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Online-Selbsthilfegruppen Glücksspielsucht
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Fallen lassen ?

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Fallen lassen ?
« am: 08 Juli 2007, 21:49:11 »
Hallo
mein Name ist Alexa. Mein Freund und ich sind nun seit 4 Jahren zusammen. Vor ca. 2 Jahren hat er angefangen hin und wieder mal zu spielen (Automaten).
Am Anfang hab ich mir nichts dabei gedacht, es kam ja nur alles 3-4 Monate vor das er einen "Anfall" hatte und dann richtig (sein gesamtes Monatsgehalt) verspielt hat.
Seit Mitte letzten Jahres habe ich ihn immer wieder darauf hingewiesen das er ein Problem hat.
Da er immer sehr ehrlich zu mir war, dachte ich wir könnten richtig darüber reden, aber das ging nicht. Er konnte mich zwar nicht anlügen, ist meinen Fragen aber immer mehr ausgewichen.
Im Januar, nach dem das ganze Weihnachtsgeld, Gehalt usw. weg war und er mir nicht mal ein Geschenk kaufen konnte, schwor er mir er geht zu einer Beratung.
Daraus wurde leider nichts, es wurde immer nur von Woche zu Woche verschoben.
Nachdem ich mich seit dem mit dem Thema Spielsucht informiert habe, warf ich ihn schweren Herzens aus der gemeinsamen Wohnung.
Ich hatte einen totallen Zusammenbruch, weil ich ihn wirklich sehr liebe aber jeder mir gesagt hat "er muss erst mal tief fallen bevor er merkt was los ist".
Er ist gefallen, aber er hat sich gefangen. Er geht nun zur Suchthilfe und einmal die Woche in eine Selbsthilfegruppe. Allerdings hatte er auch noch  Rückfälle, wie dieses Wochenende wo er wieder 200 € verspielt hat.
Wir haben wieder zusammen gefunden und nächste Woche zieht er wider ein. Er hat begrifen
das er ein Problem hat und gibt dies nun auch offen vor Freunden und Verwandten zu.
Gemeinsam werden wir jetzt eine Lösung finden.
Ich rate jedem Angehörigen, so schwer es auch ist, wirklich den Weg des Fallenlassen zu gehen. Natürlich kann das auch schief gehen.
Aber es kann auch gut gehen. Wir haben dadurch das erste mal richtig reden können.

Ich wünsche jedem Betroffen gute 24 Stunden
Alexa

*

winnetou1

Re: Fallen lassen ?
« Antwort #1 am: 08 Juli 2007, 22:38:58 »
Hallo alexa81,
willkommen hier im Forum!
Dein Beitrag lautet „Fallen lassen?“, nachdem ich Dein Beitrag gelesen habe,
dachte ich Hmm sie hat sich die Frage doch selbst beantwortet.


Ich rate jedem Angehörigen, so schwer es auch ist, wirklich den Weg des Fallenlassen zu gehen.
Natürlich kann das auch schief gehen.
Aber es kann auch gut gehen.
Wir haben dadurch das erste mal richtig reden können.


Seitdem ich Shg`s besuche habe ich eine Allergie gegen solche Sätze,
denn Ratschläge sind auch Schläge! Ich gehe jetzt mal nur von mir aus,
Ratschläge haben mir bisher nicht geholfen.
Ich mache zurzeit Therapie und gehe ins Meeting, das hilft mir.
Aber ob das einem anderen auch Hilft weiß ich nicht,
somit würde ich es auch niemandem Raten.

Ich hatte einige Rückfälle auf meinem bisherigen Weg,
und mir hat das gezeigt das „nur“ aufhören mit dem Spielen
bei mir nicht reicht. Ich musste noch tiefer Fallen um am
eigenen Laib zu Spüren das ich an meinem Verhalten etwas ändern muss.

Du hast vieles über Deinem Freund geschrieben was er macht,
machst Du auch etwas? Du schreibst Du hast Dich viel Informiert,
gehst Du aktiv in Angehörigen Gruppen oder in einer Therapie?

Liebe Grüße
Jürgen

Re: Fallen lassen ?
« Antwort #2 am: 09 Juli 2007, 10:02:23 »
Hallo Jürgen,

leider habe ich mich wohl ein wenig falsch ausgedrückt.
Ich wollte eigenlich nur sagen, das solche Ratschläge sich zu trennen,
die man als Betroffener leider immer zuerst bekommt nicht falsch sind.
Ich habe meinem Freund immer alles abgenommen, ich habe seinen Finanzen geregelt damit er nicht noch mehr Schulden macht, ich war immer für ihn da, hab dafür gesorgt das die Miete bezahlt ist ect. Somit fühlte er sich immer sicher, das jemand da ist er ihn auffängt.
Jeder hat dann immer gesagt du musst dich trenne du machst dich kaputt... ich bin dann zu einer Ärztin, weil es mir immer schlecht ging und somit meinem Freund ja auch.
Sie hat dann gesagt das ich so nicht weiter machen kann und die einzigste Rettung für mich und meinen Freund wäre eine Trennung.
Natürlich tue ich auch heute noch was. Ich geh weiterhin zu meiner Ärztin und versuche mit meinem Freund zusammen den richtigen Weg zu finden. Eine Angehörigengruppe habe ich noch nicht gefunden, bei uns in der Nähe gibts es nur eine Selbsthilfegruppe (die auch schon schwierig zu finden war. Aber ich suche weiter....

Liebe grüße
Alexa

*

winnetou1

Re: Fallen lassen ?
« Antwort #3 am: 09 Juli 2007, 11:06:20 »
Hallo Alexa,

so eine Trennung auf Zeit wie bei Euch beiden habe ich noch nicht mitgemacht, daher kann ich da wenig zu sagen. Bei meinen beiden letzten Partnerschaften blieb es bei Trennung. Ich kann Heute sagen es war von beiden Seiten auch keine Liebe, nur Abhängigkeit.
Bei meiner Ex-Ex war es so wie Du es geschildert hast, sie hat mir alles aus der Hand genommen. Dadurch konnte ich 8 Jahre lang meiner Sucht weiter ausleben. Ich brauchte sie um weiter zu Spielen, und Sie brauchte mich um Ihre Co- Abhängigkeit aus zu Leben. Also im Enddefekt haben sich zwei Kranke an einander festgehalten.

Ich habe Sie sozusagen als Mama benutzt, ich brauchte für mich keine Verantwortung übernehmen, das tat Sie. Ich weiß Heute das es ein sehr mieses Verhalten von mir war, aber es war so! Ich als Spieler habe auch mit Menschen gespielt, ich habe belogen und betrogen um weiter Spielen zu können. Oft habe ich Ihr gesagt wie sehr ich Sie Liebe, aber nicht weil ich das Gefühl hatte, sondern um Sie zu Manipulieren.
Ich Liebe Dich--- Ich hab Dich Lieb--- Ich mag Dich……sind alles Sätze gewesen um das zu erreichen was ich wollte. ““SPIELEN““!!!
Gefühle kannte ich zu den Sätzen nicht. Heute bin ich damit sehr vorsichtig, ich versuche es Lieber Menschen zu zeigen dass ich sie mag, das hat mehr Wert wie ein paar Worte.

In der Selbsthilfegruppe in der ich gehe sind einmal pro Monat auch Angehörige willkommen. Und auch an anderen Tagen wenn Angehörige auftauchen wird gemeinsam abgestimmt ob die oder der bleiben dürfen. Bisher habe ich das noch nicht erlebt das Angehörige wieder gehen mussten.  Vielleicht gibt es in der von Dir erwähnten SHG ähnliches.

Liebe Grüße
Jürgen

*

Offline Jörn

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Re: Fallen lassen ?
« Antwort #4 am: 09 Juli 2007, 17:56:26 »
Ich finde es bemerkenswert, dass viele Co-Abhängige den Weg zum Partner/in zurück finden. Mein damalige Verlobte hatte sich gar nicht mehr Interessiert, welche Entwicklung ich weiter verfolgte; wir hatten uns ebenso von Bett und Tisch für entgültig getrennt. Sie war es leid mit ein kranken Menschen wie mir den Unterhang in die fast Obdachlosigkeit aus der Ferne zu begleiten.
Ich hätte sie wahrscheinlich auch nicht gebrauchen können, weil ich es so wollte, weil mich aber rein gar nichts mehr davon abhielt weiter zu machen.
Es mussten alle Türen bei mir sich verschließen. Ich stand dem Abgrund ziemlich nah, und es gab für mich nur zwei Möglichkeiten. Da ich mir immer geschworen hatte, niemals unter einer Brücke zu schlafen, könnte ich behaupten, dass ich den Tot ins Auge sah.
Viel hätte auch nicht gefehlt. Ich war immer glauben ein hoffnungsloser Fall zu sein. Meine Rückfallgeschichten interessierten auch keinen mehr in den SGHs, die ich besuchte. Ich wollte ja aufhören, aber der Zwang zu Spielen war zur der Zeit größer.
An meinen letzten Rückfall kann ich genau mich erinnern. Weihnachten noch 50 deutsche Mark in der Tasche, und die Auswahl  Verhungern oder entgültig kapitulieren. Parallel hatte ich Monate zuvor eine weitere stationäre Therapie (meine zweite) beantragt, und so konnte ich nach drei weiteren Wochen des hoffen und bangen in Therapie fahren. Aber bis dahin war das Hölle für mich. Drei Wochen lang nicht spielen. Zumal die 50 DM in Lebensmittel umsetzte und krank feierte bis zur „Rettung“.
Selbst noch weitere drei Wochen bin ich teilweise aus den Schlaf gerissen worden und schweißgebadet nachts duschen gegangen. Ich war fertig. Ich lag auf den Boden.
Ich bin so tief gefallen, dass ich meine Gläubiger damals für drei Monate Aufschub bat, um wenn die Therapie erfolgreich werden sollte, was sie auch war, ein Konzept zu erarbeiten, wie ich meine finanzielles wieder auf die Bahn bekam und alle zufrieden gestellt wurden.
Selbst meine Verwandten wandten sich von mir ab. Ich hatte damals keinen mehr um mich herum. Weil keiner die Spielsucht als Krankheit akzeptieren wollten. Ich damals ehrlich gesagt auch nicht trotz damaliger fünfjähriger Erfahrung mit Selbsthilfegruppen, die mir nichts brachten.
Ich hatte mich um hundert achtzig Grad drehen müssen, weil viele Möglichkeiten gab es nicht mehr.

Heute kann ich mit Provokationen leben... ich brauche es.... aber ebenso haue ich auch gerne mal in die Kerbe... weil der Scheiß, was uns mit der Spielsucht gemacht hatte, brauchen wir das... ich kennen keinen, der kein Kind von Traurigkeit wäre.... ich bin selbstkritisch, aber ebenso gegenüber andere... ich lebe damit.... es funktioniert nur, wenn der unterste Weg gegangen wird.... der weg zum Ziel kann es nicht sein, sondern das Ziel soll der Weg sein.... Um Gottes Willen möchte ich mich nicht wichtig nehmen, weil ich allen Grund genug habe über mich selber lachen zu können, inzwischen schon...       
 
"Alte Türen werden sich schließen - neue Türen werden sich auftun - ich muss nur diese neue Türen nacheinander öffnen..."

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Offline Jörn

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Re: Fallen lassen ?
« Antwort #5 am: 10 Juli 2007, 21:57:36 »
Mir fällt noch gerade so spontan das Lied von Saga ein – „Wind him up“.... bei mir war das Lied zutreffend. 
"Alte Türen werden sich schließen - neue Türen werden sich auftun - ich muss nur diese neue Türen nacheinander öffnen..."

 

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