolz auf mich. Mittwochabend will ich in Köln zu einer sgh der anonymen Spieler. Ich bin gespannt was mich erwartet. Dann bis morgen. Jetzt habe ich wieder die Zeit täglich zu schreiben

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Offline andreasg

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Re: Ein neuer Kurs. Kampf gegen die Meuterei
« Antwort #13 am: 04 Juni 2019, 11:23:03 »
Hallo Niamor,

schön wie Du Dein Tagebuch beschreibst, und auch auf das Schicksal eines Drogenabhängigen siehst, und mitfühlst?.
19 Tag frei vom Spielen, vom Suchtmittel, Herzlichen Glückwunsch.


Das Kölner Meeting ist sehr intensiv und wird gut angenommen, so höre ich es in Hannover.
Eine Wegbeschreibung sollte folgen, denke ich, Olli kennt den Weg.

Liebe Grüße

Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

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Offline Olli

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Re: Ein neuer Kurs. Kampf gegen die Meuterei
« Antwort #14 am: 04 Juni 2019, 11:28:35 »
Hi!

Lang, lang ist´s her ... :)
Wenn Du auf der Schildergasse vor der Antoniterkirche stehst, geht rechts davon ein Weg ab.
Vorbei an einem Cafe hälst Du Dich links.
Am Ende des Zaunes kommt links ein Eingang.
Warte hier, bis die anderen erscheinen.
Die Viertelstunde vor dem Meeting wird nicht nur genutzt, um dem Nikotin zu frönen, hier wird sich erst einmal kennen gelernt.
So war es wenigstens vor 12 Jahren noch ... :)

Gute 24 h
Olaf


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