Hallo,
ich bin die (Noch?)-Frau eines Poker-Spielers und habe vor zwei Wochen die räumliche Trennung vollzogen. Jetzt versuche ich mir klar zu werden, in wie weit sein Verhalten schon Spielsucht ist, oder ob ich übertreibe/Gespenster sehe. Vorneweg: Mein Mann hat immer gern gespielt und war als Kind am guten alten 64er viel auf Rekordjagd. Am Anfang unserer Beziehung und Ehe hatte er andere Hobbys und außer gelegentlichen Brettspiel-Runden mit Freunden war Spielen kein großes Thema. Hilfsbereitschaft oder das Übernehmen von Verantwortung war allerdings auch damals schon problematisch, auch wirklich preisgeben, was in ihm vorgeht, schwierig bis teilweise nicht möglich. 2007 mit beginnendem Poker-Boom haben wir mit Freunden angefangen immer mal zu pokern, um cent-Beträge, was lustig war und unproblematisch. Meinen Mann hatte aber der Ehrgeiz gepackt und er begann sich in die Pokerliteratur reinzuknien und wurde schnell der beste Spieler in unserer Runde.Er ist Ehrgeizig und willensstark, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, zieht er es auch durch. Leider begann er auch online zu spielen und das phasenweise bis heute. Ich betone phasenweise, gibt es Spielsucht auch in Episoden? Er hat immer genau Statistik über Gewinne und Verluste geführt und in den ersten Jahren etwas Geld damit gewonnen. Dennoch war das Thema immer ein großer Streitpunkt zwischen uns, denn er ist ein schlechter Verlierer und wurde extrem jähzornig, ging soweit, dass er mal ein Laptop zertrümmert hatte, Stühle umschmiss, Türen knallte. Wenn die Lage bei uns dann eskaliert war, war für viele Monate Schluss damit. Er braucht dann allerdings irgendein anderes Hobby, in das er versinkt, er sagt, er braucht ein Ziel, Erfolg um seinen Akku aufzuladen. Den Job sieht er nur als Gelderwerb, geht ganz gern hin, aber kniet sich dort nicht wirklich rein. Lange Rede, kurzer Sinn, da er mit online-poker emotional nicht umgehen kann und immer wieder gesagt hat, damit ist Schluss, bringt nix, hatte er im November wieder damit angefangen. Ich hatte das nicht so mitbekommen/wahrgenommen, weil ich durch eine Erkrankung im Familienkreis sehr angespannt war und nervlich sehr belastet. Der Weihnachtsurlaub war dann eine Katastrophe und auch die Zeit danach, weil er sich in den Kopf gesetzt hatte, ein größeres Turnier gewinnen zu wollen und Stunden täglich nur noch vor dem Rechner verbrachte. Als er dann innerhalb von zwei Tagen 200 Dollar verspielt hatte und wieder ausrastete, war es aus bei mir. Ich sagte ihm unmissverständlich, Poker und wir, das funktioniert nicht mehr. Seine Antwort daraufhin, ok, dann such ich mir eine Wohnung, ich lasse mir nicht alles verbieten. Ich hab ihm immer viel Freiraum gegeben, bin viele Kompromisse eingegangen, hab ihn bei seinen anderen Aktivitäten oft Unterstützt, und in diesem Moment hatte ich die Nase schlicht voll. Ich fragte ihn ein paar Tage wiederholt, ob das sein Ernst sei, er meinte ja, er pokert nicht mehr, so lange er hier wohnt (hat er in diesen Tagen auch nicht gemacht), aber sobald er eine Wohnung hat. An dem Tag als er den Rückzieher machen wollte, hab ich auf seinen Auszug bestanden. Ich konnte schlicht nicht mehr. Er wohnt jetzt bei seinen Eltern, hat hoch und heilig geschworen dass schluss ist mit online poker, hat sich aber schon ein eigenes girokonto eingerichtet (wir hatten ein gemeinsames) und inzwischen auch PC als auch Pokerbücher und andere Dinge dorthin geholt. Er hat übrigens nie Automaten gespielt oder Roulette, ist aber der festen Überzeugung, dass Poker kein reines Glücksspiel ist (mag sein) und wenn er genug trainiert wird er langfristig erfolg haben. Wie gesagt, es gab lange Phasen (die längste glaub ich 1,5 Jahre) seit 2007, in denen er nicht gespielt hat. Ist immer arbeiten gegangen und auch nicht die Nacht durchgezockt. Trotzdem spielsucht? Bin ich mitschuldig, wenn er jetzt tiefer reinrutscht? Sollte ich seine Eltern nochmal darauf aufmerksam machen? (seine Tante weiß, dass das ein wiederkehrender Knackpunkt bei uns war, wenn auch wahrlich nicht das einzige Problem, wir haben auch unterschiedliche Vorstellungen von Nähe/Distanz in der Beziehung und ich die Auffassung, das Verhältnis Geben/Nehmen stimmt bei uns nicht). Er ist knapp 40 Jahre alt. Er hat versprochen, wegen seiner ganzen Probleme (sieht vieles negativ, erwartet viel von seinen Mitmenschen) eine Therapie anzufangen, aber das hatte er schon mal und ist nur einmal hingegangen. Diesmal hab ich es nicht verlangt, kam von ihm, kann nur hoffen, er versucht es. Ich selbst habe wegen Ängsten eine Therapie gemacht und mein Therapeut hat mich unterstützt in der Entscheidung der räumlichen Trennung, weil ich mit den Nerven echt am Ende war. Gibt es irgendwas was ich tun sollte? Auch für mich? Bin dankbar für alle ehrlichen Antworten!! Viele Grüße grisham2015