Hallo Community,

hiermit möchte ich auch ein Tagebuch starten.
Ich bin 26 Jahre alt und spiele jetzt ca seit einem Jahr exzessiv in Online-Casinos.
Ich hab (noch) einen guten Job, eine schöne Wohnung und eine liebevolle Freundin. Das Spielen ist jedoch mein schwarzer Begleiter, wann immer ich heimlich spielen kann (Smartphone sei Dank), spiele ich. Dabei verbrenne ich meinen Monatslohn. Das vorher Ersparte ist bereits weg.

Ich spiele nicht jeden Tag. Manchmal liegen zwei Wochen dazwischen. Wenn ich jedoch anfange zahle ich 400 - 500 Euro ein. Meistens verliere ich.
Mein Muster ist dabei immer gleich: Es fängt mit 50€ an. Dabei denke ich mir "Die 50€ kann ich schon verschmerzen". Wenn diese weg sind geht es weiter mit 100er Schritten. Jedes Mal werde ich verzweifelter und bete förmlich, dass jetzt "der große Gewinn" kommt, mit welchem ich zumindest meinen Einsatz wieder drin habe. Der Gewinn kommt nur nicht.

Nach jeder Einzahlung sage ich mir, dass es jetzt die letzte ist. Meistens belüge ich mich dann eine halbe Stunde später selbst und tätige noch eine Einzahlung.

Bei meiner Spielsucht verliere ich komplett die Kontrolle über mich selbst. Dies ist wenn ich richtig überlege der Punkt (natürlich neben dem finanziellem Verlust) der mich am meisten wütend über mich selber macht.

Meine Hoffnungen und meine Ziele:

1. Bis zum Ende des Jahres kein Glücksspiel mehr!
2. Keine finanziellen Schulden
3. offen gegenüber meiner Familie in Bezug auf meine Spielsucht
4. professionelle Hilfe in Anspruch nehmen
5. Stark und ehrlich gegenüber mir selbst sein und klar die Gründe meiner Spielsucht finden
6. An mir selbst arbeiten, damit umgehen und den Kontrollverlust eliminieren

Ich hoffe, dass dieses Forum mir bei der Arbeit mit meiner Sucht helfen kann. Ich möchte, wie ich oben bereits geschrieben habe realistisch an mir arbeiten. Ich weiß, dass dies ein Prozess ist und ich nicht schon morgen "clean" bin. Jedoch bin ich an einem Punkt angelangt, bei dem ich das nicht mehr alleine schaffe.
Ich hoffe auch, dass ich durch dieses Forum auch andere Süchtige motivieren kann und auch eventuell bei deren Weg helfen kann.

Wie war euer Weg raus aus der Spielsucht? Oder wie wollt ihr den Beschreiten?

Ich hoffe, trotz des langen Textes, auf zahlreiche Anregungen.

Danke und viele Grüße
Proclivitas

Tag 1

Maßnahmen:
- Selbstausschluss von allen Onlinecasinosin welchen ich gespielt habe
- Zugeständnis der Spielsucht in diesem Forum

Was ich noch tun muss:
- Gespräch mit meiner Freundin
Das wird kein angenehmes Gespräch, jedoch ist es wichtig dafür, ehrlich auch gegenüber meinen Liebsten zu sein.
- Zusammenfassung aller Geldeinsätze der letzten Jahre in Onlinecasinos
Ich möchte mir selbst einen Überblick verschaffen, wie viel Geld ich verspielt habe. Eventuell ausrechnen, was ich damit hätte tun können und so bereits einen "Blocker" in meinem Gedächtnis für zukünftige Geldeinsätze einbauen.

Tag 3

Das Gespräch mit meiner Freundin lief sehr gut. Es war lang und emotional. Es war die richtige Entscheidung, dass ich mit ihr gesprochen habe. Ich weiß nun, dass jemand da ist, der mich trotz der Sucht unterstützt und wertschätzt. Es ist sehr befreiend, jemanden zu haben, mit dem man offen sprechen kann.

Gespielt habe ich bisher nicht. Die Woche werde ich auf jeden Fall durchhalten.

Eine Übersicht über meine bisherigen Einsätze in Online-Casinos hab ich bisher noch nicht gemacht. Irgendwie bin ich noch nicht bereit dafür, zu sehen, wie viel Geld ich verbrannt habe.
Was denkt ihr, wäre es gut mich jetzt damit schon zu konfrontieren?

Habt einen schönen Abend!

Vor dem Gespräch mit meiner Frau hatte ich mehr Angst wie vor den Terminen bei Bank und Anwalt. Am Ende war es dann aber echt befreiend.

Die Auflistung der Zahlungen kann ein heilsamer Schock sein wenn man noch nicht wirklich entschlossen ist mit dem Glücksspiel aufzuhören. Und du bist erst einmal abgelenkt wenn du deine Finanzen sortierst, das ist in dieser Phase immer gut.

Das wäre allgemein mein Rat an alle die so wie ich noch nicht lange "clean" sind. Weg von Tablet und PC! Raus an die frische Luft, ins Fitnesscenter oder den Bastelkeller.
Wer unbedingt Erfolgserlebnisse braucht, kann ja Pilze oder Pokemons sammeln.

Welch ein nutzen erhoffst du dir von einer finanziellen Verlust-Aufstellung
und was soll das heißen, dazu bist du noch nicht bereit, wozu denn...um zu schauen wie viel Geld du verbrannt hast?

Wenn ich du wäre und wenn du dich schon mit etwas konfrontieren möchtest, eventuell konfrontierst du dich mal mit den Fakten!
Z.B. das Geld nur dein Suchtmittel ist - dass der tatsächlich Einsatz deine Familie, deine Freunde, dein soziales Umfeld, deine Freundin usw. sind.
Das Spielsucht eine Krankheit ist und unbehandelt, wie ich schon sagte, Geld das geringste übel ist, sondern das du letztendlich um dein Leben spielen wirst.

Ok, spielend sind die Voraussichten nicht besonders blendend, eher denkbar schlecht, diese Sucht gleicht einer Droge, zur Befriedigung bedarf es unaufhaltsam immer mehr Suchtstoff.
Deine Anmeldung hier, dass du dich deiner Freundin offenbart hast, prima sehr gut -dass sollten allerdings auch nur die ersten Schrittchen gewesen sein...
Überwiegend wird es jedoch nicht reichen und wenn ich du wäre, dann würde ich schauen was ich sonst noch für mich tun könnte.

Unsere Medizin, eine SHG (Spieler-Selbsthilfegruppe), Ambulante oder eine Stationäre Therapie.

Dir alles Gute.

Rainer

Hi und willkommen Proclivitas!

Gespielt habe ich bisher nicht. Die Woche werde ich auf jeden Fall durchhalten

War da nicht was mit "bis zum Ende des Jahres"? :-)

Es reicht vollkommen "nur für heute" nicht zu spielen.
Wenn Du Dir dies als morgentliches Ritual sagst und Dich daran hälst, hast Du jeden Tag ein Erfolgserlebnis.

Eine Übersicht über meine bisherigen Einsätze in Online-Casinos hab ich bisher noch nicht gemacht. Irgendwie bin ich noch nicht bereit dafür, zu sehen, wie viel Geld ich verbrannt habe.
Was denkt ihr, wäre es gut mich jetzt damit schon zu konfrontieren?

Wie Rainer schon sagte, ist Geld unser Suchtmittel.
Es heisst also, es wieder als gesetzliches Zahlungsmittel anzuerkennen.
Während meiner Suchtausübung hatte ich absolut keinen Bezug zu Geld.
Es war Papier ... für das Papier bekam ich Münzen ... damit fütterte ich die Automaten.
Gewinne waren nur eine Anhäufung dieser Münzen, die das Spielen verlängerte - wenn nicht heute, dann morgen oder übermorgen.

Wenn Du im OC gespielt hast, war das Geld noch nicht einmal real in Deiner Hand.
Es war nichts "Greifbares", sondern die Beträge waren virtuelle Zahlen.

Durch die Konfrontation mit den verspielten Summen gehst Du m.E. einen wichtigen Schritt Dir innere Hürden aufzubauen.
Du wirst Dir sicherlich ausmalen - nach dem ersten Schock - was Du Dir alles dafür hättest kaufen können.
Damit spannst Du wieder den Bogen zum gesetzlichen Zahlungsmittel.

Es sich nicht vor Augen zu führen, sehe ich als Vermeidung an.
Vermeidung führt zu Verdrängung.
Ist dies aber nicht genau das, was wir während der Suchtausübung in vielen Bereichen machen?
Wenn wir spielfrei werden und sein wollen ... sollten wir unser Verhalten nicht überdenken und wenn nötig ändern?

....

Ich finde es super, dass Du mit Deiner Freundin gesprochen hast und Rückhalt erfährst.
Wie sieht Dein Plan jetzt aus?