Hallo =)
Kurze Vorwarnung: der Text ist offensichtlich ein wenig länger ausgefallen als ursprünglich geplant und höchstwahrscheinlich ohne wirklichen roten Faden. Hab' einfach drauf losgeschrieben und das ist dabei rausgekommen:
Ich belüge mich bereits über ein Jahr lang alle paar Tage aufs Neue: "So, ein letztes Mal noch", "Diese Einzahlung noch - dann war's das!", "Na komm, jetzt machen die 50€ auch keinen Unterschied mehr". Manchmal auch damit, dass ich mir vorgaukle, komplett aufzuhören. Spannenderweise finden (teils auch) intensive Gedanken, wirklich abstinent zu werden, meist nur dann Einhalt, wenn ich wieder eine ausgesprochen erfolgreiche Session hinter mir habe und mir selbst sage "What the fuck, so kann's einfach nicht weiter gehen". Am nächsten Tag sind diese zwar nicht verflogen, aber irgendwo im Hinterkopf verstaut, wo sie so leicht nicht mehr aufgegriffen werden können. Es vergehen wenige Tage, manchmal, mit ein wenig Glück (no pun intended), sogar Wochen, bis diese Gedanken komplett verdrängt werden, wie als wären sie niemals da gewesen. Und im Grunde habe ich damit ja keineswegs unrecht: Es kann schlichtweg so nicht weiter gehen.
Kurz zu mir, damit man sich eventuell ein Bild machen kann, wer hier überhaupt tippt. Fand ich persönlich bis dato auch immer am aufregendsten, wer denn hinter den Worten in den Geschichten sitzt, die ich mir in den letzten Wochen durchgelesen habe. Ich bin zur Zeit 20 Jahre alt - und damit zweifellos einer der jüngeren Genossen hier - und studiere zwei Studiengänge in Österreich. Meine Anfänge mit Glücksspiel sind definitiv einzigartig und gleichen zweifelsohne keinen derjenigen, die hier vorgestellt wurden. Aber dazu vielleicht in einem späteren Beitrag, ich möchte ja schließlich den Rahmen nicht gleich im ersten Beitrag sprengen - was ich höchstwahrscheinlich trotzdem machen werde. Kurz gefasst: Ich bin seit ungefähr 2,5 Jahren glücksspielabhängig. Mal mehr, mal weniger. In den letzten Monaten tendiere ich eher zu erstem. Was sicher auch nicht unerwähnt bleiben soll: Ich befinde mich seit ungefähr drei Wochen in (Einzel-)Therapie. Gruppensitzungen oder SHG habe ich derzeit aus Zeitgründen noch nicht besuchen können, da diese immer stattfinden, wenn ich unitechnisch verhindert bin. Ich denke, Näheres zu meiner Person - da mir gerade nicht wirklich mehr einfällt, das hier von Relevanz sein könnte - werde ich in späteren Beiträgen hinzufügen.
Seit Dezember letzten Jahres habe ich oft versucht, mein Leben in den Griff zu bekommen, mich selbst. Anlass war mein größter Rückfall bis jetzt (dazu sicherlich auch in einem späteren Beitrag mehr) und die Ursache für diesen. Es konnte wirklich nicht mehr so weiter gehen, würde ich nicht bald etwas an mir ändern, würde meine Zukunft möglicherweise nicht so goldig aussehen, wie ich sie mir gern vorstellen würde. Ich habe anfangs versucht, intensiv an mir selbst zu arbeiten. Nach einigen wenigen, eigentlich fast ärbermlichen Versuchen habe ich es schlichtweg aufgegeben, es war mir zu viel Arbeit. Hab' mich als vor meinen Laptop gesetzt und eingezahlt, eingezahlt, eingezahlt. Im Endeffekt ist es mir nachher natürlich schlechter gegangen als vorher, aber das war zu diesem Zeitpunkt egal, Hauptsache, ich konnte mich irgendwie von der Lage ablenken, in der ich mich befand und heute immer noch befinde. Ich habe tatsächlich versucht, Feuer mit Öl zu löschen.
Während ich in letzter Zeit das Forum öfters durchstöbert habe, wurde ich oftmals damit konfrontiert, dass man eine Glücksspielsucht nur dann "besiegen" - auch wenn das nicht wirklich möglich ist - kann, wenn man ein gewisses Ausmaß an Eigenmotivation an den Tag legt, selbes hat mir auch mein Therapeut mehrmals bestätigt. "Toll,", dachte ich mir, "allein, dass ich mich zu einer Therapie angemeldet habe, wird schon Motivation genug sein". Spoiler: Ist es nicht. Ich war tatsächlich so naiv und dachte, das alleinige Besuchen einer Sitzung und die damitverbundene Beschäftigung mit meiner Sucht wäre genug.
Wie mir sicherlich jeder hier bestätigen kann, reicht es nicht, sich nur sitzungsintern damit zu beschäftigen - das ist im Grunde gar nicht möglich. Die Sucht verfolgt dich immer, sie lauert minütlich hinter deinem Rücken und wartet nur darauf, bis du nachgibst. Für mich war es ein unangenehmes Gefühl, sich nun aktiv damit auseinandersetzen zu müssen, und das ist klarerweise mit viel Arbeit verbunden. Dass ich nun wirklich aktiv etwas dagegen tun muss, war für mich genug psychische Belastung, mich irgendwie ablenken zu müssen - und das, obwohl mir vorausgesagt wurde, dass, besonderes zu Beginn, der Suchtdruck enorm sein würde, man wolle sich irgendwie ablenken, der Situation nicht ins Auge blicken. Also wollte ich mich ablenken. Und das tat ich genau so, wie die letzten Wochen, Monate und beinahe schon Jahre zuvor. Alleine zu Hause, vor meinem Laptop. Dort wo mich niemand beobachten würde, wie ich im Minutentakt mein Konto leerschaufeln würde. Genau das ist mir in den letzten Tagen passiert, ironischerweise genau an dem Tag, an dem ich einen Termin mit meinem Berater hatte. Ich denke, ich muss nicht ausführlich schildern, wie ich mich danach gefühlt habe: Enttäuschung, Scham, niedergeschlagen.
Ich habe in den letzten Tagen, besonders in den letzten Stunden, intensiv und viel nachgedacht. Nicht nur darüber, in welcher Situation ich mich befinde, sondern vor allem, wie ich dort hingekommen bin. Und ich bin zum Schluss gekommen, dass ich diesen Lebensabschnitt beenden muss. Und das wird nicht passieren, in dem ich leere Worthülsen im Internet verbreite, auch nicht durch wöchentliches Besuchen einer Therapie, der ich im Grunde nur entgegenarbeite, und besonders nicht durch scheinheiliges Arbeiten an mir selbst, das ich im Endeffekt ohnehin wieder ad acta lege, weil es unangenehm und anstrengend ist. Außerdem habe ich mir die Frage gestellt, welcher Mensch ich sein möchte. Einer, der von Glücksspielsucht geplagt und bestimmt ist, auf jeden Fall nicht.
Was genau es für mich aufzuarbeiten gilt, möchte und werde ich mit mir selbst lösen. Dieses, nennen wir es einfach so, Tagebuch möchte ich nebenbei führen. Es soll einerseits als Grund dienen, mich tatsächlich aktiv mit meiner aktuellen Situation auseinderzusetzen, andererseits bin ich immer offen für äußere Impulse.
Ich habe mir vorgenommen, im Rahmen dieses "Projektes" einige Themen abzuarbeiten, naturgemäß im Zusammenhang mit der Entstehen, dem Fortleben und dem hoffentlich baldigen Ende meiner Glücksspielsucht. Aber da das wirklich den Rahmen sprengen würde, was ohnehin schon längst geschehen ist (sorry dafür!), werde ich da später nochmals drauf eingehen.
Und zuletzt: ein Dankeschön an all diejenigen, die sich die Zeit genommen haben, diese wirren, vermutlich auch zusammenhangslosen Absätze fertig zu lesen!