hallo (ex-)leidensgenossen,
ich möchte mal wieder eine rückmeldung geben. leider keine positive, was das wetten angeht:
nun ist fast 1 jahr vergangen und ich habe JEDEN TAG fussball getippt, viel geld verloren, ein wenig gewonnen und verbringe leider sehr viel zeit mit dem tippen.
von zeit zu zeit kommt der große katzenjammer, da mache ich mir dann selbst was vor von wegen "ICH WILL AUFHÖREN!" bla bla... das hängt meist mit sehe knapp verlorenen wetten zusammen.
wenn ich 7 spiele in kombi tippe und 6 davon sind richtig und in der nachspielzeit geht spiel nummer 7 kaputt, dann setzt das sehr starke negative emotionen frei.
gerade die kombiwetten, wo man mehrere spiele in kombination tippt, sind eine krasse achterbahnfahrt der gefühle.
ich habe ständig mein smartphone an, die app mit dem liveticker klingelt, wenn wieder ein tor fällt und ich bin dann wie der "PAWLOWsche HUND", der schon anfängt zu sabbern, wenn nur die glocke läutet... denn wenn das torgeräusch kommt, freue ich mich (ich spiele immer die variante "übertor", bei der pro spiel in der regel 3 oder mehr tore fallen müssen).
das ist krank!!
ich habe ein bündel an problemen, wovon neben der depressiven grunderkrankung (die im moment seit längerem nicht mehr zutage tritt) v.a. mein beruflicher mißerfolg mich sehr schwer belastet. dazu kommt eine jahrelange medikamentenabhängigkeit, die ich aber glücklicherweise unter ärztlicher behandlung im griff habe inzwischen (das hat aber ein paar jahre gedauert).
ich bin jetzt mitte/ende 30 und in meinem umfeld sind zum großen teil sehr erfolgreiche menschen. das drückt zusätzlich ballast auf mich.
nun habe ich nach langer zeit endlich einmal wieder ziele entwickelt: ich möchte nochmal studieren, ein "kurzes" studium (bachelor) in einem anderen bereich als das, was ich ursprünglich mal gemacht habe.
das sind auch keine hirngespinste eine psychisch total kaputten menschen; auch wenn sich sich natürlich solche mehrfach-diagnosen lesen, als sei ich total im eimer...
aber so ist es nicht. es geht mir zunehmend besser, auch weil ich aktive gegen die o.g. probleme anarbeite.
konkret bedeutet das, dass ich sehr aktiv bin im gegensatz zu den jahren, als es mir miserabel ging. ich unternehme wieder öfter was, kümmere mich um mich und habe meine hobbies und leidenschaften reaktiviert. vor allem male ich gern.
das interessante ist: wenn ich zb. male, habe ich keinerlei gedanken ans wetten.
erst wenn ich nichts mehr tue, kommt dieser gedanke: "ACH, ZAHL DOCH MAL NEN ZEHNER AUFS WETTKONTO UND DADDEL NE KOMBIWETTE!"
und im gegensatz zu manch anderen spielern hänge ich dann auch den ganzen nachmittag/abend vor dem PC oder smartphone und lauer wie ein irrer auf die tore..
zwar mache ich nebenbei immer irgendwas - aber das sind logischerweise keine wirklich stimulierenden dinge, denn mein fokus liegt auf den spielen...
DAS IST EINE MANIFESTE SUCHT. und auch wenn ich unter einer gewissen selbstkontrolle stehe und nie meine miete o.ä. verzocke und alle rechnungen sofort bezahle, so empfinde ich es doch als kontrollverlust, da ich am ende des tages dann doch wieder gespielt habe.
ich nehme mir ja nichtmal vor, NICHT ZU SPIELEN. dazu reicht der elan gar nicht.
denn was mache ich sonst mit der zeit?
aktuell bin ich arbeitslos. ich brauche natürlich wieder arbeit, dannn ist vieles einfacher in der hinsicht.
ich möchte einfach aus dieser unproduktiven routine ausbrechen. dieser ewige kreislauf aus spielen, verlieren, einzahlen, und alles wieder von vorn NERVT EINFACH NUR NOCH.
allerdings merke ich auch etwas kurioses: die spielsucht ist mir peinlich! im gegensatz zu meinen anderen problemen, wo ich mich recht gut anderen anvertrauen kann und offen reden kann, schäme ich mich beim thema spielsucht.
wenn ich ganz selbstkritisch in mich reinhöre, dann würde ich folgendes sagen zu meiner spielsucht: diese sucht ist mein "kleinstes problem", aber es frisst am meisten ressourcen.
aber ich glaube, dass das treffend ist. für mich ist das ganze eine möglichkeit, dem unbefriedigenden alltag zu entfliehen und auf relativ einfache weise gewisse emotionen hervorzurufen.
das tippen macht meinen alltag spannender, aber es ist nur eine art austauschbare "hülle". ich spiele zb. auch nie um das ganz große geld. es ist eher der kick dabei.. und auch wenn ich die kohle gut gebrauchen kann, so stellt das tippen für mich keine einkommensquelle dar.
es gibt tage, wo ich gut abgelenkt bin und keine sekunde ans spielen denke.
aber wenn dann der abend kommt, dann kommt auch die leere in mir zurück.. und die unzufriedenheit über verschenkte jahre... nicht primär wegen des spielens, sondern weil ich beruflich einfach nix auf die reihe kriege.
und wisst ihr, was schlimm ist?
wenn man als außenstehender diesen beitrag liest, könnte man sehr schnell URSACHE und WIRKUNG vertauschen. dann ist es nicht mehr weit bis zum vernichtenden urteil: "IST DOCH KLAR DASS DU ALS SPIELER MIT DEPRESSIONEN UND MEDIKAMENTENABHÄNGIGKEIT GAR NICHT BERUFLICH ERFOLGREICH SEIN KANNST!"
dazu kurz ein satz: der berufliche mißerfolg war VOR ALLEM ANDEREN!
ich habe mal studiert (und auch mal einen abschluß gemacht) und war zwar nie karriere- oder geldgeil, aber schon beruflich ambitioniert in dem sinne, dass ich was leisten wollte (auch für die gesellschaft. also nicht nur ein job, um möglichst viel geld zu machen, sondern etwas "sinnvolles" tun). damit hat es aber irgendwie nie richtig geklappt und ich hatte immer nur befristete verträge, habe auch gern aufs falsche pferd gesetzt und nie "netzwerke geknüpft" (was ja leider sehr wichtig ist).
irgendwann kam dann eine längere phase ganz ohne arbeit und da brach dann alles ein. in der zeit habe ich auch begonnen, medikamente regelmäßig zu konsumieren und regelmäßig zu spielen. das war vor ca. 8 jahren...
also, ich fasse mal zusammen:
- ich bin süchtig nach online-sportwetten
- es ist ein zeitvertreib
- es dient mir als ersatz für anderes, was mir fehlt (sinnstiftende arbeit und alles, was man darauf aufbauen kann, zb. reisen, familie etc.)
- es ist nicht mein größtes problem
- es nimmt jedoch sehr viel zeit und aufmerksamkeit ein
- ich habe noch keinen ernsthaften versuch gemacht, davcon wegzukommen
- ich lasse mich diesbzgl. treiben
- ich bin sehr unzufrieden mit der situation
- ich habe in anderen feldern bereits (z.t. sehr große) fortschritte erzielt und arbeite an mir und habe auch med. unterstützung
- die fußballwetten sind dabei aber nicht von berührt und laufen quasi nebenher in meinem leben mit als ein problem von mehreren
- ich habe sorgen, ob ich die leere gefüllt kriege, die ohne wetten entsteht
- ich habe ein stück weit verlernt, meine lebenszeit anders zu nutzen
- aber WENN ich sie anders nutze (zb. mit malen, lesen oder heimarbeit im haus), dann gehts mir gut und mir fehlt das wetten nicht so sehr bzw. überhaupt nicht
- trotzdem würde ich gern mal (versuchsweise erstmal für ein paar tage) ABSTINENT werden
wer kann mir tipps geben, wie ich das packen kann?
ich frage deshalb, weil einige ja bereits (verhaltens-)therapeutische erfahrung haben und es sicherlich sinn macht, von dieser erfahrung zu profitieren.
zumal ich bereits einige gute tipps gelesen habe, die ich beherzige.
beste (hoffentlich spielfreie) grüße
SAPINAs ENKEL