Hi Raczar!
Das mit der Gier war ja auf die Frage von Plankton bezogen warum er nicht mal mit Gewinn die Spielothek verlassen kann. Da ging es ja nicht um den generellen Spielzwang.
Oh je ... ich muss hier aufpassen, dass ich mich nicht in den umfangreichen Definitionen einzelner Begrifflichkeiten verfange ...
Spielzwang ... den sehe ich aus meiner Erfahrung auch in der Situation die Halle nicht verlassen zu können/wollen bei einem Gewinn.
Die "Gier" könnten wir auch ausweiten auf das Verlangen die nächste Dopamindosis noch mitnehmen zu wollen ... und noch eine ,,, und noch eine ...
Du hattest vor einiger Zeit mit jemandem hier geschrieben, der sagte dass es ihm eigentlich gut gehe und er nicht der Meinung ist dass jeder Spieler ein tieferes Problem haben muss.
Auch hier ist glaube ich die Definition des von mir immer wieder verwendeten "Defizites" das Problem, welches für Mißverständnisse und Ablehnung sorgt.
Es beinhaltet für mich einfach alles ... es müssen nicht gleich die größten psychischen Störungen sein, die in der ICD10 klassifiziert sind.
Es kann Einsamkeit sein, mangelndes Selbstvertrauen, das Gefühl ungeliebt/ungewollt zu sein. Es kann der Mangel an Erfahrung mit diversen Gefühlen sein.
Im Grunde definiere ich bereits einen gesunden Menschen mit Defiziten - denn es gibt ihn einfach nicht - den "perfekten" Menschen.
Du bist nun hin und her gerissen ... das ist aus meiner Sicht vergeudete Energie.
Jeder hat Defizite - und das ist ein Umstand, den ich recht einfach akzeptieren kann.
Hmmm ... die Automaten ...
Es arbeiten seit dutzenden von Jahren Heerschaaren an Psychologen daran diese Geräte so zu gestalten, dass sie die Bedürfnisse und Instinkte des Spielenden dergestalt bedienen, es immer wieder aufs Neue zu versuchen.
Die Automatenindustrie hat auch gute Arbeit geleistet, die Geräte als "gesellschaftsfähig" darzustellen.
Doch sind wir mal ehrlich - sie sind es immer noch nicht.
Der Großteil der Bevölkerung möchte nicht mit dem verruchten Image in Verbindung gebracht werden.
Erst die Tage noch hörte ich in den Medien, dass rund ein Viertel der Bevölkerung schon mit Glückspiel in Berührung gekommen ist.
Und nun kommen wir zu den Jugendlichen, die Du anführst ...
Hier lockt sicherlich das "Neue" ... etwas Grenzwertiges oder sogar Grenzüberschreitendes für sich zu probieren.
Das ist im Glückspielsektor so und auch im Bereich der Illegalen Drogen.
Diese Personen tragen sicherlich zum hohen "Viertel"-Anteil mit bei. Doch die Meisten überstehen diese Phase der Selbstfindung ohne süchtig zu werden.
Beim Konsum der psychotropen Substanzen mag die Quote etwas höher ausfallen durch die entstehende körperliche Abhängigkeit.
Vorm Grunde her mag ich ich da aber keine großen Unterschiede sehen.
In meiner Vorstellung ist die Bauart der Geräte so konzipiert die Menschen mit ihren ungelösten Defiziten in ihren Bann zu ziehen.
Dies erkennen wir ja auch daran, dass trotz des "Viertels" der spielenden Bevölkerung der Großteil der Einnahmen durch die Süchtigen erfolgt.
Waren es nicht auch dreiviertel? Ich weiss es nicht mehr genau.
Da ich nicht wirklich an diesen Zufallsgenerator glaube.
Den gibt es aus meiner Sicht auch nicht - auch und gerade im Hinblick auf eine nicht gesetzlich reglementierte Auszahlungsquote.
Da fällt mir gerade eine Wortklauberei eines Herren aus der Glückspielinstustrie ein:
"Der Automat weiss nichts von den vorherigen Spielen."
Natürlich "weiss" er es nicht - das Gerät ist kein Lebewesen.
Er beinhaltet jedoch Elektronik, die ganz genau einstellbar regelt und speichert, wie das Verhältnis von Einnahmen zu Ausgaben auszusehen hat.
Im Kontext des Interviews sollte hier getriggert werden: Selbst wenn ein Gewinn kommt, könnte gleich der nächste Gewinn erscheinen ...
Auch dürfen wir nicht vergessen, dass die Maschinen nicht etwa Geldgwinngeräte, sondern als Geräte mit Gewinn
möglichkeit definiert sind.
Was ich damit sagen möchte ist, dass ich zwar nie wirklich garantieren kann nie mehr zu spielen. Ich es aber möchte.
Korrekt ... keiner von uns Spielern kann das jemals garantieren. Deshalb bin ich kein Freund des "nie mehr".
Vor ein paar Jahren war ich mit Rainer auf einer Jahrestagung.
Wie kamen zu genau diesem Thema in einer der Pausen.
Und wie üblich brachte ich dann die Ziele als Argument - die kleinen erreichbaren Ziele - das "nur für heute" - Du hast es hier sicher schon gelesen ...
Da grinste er mich an und meinte: Du Schlingel ... Du sprichst zwar immer genau davon, doch eigentlich gilt das für Dich nicht - Du willst "nie mehr" spielen.
Das hat mich schon nachdenklich gemacht.
Zu der Zeit war ich schon etlich Jährchen spielfrei. In meinen Anfängen bin ich doch damit groß geworden. Hatte ich mich so verändert?
Ein ganz klares "Ja" kam dabei heraus.
Ich habe meine Abstinenzentscheidungen für mich getroffen. Sie sind heute so gefestigt, dass ich sie zwar regelmäßig durch den Austausch in den Foren pflege, jedoch keine große Kraft mehr in ihre Findung oder ihren Aufbau investieren brauche.
Ja, heute ist meine Einstellung tatsächlich ein "nie mehr" - aber eben im Bewusstsein der heutigen Einstellung.
Für Leute, die gerade mit ihrer Abstinenz beginnen, halte ich jedoch weiter an den kleinen Zielen fest - am "einen Tag zur Zeit".
Viel zu oft habe ich es in den Jahren erlebt, wie Personen sich in ein "nie mehr" regelrecht verbissen hatte.
Es wurde zum Kampf mit sich selbst - und widerholten Niederlagen - als zutiefstes persönliches Versagen empfunden.
Wieso dann nicht lieber auf die positiven Aspekte schauen? Auf jeden einzelnen spielfreien Tag?
Dann macht auch mal ein Vor- oder Rückfall diese Erfolgserlebnisse nicht zunichte.
Man kann wieder anknüpfen daran ...
Nun zu Deiner Vita im vorletzten Absatz ...
Erst einmal danke, dass Du darüber berichtet hast.
Ich sehe hier aber einen Funken von Selbsttäuschung.
Keine Frage - ich möchte Deinen Stolz auf das Geleistet um nichts schälern!
Doch es sieht so aus, als hättest Du eine klassische Suchtverlagerung vorgenommen ... oder nicht?
Die "Defizite" waren unberührt ... also suchtest Du Dir unbewusst eine andere Art der Befriedigung Deiner Bedürfnisse.
Wäre das so akzeptabel für Dich formuliert?
Zu Deinen aktuellen Problemen, die Dich belasten ...
Du kannst sie gerne hier öffentlich schreiben oder auch gerne per PN.
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