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Spielsüchtig und doch nicht richtig, oder?

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Spielsüchtig und doch nicht richtig, oder?
« am: 23 August 2007, 16:25:46 »
hallo,

habe diese Seite durch Zufall entdeckt.
Ich bin 26 Jahre alt und ich denke oder bin mir sicher das ich seit fast drei Jahren Spielsüchtig bin. Aber nur nach Automaten. Karten oder sonstiges interessiert mich nicht. Arbeite seit 3,5 Jahren in einer Kneipe als Bedienung. Ich habe vorher nicht mal gewusst, was ein Spielautomat ist geschweige den wie er funktioniert. Ehrlich wahr. Mein Chef hat mehrere Geldspielautomaten in seiner Kneipe stehen. Drei reguläre Automaten mit den Supersonderspielen und 20 cent pro Einsatz. Ihr wisst schon was ich meine. Aber die interessieren mich auch nicht. Er hat einen verbotenen Magic Games. Ein Teufelskasten der schluckt und schluckt oder auch viel ausbezahlt. Das ich angefangen habe zu spielen war Zufall. Meine Arbeitskollegin (Gelegenheitszockerin) fragte mich ob ich lust hätte mit ihr um jeweils 10 euro zu zocken. Wir haben nichts gewonnen und ich weiß noch genau wie weh mir das damals getan hat, 10 euro für so ein scheiß verloren zu haben. Damit war das Thema für mich erledigt. Monate später war in der Kneipe nichts los, mir war langweilig und ich dachte, jetzt probierste mal allein einen zehner. Und plötzlich hatte ich 350 euro gewonnen. Und das war der Anfang. Anfangs noch einmal bis zweimal die Woche. Kontrolliert und Diszipliniert. Konnte aufhören wenn ich verloren hatte und auch mal eine Pause machen.

Jetzt spiele ich seit 2 Jahren täglich. Ohne einen Tag Pause. Nur wenn ich frei habe habe ich Spielfreien Tag. Ich habe einige Schulden gemacht. Kredite und auch bei Freunden. Ich habe auch öfters wieder größere Beträge gewonnen aber das gleicht meine Miesen nicht wieder aus. Jedesmal sage ich mir das jetzt Schluß ist. Das ich gegen den Automat keine Chance habe. Viele Leute haben es mitgekriegt. Haben auf mich eingeprädigt. Und mir kommt das alles auch sehr sinnvoll vor, was sie sagen. Sie haben recht. Aber ich kann es nicht lassen. Wenn ich nach der Arbeit heim komme und wieder Schulden gemacht habe, weil ich mir wieder Geld zum Zocken geliehen habe, sage ich immer wieder das es jetzt vorbei ist, das das krank ist und mich zerstört. Doch am nächsten Tag ist alles wieder wie weggeblasen, alles ist dann plötzlich halb so schlimm. Und dann geht das ganze wieder von vorne los. Mit der Hoffnung das verlorene Geld wieder zurück zu gewinnen.

In Spielcasinos oder Spielhallen gehe ich nicht. Dafür würde ich mich zu sehr schämen.

ES IST NUR DIESER EINE VERDAMMTE AUTOMAT!!!
Ich habe letzte Woche meine Arbeit gekündigt. Ich muss dort raus sonst habe ich keine Chance.

Glaubt ihr, das es dann vorbei ist??? Bin ich richtig Spielsüchtig? Die Frage habe ich mir schon oft gestellt. Wenn ja, warum gehe ich dann nicht in Spielhallen?

Liebe grüße an meine Gleichgesinnten

*

winnetou1

Re: Spielsüchtig und doch nicht richtig, oder?
« Antwort #1 am: 23 August 2007, 16:54:13 »
Hallo Estha,

ein willkommen im Forum.
Du nimmst Dir vor Morgen nicht zu Spielen und tust es trotzdem?! Dadurch ist für mich klar, Du hast die Kontrolle verloren somit bis Du Spielsüchtig. Diese Frage warum Du nicht in Spielhallen gehst, solltest Du Dir nicht stellen. Ich ging zwar in Spielhallen, aber ich hatte kein Interesse an Ballerspielen und auch nicht an Onlinespielen. Das ist aber völlig unwichtig nach welchem Spiel ich Süchtig bin.

Ich glaube nicht dass die Sucht dadurch vorbei ist indem Du den Job aufgibst. Ich versuche es Dir mal zu beschreiben.  Früher glaubte ich wenn ich den richtigen Job habe gehe ich nicht spielen, wenn ich die richtige Frau habe gehe ich nicht spielen, wenn ich die richtige Wohnung habe gehe ich nicht spielen………………..usw. Das war ein Trugschluss, denn egal was ich habe oder wo ich bin, ich bleibe ich! Und die Sucht ist in mir, also kommt sie überall hin mit.

Ich brauche gegen meine Sucht Medizin, das heißt Hilfe. In Form von Therapien, Selbsthilfegruppen und auch hier das Forum. Ich muss immer wieder den Spiegel von Gleichgesinnten vor Augen haben um nicht stehen zu bleiben oder Rückfällig zu werden.
Ich musste Aktiv werden, alleine der Wille hat bei mir nicht ausgereicht.

Ich habe mir jeden 3. des Monates wenn mein Geld mal wieder verzockt war vorgenommen, das war das letzte Mal. Das ging dann 4 Wochen gut und mein Suchtteufel sagte mir siehst Jürgen klappt doch. Hatte aber nur geklappt weil ich mein Sucht Mittel Geld nicht hatte. Bis zum 30. des Monats, sogar bis ich vor dem Geldautomaten stand war ich fest entschlossen nie wieder Spielen zu gehen. Ich gab mein Pin ein das Geld kam raus und wie Automatisiert ging ich in die Spielhalle. Dieses Verhalten wiederholte sich über Jahre!

Ich glaube jetzt habe ich Dir erstmal genug Futter zum Nachdenken gegeben. *grins*

Liebe Grüße
Jürgen


Re: Spielsüchtig und doch nicht richtig, oder?
« Antwort #2 am: 23 August 2007, 17:39:21 »
ja, da hast du recht, die Sucht ist in mir und wird mich immer begleiten. Über eine Therapy habe ich schon nachgedacht. Mein Job kündige ich auch, weil ich in eine andere Stadt ziehe, zu meinen Eltern zurück (sie wissen nicht das ich süchtig bin) um mein Abi nachzuhohlen und wieder ein Zíel zu haben. Ich habe dort auch nicht viel Geld, werde dort nicht arbeiten, mich nur auf die Schule konzentrieren, meine Eltern finanzieren mich. Ich will sehen, wenn ich weit weg von "meinem" Automat bin, ob ich es tatsächlich wage eine Spielhalle zu betretten oder ob ich durch diese Situation meine Sucht in den Griff bekomme.

*

winnetou1

Re: Spielsüchtig und doch nicht richtig, oder?
« Antwort #3 am: 23 August 2007, 18:04:01 »
Hallo Estha,

schade ich habe gerade das Gefühl mein geschriebenes ist nicht bei Dir angekommen. Wenn Du nicht aufpasst bekommt die Sucht Dich im Griff! Du bist hier nicht zufällig gelandet. Dein Unterbewusstsein will Dir etwas sagen. Deine Antwort zeigt mir wie viel Macht der Suchtteufel noch über Dich hat.

Pass auf Dich auf, Du bist noch sehr jung und Du hast Dein Leben noch vor Dir. Nimm Bitte Dein Unterbewusstsein Ernst.

Liebe Grüße
Jürgen

Re: Spielsüchtig und doch nicht richtig, oder?
« Antwort #4 am: 23 August 2007, 18:37:46 »
hallo winnetou,

warum denkst du, ich habe dich nicht verstanden. Ich habe dich schon verstanden. Ich werde die Sucht immer in mir haben. Es kann sein, dass ich ein jahr nicht spiele, weil ich kein Geld habe und sobald wieder Geld da ist, ich wieder anfange.
Ich weiß, was du mir sagen willst.

Aber meinst du, jeder Mensch der mal Spielsüchtig war, war bei einem Therapeuten? Glaubst du, kein einziger hat es allein und mit seiner eigenen Willenskraft geschafft? Ich kenne jemand der es geschafft hat. Der seit fast 10 Jahren keinen Cent verspielt hat.

Was ich dir damit sagen will ist,  das doch die Möglichkeit besteht das auch ich es schaffen kann. Mich von meiner Sucht zu lösen bzw. zu entfernen. Das ich, habe ich erst genug Abstand von dem Automaten genommen, eine andere Sicht bekomme. Wieder klarer sehe. Und nie wieder in so eine Situation kommen möchte???
Das ich süchtig bin weiß ich. Aber bin ich den nicht nur süchtig nach meinem Automat. Den ich kenne? Den ich abschätzen kann (sofern dies möglich ist), da ich als Bedienung dort sehe was ausgezahlt worden ist und was nicht. Besteht den nicht die Möglichkeit, da es mich noch nie in Spielhallen und Casinos getrieben hat, das ich die liebe zum Spielen verliere wenn ich "meinen" Automaten verliere?
Denkst du nicht das das Möglich ist?

*

winnetou1

Re: Spielsüchtig und doch nicht richtig, oder?
« Antwort #5 am: 23 August 2007, 18:59:16 »
Hallo Estha,

natürlich hast Du Recht jeder Mensch ist anders. Auch ich kenne eine Person die 15 Jahre trocken vom Alkohol ist ohne Hilfe. Aber ich kenne auch ein paar 100 die es alleine schaffen wollten und es nicht geschafft haben.
Auf jedem Fall drücke ich Dir die Daumen das Du es schaffst. Egal wie!

Liebe Grüße
Jürgen

*

Offline andreasg

  • *****
  • 2.080
Re: Spielsüchtig und doch nicht richtig, oder?
« Antwort #6 am: 24 August 2007, 09:12:59 »
Hallo estha,

das ist ein netter Zufall, daß Du hier im Forum bist und gepostet hast.
Ist es nicht, ist kein Zufall!

Natürlich weiß ich nicht, wie es in Dir aussieht, natürlich habe ich kein komplexes Bild von Deien Lebensumständen. Ich kann mich ja nur auf das berufen was Du outest und von meinen Erfahrungen berichten.

Der Job in der Gaststätte hat Dich nicht ausgefüllt, Du wurdest dort hingetrieben, durch vorhergehende Erlebnisse, wie Gewohnheit? Also ein vertrauter Weg!
Und dann dieser Super - Geldspielautomat mit seiner bildlich schrecklich fressenden Manie!
Das kenne ich wieder von mir. Ich habe über Imbisstuben, Bierstuben in die Spielhallen gefunden. Und ich hatte den einen Lieblings - Spielautomaten.
"Wenn der ausgedient hat höre ich auf zu Spielen!"
Der nächste Automat kam..."Also an diesem Modell hole ich mir jetzt mein Geld zurück!; der übernächste: "Wenn die anderen Spielstätten den auch hätten müßte ich nicht warten, bis der frei wird!" Ich habe mich in das Glücksspiel hinein gesteigert, kontinuierlich mit wachsendem Kontrollverlust.Am Anfang habe ich nur an einem Automaten gespielt, zum Schluß 3 Automaten gleichzeitig, keine Lieblingsautomaten mehr. Steigender Geldverlust. Steigende Selbstverwerfung. Gefangen in der Sucht.
Ich habe meine Identität im Glücksspiel verloren. Durch den Weg in meine Selbsthilfegruppe und in eine Psychosomatische Klinik habe ich meinen Bezug zu Geldspielautomaten verloren, nein ich habe Angst, den Automaten zu nahe zu kommen und meide Spielstätten aller Art!
Wenn Du estha schreibst, Du möchtest das Abitur machen , ist das eine wunderbare positive Hoffnung die der Mensch hegt, ja vielleicht auch Du, um aus einer beklemmenden Situation heraus zu finden. Es ist ein mutiger Schritt, das lese ich auch!
Die Kraftquelle können immer wieder Freundschaften sein.
Durch meinen Weg in die Spielfreiheit habe ich viele Freunde gefunden und wenn Du meine Postings verfolgsen magst, freue ich mich über jeden kleinen Fortschritt.
Schöne 24 Stunden
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

Re: Spielsüchtig und doch nicht richtig, oder?
« Antwort #7 am: 24 August 2007, 22:19:04 »
Bin ich richtig Spielsüchtig?

Was sollte denn deiner Meinung nach "falsch" oder "halb" spielsüchtig sein? Das Meiden von Spielhallen?

Wenn ja, warum gehe ich dann nicht in Spielhallen?

1. Weil es genügend andere Lokalitäten gibt, in denen man Spielautomaten findet.
2. Damit du dir noch ein bisschen vormachen kannst, dass du nicht süchtig bist.
3. Weil die Spielhalle doch ein bisschen mit Hemmschwelle verbunden ist. Die lässt du dir noch offen, damit du Punkt 2 noch ein bisschen pflegen kannst.

Schön, dass du hier den richtigen Schritt in die richtige Richtung gemacht hast und schon mal den Kontakt mit dem Thema und Betroffenen bzw. Interessierten bzw. Therapeuten suchst. Ich glaube, da gibt es noch eine zweite Hemmschwelle (die erste hab ich oben erwähnt): Die Inanspruchnahme professioneller Hilfe. Ich wünsch dir Mut, um diese zweite Schwelle zu überwinden.

BZH

 

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