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Was suchen wir?

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Was suchen wir?
« am: 20 Oktober 2007, 19:43:11 »
Sucht ist abgeleitet von dem Tätigkeitswort suchen. Süchte bergen in ihrem innersten Kern die Suche nach Erfüllung. Wo liegt also die Quelle Eurer Spielsucht?
Wenn Ihr sie gefunden habt, könnt Ihr auch loslassen.
Ich bin schon gespannt auf Eure Antworten.
Viele Grüße
Holger  :)

Re: Was suchen wir?
« Antwort #1 am: 21 Oktober 2007, 03:48:37 »
Hallo Holger,

was suche ich?  Was ich gesucht habe, dass habe ich gefunden: mich! Und noch einiges mehr:

gefunden habe ich einen Erzeuger, der leider nicht mehr lebt.
Eine ältere Schwester, von der ich immer dachte, dass sie ein älterer Bruder wäre, die ich im letzten Jahr kennen- und lieben lernte und die ich nie wieder missen möchte -und sie mich auch nicht, wie sie sagt.

Loslassen dafür mußte ich eine Mutter - und damit meine  Familie, die ich bis dato kannte.  Eine Mutter, die  meine Suche nie verstanden und immer unterbunden hat und gleichzeitig loslassen durfte ich meine Sucht. Als ich nach vielen vielen Jahren im letzten Jahr gleichzeitig mich mit Beendigung eben dieser Sucht  auf die Suche nach meiner Herkunft machte und fündig wurde, verurteilte mich meine Mutter und nahm mir meinen Vater und meine anderen Geschwister. Meine Mutter lebt seitdem ich mich outete in der festen Überzeugung, dass ich meinen Papa (den, bei dem ich aufgewachsen bin) und meine 3 jüngeren Geschwister (mit denen ich aufgewachsen bin) mit Füssen trete und die alleinige Schuld daran trage, dass diese 4 Menschen nichts mehr mit mir zu tun haben wollen (sie setzt alles daran). Außerdem gebe ich ihr die Schuld, das ich spielsüchtig bin - sagt sie!!

Mittlerweile bin ich - auch mit Hilfe meines Psychologen - zu der Erkenntnis gelangt, dass meine Mutter immer die komplette Kontrolle über mich hatte. Mit meinem festen Willen, endlich mich selbst kennenlernen zu wollen, hat sie diese Kontrolle über mich verloren.

Natürlich gebe ich ihr keine Schuld! Es waren die Lebensumstände die sie zwangen, mit mir und ihrem eigenen Leben auf ihre Weise klarzukommen. Aber das will sie nicht hören. Wortwörtlich sagt sie, "sie hat ihren Rucksack wieder aufgesetzt und nun ist er noch ein wenig schwerer geworden, aber sie trägt ihn tapfer, hat ihn schon immer tapfer getragen." Ich gäbe Ihr die Schuld an meinem verkorksten Leben. Mein Papa (Stiefvater) hat schon immer gesagt: "Süchtigen gehört der Kopf ab!". Von mir behauptet er, dass ich es sowieso nie schaffen würde, davon loszukommen, weil Süchtige sind nicht liebens- und lebenswert.

Ich für mich mußte entscheiden, was mir wichtiger ist. In Untreue mit meiner wirklich Herkunft zu leben oder in Treue. Ich habe mich für die Treue entschieden und damit den Spieldruck ablegen können. Dafür mußte ich meine Familie loslassen, die ich bis dato als die einzige kannte. Das ist mir sehr schwergefallen und es klingt immer noch bitter, wenn ich diese Zeilen jetzt lese.

Nur, inzwischen habe ich erkannt, dass ich ein Mensch bin, mit Gefühlen und Gedanken, mit Worten und Taten. Nicht nur eine Marionette! Ich lebe seither ohne Spieldruck, ohne Rückfall und ich stehe zu mir. Es ist ein spannendes Leben, sich selbst immer näher kennenzulernen, sich zu begreifen und sich Schwächen und Fehler zuzugestehen, aber trotzdem aufrecht und mit Stolz durchs Leben zu gehen.

Traurig und auch zornig bin ich, weil mir nicht einmal meine Geschwister, mit denen ich aufwuchs, auch nur andeutungsweise die Gelegenheit gaben, die Dinge  ein einziges Mal aus meiner Sicht darzustellen. Verstehen allerdings tue ich sie, Sie würden ebenfalls plötzlich ohne Eltern dastehen, wenn sie es wagen würden. Ein Zitat meiner Mutter: "Ich habe allen meinen Kinder das Gehen gelehrt, Laufen müssen sie alleine." Ein Zitat meines Therapeuten: "nur das alle humpeln, dass übersieht Deine Mutter leider dabei."

Es tut weh - immer noch! Aber der Schmerz ist nichts im Vergleich dazu, sollte ich jemals wieder anfangen zu spielen, dass weiß ich mit Sicherheit.

Gruß

Marlies


*

Marzipine

Re: Was suchen wir?
« Antwort #2 am: 22 Oktober 2007, 13:12:11 »
Hallo Holger,
auch ich kann heute sagen "ich habe in diesem Jahr viel gefunden" wahrscheinlich noch nicht alles aber es kann nur besser werden, wenn ich nicht mehr spiele. Ja warum habe ich eigentlich gespielt weil die Wanne übergelaufen ist, weil ich mich betäubte, weil, weil und nochmals weil!!!!!!!!!!!!!
Endlich lerne ich etwas für mich zu tun. Meine Eltern hatten eine Firma (sind beide tot)die sehr im Vordergrund stand und ich war die Älteste. Es fehlte mir an nix außer an Liebe. Ich war immer für meinen Bruder da und dann holte meine Mutter Zwillinge aus einem Kinderheim und auch für sie war ich da. Alles was so passierte, ich war dran schuld. Gut, wie schon erwähnt, mir fehlte es an nix außer ....!
Das prägte mein Leben. Ich war stark und ich wollte immer, dass es Anderen gut geht. Mich habe ich dabei vergessen. So waren auch meine Beziehungen, ich wollte dass es meinem Partner gut geht. Obwohl mich mein Mann betrog, verbal verletzte ich ließ es zu (heute mache ich ihm keinen Vorwurf mehr, es war meine eigene Schuld), ich lebte nur nach seinem Leben; ich tat was er wollte, habe mein eigenes Leben aufgegeben. Sogar nach seinem Selbstmord rannte ich ihm noch nach. Ich suchte ihn mit einem Medium ich konnte nicht loslassen. Ich konnte mein eigenes Leben nicht führen. Meine Tochter konnte mit mir machen was sie wollte, zum Schluss hat sie sich immer durchgesetzt. Dann kam die Spielbank im Jahre 2003. Die Automaten hatten mich ruck zuck in ihrer Gewalt, war keine Kunst. Ich gab mir den Rest. Mit meinen 49 Jahren fange ich an so zu leben wie es mir gefällt. Ist auch ein Studium für sich, ist nicht so einfach. Aber ich bin z.Zt. happy. Ich habe einen Hund, war früher gar nicht daran zu denken, habe meinen Garten mit Blumen, mache meinen Sport, lebe ohne Fleisch, habe den Scheiß nur zu mir genommen, da mein Mann u. Tochter das so wollten. Ich mag Fleisch eigentlich gar nicht. Ich schaue nur noch Glotze "was mir gefällt", meide alle Kneipen dieser Welt, da ich immer zu einem Stammtisch mit meinem Mann musste. Ja das sind die kleinen Dinge, die ich mir aufbaue. Ich gestalte meinen Urlaub ohne schicke Klamotten, flanieren und gepflegt essen gehen, nein ich stehe in den Badeklamotten u. voller Sand an den Beinen am Fischstand abends um 19.00 Uhr und genieße das. Ich spüre dass ich Lebe und genieße solch einen Augenblick.
Die Spielbank ist für mich kein Thema mehr (ich meine damit ich habe kein Verlangen dort hinzugehen). Da ist kein Druck mehr, weder von Lothar (mein verst. Mann) noch von einem Automaten, da bin nur ich. Meine Tochter hat seit einem Jahr eine eigene Wohnung und wir verstehen uns jetzt super gut, sie lebt ihr leben und ich meines, so wie ich/sie es will. Ja was brauche ich eigentlich noch? Na klar ich spare jetzt Geld für einen super tollen Abendteuerurlab irgendwo in Skandinavien. Nächstes Jahr wird es noch nicht klappen aber so in 2 - 3 Jahren wird der Tag kommen, wo ich meinen Seesack packe und für ein paar Wochen abhaue  ;).
Gaaaaaaaaanz wichtig für mich ist, gesund bleiben, d.h. keinen Spielrückfall und keine schlimmen Krankheiten. Meine Arbeit behalten, aber da muss ich zugeben war ich immer ein Sonnenkind und ich sehe auch nicht, dass sich das ändern sollte.
Aber es ist auch ganz wichtig für mich zu meinem Zockerleben zu stehen, es gehört zu meinem Leben wie alles andere auch. Es ist meine ganz persönliche Note, ich habe nämlich daraus gelernt. Ich weiß heute vieles mehr, dass ich, wenn ich nicht dem Spiel verfallen wäre, niemals rausgefunden hätte.
Also alles in allem geht es aufwärts juhuuuuuuuuuuuuuu.
LG Martina
« Letzte Änderung: 22 Oktober 2007, 13:18:21 von Marzipine »

 

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