Hallo zusammen,

ich würde gerne noch ein Erlebnis mit euch teile, das ich vor wenigen Wochen hatte und welches mich zum eine erschrocken- und zum anderen dazu bewegt hat noch mal intensiver über meine Spielsucht nachzudenken...


wir sind als Familie für 4 Tage in den Urlaub gefahren, nach Holland/Zandvoort(vlt. kennt das ja jemand) War das erste mal in Zandvoort.
es gibt da auch ein Casino, hat mich extrem geritzt, und wäre ich alleine gewesen.....
Bin also da schonmal nicht zocken gegangen, aber darum geht’s auch grade nicht.

Es gibt noch so ne andere Bude, nennt sich Circus. Drei Etagen Hölle, wobei eine Etage ein Kino ist, also nicht relevant.
Die untere Etage ist ne Jugendfreie Spielhalle, die Oberste ist eine +18 Halle mit Automaten, aber auch live BJ und so.... Ich wäre gerne, aber auch da war ich nich zocken.(war ja mit Familie da, außerdem für die Sucht hatte ich Abends mein Handy)

Auf jeden fall sind wir nach unten in die “Kinder Spielhalle“ gegangen, wie erwarten die ersten Maschinen die ich sehe sind so Video Gamer- Auto/Motorad Rennen, Shooter und sowas, die Zweiten Dinger waren diese Greifer für Kuscheltiere(schon immer gerne auf ner Kirmes gezockt) ...dann ist mir so ein Münzschieber ins Auge gefallen! (ich liebe diese Teile, dacht ich mir)(dazu hätte ich noch ne Geschichte, vlt. schreibe ich sie noch am Ende dazu?)

Das erste mal leise lachen musste ich, als ich die Wechsel Automaten gesehen habe, genau die teile die Damals bei mir in den Spielos standen... ok! Weiter an die Theke und erstmal Echtgeld in Spielgeld tauschen! Zweite mal aufgelacht als ich die Münzen in so einem Plastikbecher wie aus der Spielo bekommen habe.

Da kam schon ein Gefühl in mir hoch, das ich hier gut aufgehoben bin... Weiter umgeschaut... jetzt wird mir klar, ca. 50% der Automaten, sind reine Glücksspiel Geschichten(Glücksräder, einarmige Banditen etc.)
Also die ersten Münzen in den Münzschieber und jep „Gewonnen“ 2 Meter langes Band an Tickets kommt aus dem Teil! Ok! Man kann also was Gewinnen!! Tickets! Die Tickets kann man dann wieder in ein Automaten stecken und bekommt Punkte- für die Punkte kann man sich alles Mögliche holen- von Kleine Süßigkeiten über diverse Plastikspielzeuge bis zu Elektronischen Geräten...Alles klar! Für mich als Aktiver Spieler, irgendwie ne feine Sache 

10 Minuten Später sehe ich wie mein Sohn vollkommen im Rausch durch die Gegend springt und am liebsten in jeden Automaten Münzen stecken würde, um Freude Schreiend diese Tickets aus den Dingern zu locken! Ab dem Moment habe ich mir gedacht- Scheisse! Wo sind wir hier gelandet!!

Es war einfach erschreckend mein Kind in diesem Rausch zu sehn, er hat sich da voll reingesteigert und nur mit dem rigorosen Verneine „wir haben keine Münzen mehr“! konnten wir ihn dazu bewegen wieder raus zu gehen! Meinte noch scherzhaft zu meiner Freundin- „Das hat er wohl von mir“!!
Wir waren jeden tag dort, nie länger als 30 – 40 min. aber jeden tag wurde mir unwohler dabei!!! Und es hat mich zum nachdenken angeregt!

Erschreckend! Nicht nur wegen meinem Sohn! Was ist das für eine Höllen Maschinerie in der schon Kinder und Jugendliche so ans Glücksspiel herangebracht werden...

Heute würden mich keine zehn Pferde da rein bekommen, darf nur kein elftes hinter laufen!!!!
bin erst ein paar tage wieder Spielfrei.

Weiß nicht warum? war mir ein Bedürfnis das zu Schreiben, vlt auch weil....

….gestern meine Freundin vorgeschlagen hat, dass wir ja in zwei, drei Wochen noch mal ein paar tage da hin fahren können. Sie fand den Urlaub sehr Schön.(war er Auch!)

Wußte nicht was ich ihr Antworten soll, habe erstmal einen anderen Ort in Holland vorgeschlagen, wo ich mich auskenne, und zu wissen glaube das da nicht in 5 Gehminuten so eine Versuchung lauert.

Aber eigentlich Plane ich ja grade eine Therapie......

Die Beichte rückt näher!

Gruß und Gute 24 Stunden

Moritz

Hi Moritz,

ich war auch schon mal da und kenne das "Circus", gibt es in Holland und Belgien in vielen Strandorten. Ich kann gut verstehen, was du fühlst und mir grault es schon davor, wenn mein Sohn zum ersten Mal auf der Kirmes Lose kaufen will.

Ich war als Kind auch immer fasziniert von solchen Dingern, gerade diese Geldschieber, bei denen man denkt, man könnte mit etwas Geschick und Timing was rausholen - Was für ein Witz.
Mein Papa spielt jede Woche Lotto und als Teenie hat er mir manchmal ein Rubbellos spendiert oder ich durfte in der Pommesbude das Wechselgeld in nen Automaten werfen... Ich habe mich auch schon oft gefragt, ob mit diesen harmlosen Aktionen der Grundstein für meine Sucht gelegt wurde. Ich hab mir auf jeden Fall geschworen meinem Sohn (2) von Anfang an zu erklären, dass das nur dumme Menschen glauben, da wirklich etwas gewinnen zu können und dass die Maschinen maximal für ein bisschen Spaß sorgen und dass man sich die "Gewinne" aber lieber direkt kaufen soll. (So verteufeln wie ich es tue will ich es nicht, weil das bei Kindern den Reiz glaube ich noch mehr steigt. Kennen wir ja alle!).

Habe ich es richtig verstanden, dass deine Familie noch nichts von deiner Sucht weiß? Dann verstehe ich nicht, warum du überhaupt in die Nähe einer Daddelhalle gehst. Bei uns ist das Ganze mehr oder weniger ein Tabu-Thema, es ist klar, dass ich ein Problem habe, aber so lange Ruhe herrscht, wird nicht drüber gesprochen. Sobald ich mit in einen solchen Laden ginge, wäre die Stimmung im Eimer. Wenn die Beichte bei dir kommt, wirst du dir wahrscheinlich zurecht die Frage stellen lassen müssen, wieso du in der Situation auch noch mit eurem Kind in so nen Laden gehst. Ich fürchte, es war für dich auch eine Ersatzbefriedigung, kann das sein? Wie gut, dass du beim Anblick deines Sohnes diese Gedanken bekommen hast. Ich kenne das Gefühl, es holt mich immer knallhart runter und oft frage ich mich, wie es um mich stünde, wenn ich diesen Anker nicht hätte. Eine unglaubliche Last auf den kleinen Schultern, von denen sie zum Glück nichts wissen und es nie erfahren werden.

Viele Grüße
HardyK

Hallo HardyK,

erstmal Danke für dein Verständnis, was da in einem vorgehen kann, wenn man sein eigenes Kind bei etwas erlebt was man eigentlich verabscheut. Es ist interessant für mich, sich mit einem Vater auszutauschen der ein Kind im gleichen Alter hat.

Zu den Münzschiebern wollte ich ja noch ne Geschichte erzählen. Ich nenne sie „Mein erster Spiel-Rusch“.

Ich muss so zwischen 10 und 12 Jahre alt gewesen sein, Kirmes im Dorf, ich bin alleine da hin! Nachdem ich so ein Münzschieber entdeckt hatte, habe ich mein komplettes Kirmes Geld da reingesteckt. Bin bestimmt 5 - 6 mal wieder nach Hause um meine Familie anzubetteln!
Heute weiß ich nicht mal mehr was ich als gewinn bekommen habe aber ich weiß noch wie besessen ich von dem Spiel war, und wie traurig und wütend, das ich nicht weiter spielen konnte und später am Abend das gleiche weil ich kein Kirmes Geld mehr hatte. Die gleichen Gefühle die ich auch 10 Jahre später beim Spielen erlebt habe.

Ob das bei mir schon ein Grundstein für meine Sucht war? Sowas versuche ich grade herauszufinden.

Zitat:
Ich hab mir auf jeden Fall geschworen meinem Sohn (2) von Anfang an zu erklären, dass das nur dumme Menschen glauben, da wirklich etwas gewinnen zu können und dass die Maschinen maximal für ein bisschen Spaß sorgen und dass man sich die "Gewinne" aber lieber direkt kaufen soll. (So verteufeln wie ich es tue will ich es nicht, weil das bei Kindern den Reiz glaube ich noch mehr steigt. Kennen wir ja alle!).


Da bin ich etwas anderer Meinung, allein das mit den dummen Menschen stößt bei mir Persönlich etwas auf, aber ich gehe mal davon aus das du es so, in dieser Altersstruktur erklären willst? Wir werden es ihm schlicht nicht mehr erlauben solche Glücksspiele zu spielen und sollte er fragen warum, dann Antworten wir mit - Mama und Papa mögen diese Spiele nicht! Evt. Noch weitere Kindgerechte Erklärungen....
Interessant/gefährlich wird es ja erst ab einem gewissen alter. Ich habe mich ehrlich gesagt noch nicht intensiver mit Suchtprävention allgemein, bei Kindern und Jugendlichen auseinander gesetzt, aber vom Gefühl her würde ich es schon eher verteufeln und konsequent, ehrlich, authentisch aber auch aufgeschlossen ihm gegenübertreten. Vor allem Clean! Weiß nicht genau wie ich es beschreiben soll, aber vlt. am Beispiel Rauchen.

Meine Eltern haben beide geraucht! Wie um alles in der Welt hätten sie mich davon abhalten können selber zu rauchen? Alle Argumente von ihnen, nicht zu rauchen, haben sich für mich wie eine Lüge angehört.....

Irgendwann werden unsere Kinder auch mal alleine auf ne Kirmes gehen, sollte meiner, sein ganzes Taschengeld in Glücksspiel stecken, bekommt er garantiert kein weiteres von uns + ein aufklärendes Gespräch....... Aber was schreib ich, da muss ich erst mal hinkommen......

Rückblickend hätte ich mir bei dem ganzen Mist den ich gebaut habe, mehr Konsequenz /Konsequenzen von meinen Eltern gewünscht! Es bringt halt nichts sein Kind immer nur aus der Miesere rauszuholen, oder stillschweigend etwas dulden was eigentlich keine Duldung verdient hat, und Am Ende nichts gegen die Ursachen zu unternehmen. Der Zug ist abgefahren und nun liegt es an mir!

Zitat:
Habe ich es richtig verstanden, dass deine Familie noch nichts von deiner Sucht weiß? Dann verstehe ich nicht, warum du überhaupt in die Nähe einer Daddelhalle gehst.

Mittlerweile weiß meine Familie/Partnerin vollumfänglich bescheid! Auch vorher wusste Sie das ich wieder gespielt habe, hatte es aber verharmlost!

Warum wir überhaupt dahingegangen sind kann ich dir sagen! Mein krankes Spieler Hirn hat uns da hin gelotst, den Laden hatte ich schon vorher im netz gefunden, und er hat mich getriggert! Auf der Seite was von Jugendfreier Spielhalle gelesen, und dachte mir – Super! dann können meine zwei Liebsten unten ein bisschen Video Spiele Zocken, während ich oben die Urlaubskasse aufstocke!Urlaubskasse aufstocken?? Wir wissen doch wie es geendet hätte!!! Bevor wir da reingegangen sind wusste ich auch noch nicht das, dass ne Spielo für Kleinkinder ist!

Jetzt bin ich sogar ein wenig froh drüber, das wir da waren, da es wirklich einen Finalen Denkprozess bei mir in Gang gesetzt hat. Wenige Wochen danach habe ich mich hier angemeldet, vorgestern war ich bei der Beratungsstelle und es wird weiter gehen!!!


Zitat:
Ich kenne das Gefühl, es holt mich immer knallhart runter und oft frage ich mich, wie es um mich stünde, wenn ich diesen Anker nicht hätte. Eine unglaubliche Last auf den kleinen Schultern, von denen sie zum Glück nichts wissen und es nie erfahren werden.

Und Ja! auch für mich ist mein Sohn eine der größten Motivationen endlich mit dem Thema Sucht ins Reine zu kommen! Im Moment, der größte Antrieb für mich, bin ich selbst! Ich habe beschlossen das „Warum bist du so“ und „wie kann ich in Zukunft verhindern wieder so zu werden“ zu ergründen! Für mich! Vom Ergebnis kann dann meine Familie, mein Sohn und alle die es wollen Profitieren.

Zitat:
Bei uns ist das Ganze mehr oder weniger ein Tabu-Thema, es ist klar, dass ich ein Problem habe, aber so lange Ruhe herrscht, wird nicht drüber gesprochen.

Wie ist es denn bei dir? Irgendwie klingt das so als ob du noch Spielst??


Habe auch dein Thread „Unterstützung bei der Selbstsperre in O.C.„ gelesen. Good Job, Man!!!

Werde ich umsetzen!

Viele Grüße
Moritz

Hi!

Fast hätte ich vergessen, wenn diese Geräte hier nicht angesprochen worden wären.

Mit ca. 15 Jahren war ich in unserem kleinen Örtchen auf der Kirmes.
Auch dort gab es diese Schiebergeräte.

Ich habe jetzt nicht all mein Geld dort hinein geworfen. Nein ...
Aber ich habe die 5 oder 6 Chips, die ich gewonnen hatte, bestimmt 20 Jahre aufbewahrt, bevor ich sie dann weggeworfen habe.
Irgendwie hatte ich wohl gehofft im Folgejahr weitere Chips zu sammeln um einen der größeren Preise mit nach Hause zu nehmen.

Wir werden es ihm schlicht nicht mehr erlauben solche Glücksspiele zu spielen und sollte er fragen warum, dann Antworten wir mit - Mama und Papa mögen diese Spiele nicht!

Wieso nicht kindgerecht die Wahrheit sagen?
Meine Nichten wissen alle von meiner Sucht. Klar, sie können noch nichts damit anfangen.
Vielleicht folgen aber auch Zeiten, in denen sie nachfragen.
Vielleicht werden sie selber mit dem Glückspiel konfrontiert und erinnern sich dann an diese Gespräche?

Rückblickend hätte ich mir bei dem ganzen Mist den ich gebaut habe, mehr Konsequenz /Konsequenzen von meinen Eltern gewünscht!

Auch ich denke manchmal noch so. Dagegen kann ich mich auch nicht wirklich erwehren.
Tatsache ist aber nun mal, dass Eltern sein kein Lehrberuf ist.
Niemand nimmt Dich an die Hand und sagt Dir, wie Du Dein Kind erziehen sollst.
Und so greift ein jeder auf seine Erfahrungen zurück und versucht es besser zu machen.
Die Hilfe, die erfolgt, die stammt sicherlich nicht aus Pflichtbewusssein, weil man nun einmal der Erzeuger ist, sondern sie wird aus Liebe gegeben.
Und die Liebe unterscheidet nicht unbedingt nach richtig und falsch oder kurz- und langfristig.