Hallo,
mein Bruder ist spielsüchtig. Er hat die typische Spielerkarriere hinter sich, würde ich sagen. Mit ca. 20 Jahren mal entspannt angefangen, dann sein als Kind und Jugendlicher angespartes Mini-Vermögen verspielt, später uns was vorgelogen und beklaut. Seine Beziehung ist dadurch auch kaputt gegangen. Die Sucht hat sich fast 10 Jahre hingezogen. Es gab immer mal Pausen. Unsere Mama hat ihn auch nie aufgegeben (wie Mütter halt so sind)
und ihm trotzdem immer wieder Geld gegeben. Insgesamt war Ihre Unterstützung wohl sehr wichtig, wenn auch nicht immer perfekt, denn mittlerweile steht er ganz gut im Leben. Ausbildung seit knapp 1 Jahr fertig, gut im Job und zwei, drei enge Freunde. Er war mit seiner Krankheit vor 2-3 Jahren in einer Selbsthilfe Gruppe und auch bis etwa Mitte letzten Jahres bei einem Psychologen. Allerdings nur einige Male.
Er sagt, dass er "clean" ist und irgendwie glaube ich es ihm, aber er hat in den vergangenen 10 Jahren so unglaublich viel gelogen, dass ich doch immer sehr skeptisch bleiben werde.
Unsere Mutter hat sich damals deutlich mehr mit seinen Problemen beschäftigt als ich. Ich hatte es irgendwann leid und wohne auch in einer anderen Stadt, wodurch ich immer etwas Abstand hatte. Wir verstehen uns aber sehr gut und telefonieren recht viel.
Nun ist unsere Mutter vor einigen Wochen verstorben und wir haben etwas mehr Geld geerbt.
Es gibt kein Testament, aber wir haben vorab besprochen, dass ich mich um das Geld kümmere und es verwalte. Er ist damit auch einverstanden, möchte aber jetzt eine nicht gerade geringe Summe ausgezahlt bekommen.
Wenn ich es richtig verstehe, sind spielsüchtige wie trockene Alkoholiker, sind also nie ganz geheilt und können leicht rückfällig werden. Verzeiht mir, wenn ich mich irre.
Er hat sich jetzt mal hier und da kleine Summen geliehen, was mich langsam stutzig macht. Im Januar brauchte er von mir 150€. Die hat er aber direkt nach Gehaltseingang an mich zurückbezahlt.
Ende März benötigte er 100€ um nicht wieder in den Dispo zu geraten, den er über Monate erfolgreich abgebaut hat (so sagt er es zumindest).
Vor 2 Wochen benötigte er 100€ für ein Bahnticket. Die Reise hat er dann aber doch nicht angetreten.
Letzte Woche benötigte er 500€ um Schulden bei seinem WG-Mitbewohner zu zahlen, die wohl schon seit knapp einem Jahr offen sind. Es musste dann alles super schnell gehen und er wollte, dass ich es am besten direkt überweise. Ich habe es ihm dann auch vom Erbe ausbezahlt.
Unabhängig wie diese kleineren Geschichten zu bewerten sind, stehe ich jetzt vor folgender Situation:
Jetzt möchte er einen kleinen fünfstelligen Betrag vom Erbe ausgezahlt bekommen. Den anderen Teil soll ich weiter "verwalten". Im Grunde ist eine Auszahlung für mich okay, denn ich bin nicht sein Vormund und will das auch nicht sein, aber bei so großen Summen, ist das keine einfache Entscheidung. Denn einerseits fühle ich mich dem Erbe verpflichtet, für das unsere Mama viel getan hat und andererseits will ich ihn vor sich selbst schützen.
Kann ein (ehemals?) Spielsüchtiger mit so einem großen Betrag auf dem Konto umgehen? Bei ihm stehen in nächster Zeit ein paar Veränderungen an, wofür er sicher ein wenig Geld benötigt. Andererseits ist da noch gar nichts in trockenen Tüchern. Nicht, dass er mit der Kohle auf dem Konto dann wieder alles sausen lässt.
Es ist übrigens jetzt schon so, dass ich mich wundere wo sein Geld hingeht. Er wohnt in einer WG und zahlt entsprechend wenig Miete. Er lebt auch sonst sehr einfach und nicht auf großem Fuß und trotzdem reichen geschätzt ca. 1.000€, die jeden Monat für Freizeit übrig bleiben anscheinend nicht richtig aus.
Ich bin allgemein über Hinweise zu dem Thema dankbar. Ich will nicht dass er seinen Anteil vom Erbe verzockt und andererseits will ich ihn schützen. Ich freue mich über jeden kleinen Tipp, wie man damit umgeht, denn schließlich ist es einer der größten Fehler spielsüchtigen Geld zu geben.