Hallo Goldfield,
das "Unten Ankommen" ist ein sehr persönliches Erlebnis. Bei mir war es nicht der totale Zusammenbruch.
Wenn ich mir einmal das Video auf der Site:
www.verspiel-nicht-dein-leben.de ansehe, kann ich nur ernüchternd sagen:
- Ich habe nie ein Auto besessen;
ich habe nie ein Haus geerbt, oder gar gebaut;
ich habe keine eigene Familie gegründet.
Es gibt viele Gründe, daß oder warum ich gespielt habe, aber ich bin Heute davon überzeugt, der Spielsucht nicht aus dem Weg gehen zu können, sie aber Heute, Einen Tag zur Zeit ruhen, zu lassen und nicht Spielen zu müssen.
Ich war davon fest überzeugt, wenn meine Art des Spielens auffällig wird, also daß ich als Spieler erkannt werde, suizidiere ich mich! Folgerichtig habe ich mich in den Morgenstunden eines bilderbuchschönen Augusttages an den Bahndamm gestellt, das Leben war stärker. 10 Tage später war ich bei der Kripo. dicht geschriebene 4 Seiten habe ich zu Protokoll gegeben, der Beamte wies auf das Aktenregal mit dem Verweis: "das sind alles Spielerakten". Kurze Zeit später war ich in der Selbsthilfegruppe, und ich war endlich nicht mehr alleine! 2 X 2 Stunden in der Woche ohne Spiel, das konnte ich ertragen, bin aber ehrlicherweise nur einmal nach dem Gruppentreffen in die Spielhalle gegangen.
Ich muß dieses Problem mein Leben lang aushalten, daß mich Spielautomaten antriggern, daß der Anblick von Spielstätten mir Groll bereitet. Erst diese Situation, der Ohnmacht brachte mich zur Kapitulation.
Ich habe noch schwere Phasen erleben dürfen, um meine Spielfreiheit manifestieren zu können:
Mein damaliger Arbeitgeber, der mir nur ein kleines Gehalt vorher gezahlt hatte, sah sich jetzt meinen Forderungen nach Gehaltserhöhungen gegenüber. Ich lerne meine damalige Ehefrau kennen, alles für mich unbekanntes Terrain. Mir ging es gut, und ich hielt das nicht aus, wurde zwanghaft, suchte die Nähe einer versteckten Spielstätte (Imbissstube im Hauptbahnhof), und qualmte wie ein Schlot!
Dann kam im August 2000 die Insolvenz des Arbeitgebers. Mit einem 2,00 DM Stück in der Hand rannte ich aus dem Imbiss, das Spiel hat es nicht bekommen.
Zwei Jahre später verließ mich meine Frau nach 6 Jahren Zusammenlebens, davon 4 in der Ehe. Meine Schwester meinte vor einiger Zeit, daß sie in die Phase Angst um mich gehabt hat, es war dramatisch, aber ich hatte meine Freunde aus der Selbsthilfegruppe zur Seite.
Ich war bereit, in eine Psychosomatische Klinik zu gehen, von der ich so viel Gutes gehört habe.
Das war vor 15 Jahren, ich sehe mir gerne noch die Fotos aus diesem Aufenthalt an, ich habe damals einen wirklich interessanten Menschen kennen gelernt, mich selber...
Zur Zeit bin ich wieder an einem Tiefpunkt: Ich bin 65 Jahre mittlerweile an, und fühle mich aber wie ein 27 jähriger, wenn nur die Angina pectoris, die Athrosen, der Ischias, das überstandene Nierenkarzinom nicht wären. Mir fehlt es an Verständnis dafür, daß ich älter werde.
Ich glaube immer noch, daß ich mein verspieltes Leben zurück gewinnen könnte, wenn ich nur die Leitung dafür bringe. Die Sucht ist ein solch treuseliger Begleiter.
Ich fühle mich sicher im Sozialen Netz, habe keinerlei Gedanken mehr an irgendeinen Luxus, freue mich wenn ich meine Ruhe finde, und wünsche mir nur eines:
Es gibt einen Genesungsweg aus der Spielsucht, ich bin diesen Weg gegangen und gehe ihn weiter, bis ich abgerufen werde, aber ich wünsche mir so sehr, daß Viele auch ihren Weg finden, wie immer er auch aussehen mag.
Es gibt auf dem Weg der Genesung keine Vergleiche, kein Besserwissertum, keine Ressertiments. Es ist kein Wettkampf, geht ja nicht, das Spiel ist aus.
Es ist ein Weg, der mir zeigt, wie schön es ist, Erfahrung, Kraft und Hoffnung zu teilen.
Danke, daß ich das in Dein Tagebuch schreiben darf.
Liebe Grüße
Andreas