Bist Du Dir denn absolut sicher, dass DU Dich in den Sumpf gezogen hast?
Hast Du Dich absolut freiwillig und im vollen Bewusstsein einer potentiellen Sucht ausgesetzt mit dem Ziel Schulden zu machen, die Dich noch lange verfolgen werden?
Ich habe mir gar keinen Kopf darüber gemacht.
In jungen Jahren eiferte ich meinem Vater nach.
Er spielte ab und an an Automaten.
Vor meinem geistigen Auge sehe ich mich im kindlichen Bett liegen und hörte meinen Vater nach Hause kommen. Geld klimperte in seiner Hosentasche bei jedem Schritt.
"Ich hatte eine Serie ... ist in der Ausspielung ganz oben stehen geblieben ..."
Natürlich mahnte er mich zur Vorsicht, wenn er auch heute noch diese Krankheit verleugnet und die Spieler, die es übertreiben - also mich - als charakterschwach ansieht.
Ich habe ihm nachgeeifert und es perfektioniert.
Jeden Abend, den ich ausging, hing ich an den Automaten.
Immer habe ich gearbeitet und auch noch Geld nebenher verdient.
Was machte es, wenn alles im Automaten landete?
Ich hatte ein Dach über dem Kopf, die Wäsche wurde gemacht, das Essen stand jeden Tag auf dem Tisch, wenn ich von der Arbeit kam.
Für die Zukunft sorgen konnte ich ja noch morgen oder übermorgen ...
Einige Male konnte ich mein Haushaltsgeld nicht bezahlen, weil direkt am Tag des Geldeinganges der Geldausgang in der Spielhalle auf mich gewartet hatte.
Wollte ich meine Eltern dermaßen enttäuschen?
Sicherlich nicht ... und doch tat ich es.
Für mich war das Spielen etwas, was mir gehörte. Mir ganz alleine.
Hier konnte mir niemand hinein reden.
Hier konnte ich Stress durchleben durch Spielen an mehreren Automaten gleichzeitig und ich konnte entspannen.
In der Halle war ich bekannt und auch als Mensch - nicht nur als Spieler - gerne gesehen.
Bekam ich, wie auch immer, eine Serie, dann polierte es mein mickriges Selbstbewusstsein.
Ich war der King und ich feierte mich.
Mein Vater hat mein Leben lang Erwartungen in mich gesteckt. Erreichte ich sie, so waren sie denn doch nicht genug. Kam Lob, wurde es bei einem Disput sofort wieder zerstört.
So glaubte ich letztendlich unterbewusst gar nicht mehr an das Lob.
Wer aber keine Erfolge mehr hat, oder sie nicht mehr erkennt, der fühlt sich klein und minderwertig.
So war es bei mir.
Das Lob in der Halle konnte mir aber keiner mehr nehmen.
Und so hechelte ich einem Erfolg nach dem anderen hinterher und merkte gar nicht, dass ich über 20 Jahre lang selbstzerstörerisch auf der Stelle trat.
Erst als ich mich mit meiner Krankheit auseinander setzte, fing ich an mein Verhalten zu analysieren und zu ändern.
So etwas hatte ich im Elternhaus gar nicht gelernt, weil die Eltern es wohl eben auch nicht gelernt hatten.
Der gelebte Erwartungsdruck von damals ist heute nicht mehr existent.
Ich brauche nicht mehr perfekt zu sein.
Das weiß ich heute dank meiner erkannten Krankheit.