Unterstützen Sie unsere Arbeit Jetzt spenden!
Hallo Gast
Online-Selbsthilfegruppen Glücksspielsucht
» Mittwochsgruppe    |    » Samstagsgruppe
     

Mein Tagebuch Goldfield

  • 127 Antworten
  • 46241 Aufrufe
Mein Tagebuch Goldfield
« am: 18 Januar 2018, 17:53:42 »
Am 07.01., also vor 11 Tagen, habe ich zum letzten Mal gespielt und mich zum wiederholten Mal in meinem Leben an den Rand meiner Existenz gebracht. Ich habe nun zum zigten Mal den Entschluss gefasst, mit dem Spielen aufzuhören. Ich möchte in diesem öffentlichen Tagebuch mit Gedanken niederschreiben und hoffe auf zahlreiche Kommentare, Tipps und Unterstützung.
« Letzte Änderung: 19 März 2018, 12:21:22 von Ilona »

Re: Mein Tagebuch
« Antwort #1 am: 18 Januar 2018, 18:07:22 »
Ich habe nun 11 Tage nun nicht mehr gezockt. Der Schock sitzt immer noch so tief, so dass ich keinen Spieldruck spüre.

Mein Dispo ist komplett ausgereizt und mein Kreditkartenlimit erschöpft. Mein Gehalt wird nicht ausreichen, um die Kreditkartenrechnung abzudecken. Alle ausstehenden Zahlungen (Unterhalt, Miete, Kreditraten etc.) werde ich im nächsten Monat nicht bezahlen können, geschweige denn meinen übrigen Lebensunterhalt bestreiten.

Aber kein Problem. Ich habe einen guten, sicheren Job und ein gutes Gehalt - es wird sicherlich irgendeine Bank geben, die mir 5000 Euro leiht. Also  telefoniere ich mit Check24 und schwups stehen zig sehr günstige Kreditabgebote bereit. Einer will all meine Kredite zu einen Superkondition ablösen - ich zahle weniger als vorher und bekomme noch zusätzlich 5000 Euro ausgezahlt. Ich reiche alle meine Unterlagen ein und zum ersten Mal wird ein Kredit abgelehnt, weil auf meinem Kontoauszug das ganze Dilemma deutlich wird: Alleine zwischen dem 20.12. und 27.12. sind 3500 EUR an Online-Casinos gezahlt worden.

Inzwischen habe ich mir die 5000 EUR über einen Kreditvermittler zu miesen Konditionen besorgt. Ich hatte zwei Wochen jetzt wirklich richtigen Stress und große Angst um meine Existenz - diese Sorge ist nun zumindest beseitigt.


Re: Mein Tagebuch
« Antwort #2 am: 18 Januar 2018, 18:26:48 »
Meine "Zocker-Karriere" währt schon 30 Jahre. Ich habe alles gespielt, was denkbar ist: Spielbanken, Daddelbuden, private Pokerrunden, Online-Casinos.

Von den Spielbanken habe ich mich vor etwa 10 Jahren per Selbstsperre verabschiedet. Ich hatte später mal eine Einladung zu einem Geschäftsessen in einer Spielbank, das habe ich aus Angst, dass es danach noch einem gemeinsamen Roulette-Zock geht, mit fadenscheiniger Begründung abgesagt.

Etwa vor zwei Jahren habe ich die Online-Casinos für mich entdeckt. Damit wurden Spielotheken-Besuche für mich irgendwie uninteressant. Allerdings waren die Beträge, die ich in Spielotheken verzockt habe, gegen das, was ich in Online-Casinos gelassen habe, Kinderkram. In den Spielhallen habe ich mich eh nicht wohlgefühlt.

Ab jetzt konnte ich bequem zu Hause spielen und das die ganze Nacht. Und es läuft nahezu immer nach dem gleichen Schema: Man meldet sich an und kassiert einen Bonus. In der Regel gewinnt man. In einem lichten Moment lässt man sich die Kohle auszahlen oder verzockt sie wieder. Wenn man eine Auszahlung angefordet hat, beginnt die Litanei mit der Bereitstellung von Dokumenten oder der möglichen Auszahlungsart (Die wissen natürlich, dass man auf deutsche Debitkarten keine Einzahlungen machen darf und wenn ich es Ihnen zu erklären versuche, ist nur noch ein englisch-sprachiger Support verfügbar...).

Diese Verzögerung führt häufig dazu, dass man Teile oder die komplette Kohle wieder einsetzt. Ich hatte letztes Jahr mal fast 20.000 Euro auf der Uhr, davon sind 6.000 dann schließlich noch auf meinem Konto angekommen.

Anschließend spielt man weiter, das Glück ist einem ja schließlich hold. Und man verzockt nicht nur den Gewinn, sondern verliert deutlich mehr. Wenn dann ein lichter Moment eintritt, zumeist dann wenn keine Einzahlung mehr möglich ist, lässt man sich sperren.

Da nutzt aber gar nichts, denn der Casinobetreiber hat am nächsten Tag unter einer neuen Domain ein "neues" Casino eröffnet, in dem die Sperre nicht zum Tragen kommt.


Re: Mein Tagebuch
« Antwort #3 am: 18 Januar 2018, 18:39:43 »
So, jetzt wo das finanzielle Disaster zunächst abgewendet ist, muss ich mir eine Strategie zurechtlegen, die mir endgültig hilft, mit dem Spielen aufzuhören:

Ich bin ein Spieler und der Spieldruck wird irgendwann zurückkommen.

( ) Zunächst habe ich K9 Protect auf meinem PC und dem Tablet installiert. Noch kenne ich das Admin-Passwort. Ich muss zunächst einmal testen, wie die Software zu konfigurieren ist. Mit der Standard-Einstellung kann man keine Online-Casinos aufrufen. Aber mein EMail-Client und Youtube gehen auch nicht mehr...

( ) Ich führe ein Haushaltsbuch. Ich will in diesem Jahr einen großen Teil meiner Schulden zurückzahlen - dieses Jahr ist Schmalhans der Küchenmeister.

( ) Ich will mir fremde Hilfe suchen. Anlaufstellen und Kontaktdaten muss ich noch recherchieren.

( ) Ich gebe meine Kreditkarte zurück. Sollte ich irgendwann wieder eine brauchen (Urlaub etc.), bestelle ich eine Neue.

Re: Mein Tagebuch
« Antwort #4 am: 18 Januar 2018, 20:25:17 »
ja alles nicht so leicht. Es gibt keinen
100 % Schutz. Am besten das Geld unters Kopfkissen  :o :D

*

Offline andreasg

  • *****
  • 2.083
Re: Mein Tagebuch
« Antwort #5 am: 18 Januar 2018, 22:21:57 »
ja alles nicht so leicht. Es gibt keinen
100 % Schutz. Am besten das Geld unters Kopfkissen  :o :D

statt Kopfkissen könnte ich ja auch meine Kontonummer angeben? 8)

Dafür würde ich gerne Goldfield ein neues nur mir bekanntes Loggin für seine K9 - Software verpassen. ;D

Einen schönen Abend
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

*

Rainer

Re: Mein Tagebuch
« Antwort #6 am: 18 Januar 2018, 23:37:16 »
Ich bin ein Spieler und der Spieldruck wird irgendwann zurückkommen.

Richtig!
 
Der meinst wirksame Schutz (den ich persönlich kenne), ist die Tägliche Auseinandersetzung mit deiner Sucht selbst.
Und um das etwas zu untermauern könntest du z.B hier im Forum ein Tagebuch führen.
Allerdings solltest du das Tagebuch auch wirklich Täglich füttern, ansonsten bringt es nichts!

Würde ich heute ein Tagebuch führen, erneut würde ich mir die W-Fragen stellen...

Warum? Wer? Was? Wann? Wozu? Wie? Wo? Wieso? usw.

Z.B.

Warum Spiele ich?
Was möchte ich hiermit kompensieren?
Wer könnte mir helfen?
Wann Wieso Warum bekomme ich Suchtdruck?

usw.

damit lassen sich schon etliche Tage "Spielfrei" füllen  ;)
« Letzte Änderung: 18 Januar 2018, 23:41:57 von Rainer »

Re: Mein Tagebuch
« Antwort #7 am: 19 Januar 2018, 10:50:20 »
Danke für den Tip.

12 Tage spielfrei.

Warum spiele ich ? Was will ich kompensieren ?

Ich glaube, ich brauche ständigen Antrieb. Wenn Action, wenn viel in meinem Leben los ist - denke ich wenig bis gar nicht ans Zocken. Wenn ich etwas besonders gut gemacht habe und erfolgreich war und das Gefühl habe, mich belohnen zu müssen, dann tue ich das häufig, indem ich spiele. Oder auch wenn es mir zu ruhig ist, kann ich das par tout nicht aushalten und hole mir Aktivierung beim Zocken.

Mir fehlt etwas, das mir sher großen Spaß macht, für das ich brennen kann und das an die Stelle des Spiels treten kann.

*

Offline Olli

  • *****
  • 7.338
Re: Mein Tagebuch
« Antwort #8 am: 19 Januar 2018, 15:22:29 »
Hi!

Teil 1 war ja schon echt gut ...  ;D

Beim 2. Teil besteht die Gefahr einer Suchtverlagerung ...

Teil 1 nenne ich : Sich selbst aushalten!

Das konnte ich damals auch nicht. Musste immer unter Stress stehen - egal ob positiver Stress oder negativer.
Beides zusammen ist aber nicht gut - weder mental, noch physisch.

Autogenes Training soll da oft Wunder helfen.
Vielleicht hilft Dir ja auch mal das entspannte Sitzen auf einer Parkbank, bei der man die Luft mit all ihren Gerüchen und die Geräusche bei geschlossen Augen auf sich wirken lässt.

Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

*

Zero80

Re: Mein Tagebuch
« Antwort #9 am: 19 Januar 2018, 16:00:38 »
Ist denn eine Suchtverlagerung in diesem Falle wie er es beschreibt ,, ich brauche etwas was mich erfüllt, was
mir Spaß macht und mir was gibt" unbedingt schlecht, Oli ?

Klar, sollte es denn wirklich so sein das jd süchtiger ein seelisches Problem kompensieren will durch seine sucht,
besteht die Gefahr dieses evtl nicht zu erkennen.

Dennoch empfinde ich diesen Punkt als extrem wichtig für jeden, auch Leute die keine Sucht haben, jeder sollte
irgendwas in seinem Leben haben für das er brennt, etwas das einen erfüllt und somit auch der Seele gut tut und
nicht nur Malochen und erwachsen sein...

Ich muss ehrlich zugeben das ich das im kraftsport gefunden habe und auch das
mittlerweile eine Sucht wurde, aber ich empfinde diese als extrem positiv.
Fühle mich damit körperlich und seelisch besser denn je in meinem Leben und wirke auf andere im real life mit
dem sportlichen aussehen auch ganz anders und werde somit dank der oberflächlichkeit in Deutschland auch ganz
anders wahrgenommen und auch anders behandelt.
Traurig aber wahr. Ich habe mittlerweile gefallen daran gefunden und möchte es nicht mehr missen. Auf jd Fall
hat spielen seit dem nie wieder den Stellenwert für mich gehabt als vor dem sport.


Ich denke ja eher das sucht auch ein Stück weit Veranlagung ist und der eine leichter und der andere schwerer oder
garnicht dort reingeraten kann. Also von den Genen schon (natürlich nur teilweise) und nicht unbedingt immer
nur eine begleitErkrankung für was psychisches ist.
Ist aber meine Meinung als Laie, für mich passt zuviel bei diesem schwarz weiß aber nicht zusammen.

Aber gut, will hier nix falsches erzählen. Wird ja jeder erwachsene Mensch selbst wissen was evtl bei ihm
dahinterstecken könnte.

Ich zumindest würde aber auch punkt 2 unterschreiben und halte das für extrem wichtig wenns denn was
sinnvolles ist.
« Letzte Änderung: 19 Januar 2018, 16:32:46 von Neue Werte »

*

Offline Olli

  • *****
  • 7.338
Re: Mein Tagebuch
« Antwort #10 am: 19 Januar 2018, 23:25:23 »
Hi!

Ich bin ganz bei Deiner Argumentation!

Es gibt aber auch echte Suchtverlagerungen - z.B. die Onlinesucht ...
Auf so etwas zielte ich gedanklich ab.

So, wie Du es beschreibst, wirst Du ein für Dich gesundes und noch akzeptables Maß gefunden haben beim Kraftsport.
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

*

Zero80

Re: Mein Tagebuch
« Antwort #11 am: 19 Januar 2018, 23:59:04 »
Achso ok..
Auf eine Onlinesucht wäre ich aufgrund der Beschreibung, etwas das  mich erfüllt usw, jetzt
nicht gekommen.

Für mich wären das mehr sachen wie zb Motorrad, oder ich persönlich hätte zb auch Spaß mal
nen gleitschirmschein zu machen..
Glaube Segelflugscheine kann man auch relativ problemlos machen, kostet aber halt bisschen mehr..

Oder halt nen sport, muss sagen das ich schon tausend Sportarten ausprobiert habe und bei nix
geblieben bin weil mir immer aufn geist ging von dann bis dann, zb di und do von 18-20 uhr is Training ob
man lust hat oder nicht.
Das hab ich hier jetzt überhaupt nicht mehr, gehe vollkommen autonom und siehe da, über jahre jetzt schon
mind 5 mal die Woche, nur eben zu unterschiedlichen Uhrzeiten und hab ich mal kein bock geh ich eben nicht.

Jemand anderes hat vielleicht mehr Spaß am zusammenhalt in ner manschaft und nochmal jemand anderes vielleicht
an nem schachverein, oder fährt zu formel 1 rennen als Zuschauer..

Muss man für sich rausfinden und das ist garnicht so einfach heutzutage was zu finden, benötigt auch ein in sich
gehen, ist aber extrem wertvoll :-)

Re: Mein Tagebuch
« Antwort #12 am: 20 Januar 2018, 16:24:39 »
13 Tage spiefrei.

Gestern kam ein kleiner Anflug von Spieldruck auf. Ich konnte dem -noch- ziemlich leicht widerstehen.

Häufig habe ich in solchen Situationen gedacht „einmal ist keinmal“ - ein Hunderter geht immer. Ich konnte dann aber nicht aufhören.

Vorsatz: am Wochenende Kraft tanken und nächste Woche keine Gelegenheit zum Zocken aufkommen lassen.

*

Zero80

Re: Mein Tagebuch
« Antwort #13 am: 20 Januar 2018, 23:03:42 »
Hi super..

Hast dir denn nun schon was überlegt was dir Spaß machen könnte und etwas das dir
helfen könnte ?

Wie tankst du denn kraft am Wochenende ? :)

Wir sind genau gleich lange spielfrei, ich nen tag länger.. mal sehen wer es länger schafft.
Falls ich nen rückfall habe werd ichs ehrlich hier schreiben, falls nicht bin ich dir immer
24 std voraus die du überbrücken musst. Das passt doch wunderbar mit der 24std regel, les
dir das mal durch und seh es als herausforderung ;)

Zusammen schaffen wir das hier !
Aber überleg dir echt was das dir helfen könnte, scheiß egal inwiefern. In seiner konfortzone zu
verharren geht meist nie lange gut meiner Erfahrung nach.
« Letzte Änderung: 20 Januar 2018, 23:05:38 von Neue Werte »

Re: Mein Tagebuch
« Antwort #14 am: 21 Januar 2018, 08:46:46 »
Neue Werte, ich werde länger durchhalten als Du, um was wetten wir ? ;-)

14 Tage spielfrei.

Ich lebe quasi in zwei Welten. Am Wochenende Familie und Tiere, um die ich mich kümmere. In der Woche bin ich viel unterwegs und abends oft allein.

Heute erinnere ich mal an ganz frühe Zockerfahrungen: Urlaub mit den Eltern in Spanien. Ich war vielleicht 14. Es gab überall öffentlich zugängliche Spielhallen. Dort gab es Geräte, in man oben Geld einwarf, das auf zwei sich bewegende Stufen fiel. Das Geld wurde von einer auf die andere Stufe geschoben und mit viel Glück wurde Geld über den unteren Rand geschoben und fiel in einen Ausgabeschacht. Ich konnte damals schon nicht damit aufhören....

Neue Werte, viel Erfolg beim Durchhalten-bis morgen !

 

Wir danken dem AOK Bundesverband für die Finanzierung des technischen Updates dieses Forums