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Hilfe für einen guten Freund

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Hilfe für einen guten Freund
« am: 08 Oktober 2014, 09:38:57 »
Hallo,

Ich habe folgendes Problem, das mich nun seit einiger Zeit sehr beschäftigt:
Ein langjähriger Freund ist seit einigen Jahren spielsüchtig. Noch dazu leidet er an einer multiplen Persönlichkeitsstörung und Depression. Er hat mehrere Suizidversuche hinter sich und war mehrfach in stationärer Behandlung (auch speziell wegen der Spielsucht). Bisher habe ich versucht mein bestes für ihn zu tun, aber viel Abstand zu halten um mich zu schützen. Leider kann ich es immer weniger ertragen, ihn so zu sehen. Er hat natürlich hohe Schulden. Sein Job ist wieder weg und wahrscheinlich wird er sein Auto nicht länger behalten können. Er muss jetzt Privatinsolvenz anmelden. Er hat eine Art Betreuer, der finanzielle Dinge regelt. Er sagt er kann zu diesem Mann keine Beziehung aufbauen und mit ihm das weitere Vorgehen planen. Ich denke das liegt daran, dass er hier keine Möglichkeit hat über weinen oder Aggression an sein Geld zu kommen.

Nun ist es so, dass ihm das Gespräch angeboten habe und auch ihm im Rahmen meiner Möglichkeiten zu helfen. Ich meine mit Hilfe Papiere sortieren, vielleicht bei Gesprächen mit dem Betreuer dabei sein, zuhören - eine Konstante in seinem Leben sein, auf die er sich verlassen kann, die aber auch klare Grenzen hat.

Aktuell sprechen wir darüber, dass er Angst vor der Überweisung des Arbeitslosengeldes hat. Er wünscht sich, dass jemand das Geld an sich nimmt, damit er es nicht verspielen kann. Ich halte das für keine schlechte Idee, habe aber keine Ahnung wie man das realisiert.

Ich habe den Eindruck, bzw. ich weiß aus Gesprächen heraus, dass er sehr überfordert und verzweifelt ist. Im Moment ist ein Tiefpunkt erreicht und ich sehe es als eine Chance. Er weiß, dass er süchtig ist und will es schaffen. Aber er sieht kein Licht am Ende des Tunnels.

Bitte sagt mir was für Möglichkeiten es gibt. Wie kann ich ihn unterstützen? Wie weit sollte/kann man sich einmischen?

Ich bedanke mich vielmals im Voraus für eure Hilfe. Es hat schon gut getan es mal loszuwerden.

Viele Grüße Dream

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Offline andreasg

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Re: Hilfe für einen guten Freund
« Antwort #1 am: 08 Oktober 2014, 19:05:36 »
Hallo DreamofDarkness,

wenn ich den (medizinischen) Befund lese und, die Praxis, daß Dein Freund trotz stationärer Therapien sich nicht von den Fesseln der Spielsucht befreien kann, frage ich mich: für was willst Du Dich noch engagieren? Du schreibst von Schutz für Dich selber. Den nimm einfach an. Wenn Du in Deine Beziehung zu ihm noch einen quasi Betreuer einfügst, könnte es nicht schon mehr als überlastet werden?
Um das Arbeitslosengeld auf ein sicheres Konto zu bringen, braucht es einen gerichtlich bestellten Vormund, der das Konto verwaltet. Ich berufe mich hier allerdings nicht auf §§, mehr auf meinen Verstand. Das lässt sich aber verbindlich beim Amtsgericht und dei der Arbeitsagentur erfragen. Dazu gerne ein Fingerzeig an die Sozialberatungsstellen.
Wichtig für Dich sollte sein, es nicht zu Deiner Chefsache zu machen, sondern  treuhändlerische Hilfe - für Dich zu ersuchen.
Angehörige(r) eines psychiartrischen Menschen haben selber schwerste Arbeit an sich selber zu tun, um die Belastungen loszulassen, so mein Facharzt.
Ich wünsche Dir viel Kraft und Halt
und schöne 24 Stunden
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

Re: Hilfe für einen guten Freund
« Antwort #2 am: 08 Oktober 2014, 20:19:27 »
Hallo Andreas,

Danke für deine Antwort.
Mich zu schützen ist mir bisher gelungen und ich habe auch nicht vor das zu ändern. Ich weiß, dass das wichtig ist. Ich war selber lange in Therapie wegen Depressionen und habe gelernt damit umzugehen und mich Situationen zu entziehen, wenn sie für mich nicht mehr tragbar sind. Mein Leben geht schließlich trotzdem weiter und ich will nicht unter der Sucht eines anderen leiden.

Ich möchte diesen Menschen aber dennoch nicht aufgeben, auch wenn es scheint als gäbe es nicht viel Hoffnung.
Ich finde jeder Mensch hat es verdient, dass ihm jemand zur Seite steht und an ihn glaubt. Vielleicht etwas stützt. Ist das verwerflich? Meinst du das ist kontraproduktiv?

Ich will ja nicht sein Therapeut sein, dass wäre Irrsinn und zudem lebe ich in einer Beziehung und habe auch nicht die Zeit um oft bei ihm zu sein. Ich möchte nur unterstützen und nichts falsch machen..

Danke und viele Grüße
Dream


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Offline Ilona

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    • Fachverband Glücksspielsucht e.V.
Re: Hilfe für einen guten Freund
« Antwort #3 am: 08 Oktober 2014, 20:39:20 »
Hallo Dream,

Glücksspieler, die Unterstützung aus ihrem sozialen und familiären Umfeld haben, haben bessere Chancen sich von der Sucht zu lösen. Daher ist es natürlich richtig und hilfreich, dass du Hilfe anbietest. Die Frage ist nur, wie kann diese Hilfe aussehen, damit sie hilfreich ist und wirkt. Es wäre z.B. wichtig, dass alle an einem Strang ziehen. Dein Freund, die Beratungsstelle, der Betreuer und du. Darum sollte man miteinander reden und gemeinsam überlegen, wer wie helfen kann. blöd wäre, wenn jeder vor sich hinwerkelt.

LG Ilona

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Offline andreasg

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Re: Hilfe für einen guten Freund
« Antwort #4 am: 08 Oktober 2014, 22:16:21 »


[Ich möchte diesen Menschen aber dennoch nicht aufgeben, auch wenn es scheint als gäbe es nicht viel Hoffnung.
Ich finde jeder Mensch hat es verdient, dass ihm jemand zur Seite steht und an ihn glaubt. Vielleicht etwas stützt. Ist das verwerflich? Meinst du das ist kontraproduktiv?]

Mir ist es leider nur möglich als 1. Betroffener Spielsüchtiger und 2. als Angehöriger eines psychiartrisch kranken Menschen zu schreiben - und so lese ich Deinen Beitrag natürlich auch.
In der Co - Abhängigkeit überschätze ich sehr oft meine Fähigkeiten, die ich in meinen Klinikaufenthalten erfahren habe. Ich versuche, diese auf andere Betroffene anzuwenden, auch wenn diese das nicht wollen: mein Co - abhängiges Strickmuster.
Deshalb Dream, kann ich nicht übereilig von Kontraproduktivität sprechen, wenn ich die Verhaltensmuster anderer sehe. Ich bin da selber noch unbeholfen, aber auch durchaus interessiert.
Ilona hat es wesentlich knapper und präzise formuliert. Ich meine, daß ein Mensch, bei dem Therapien (noch) nicht angeschlagen sind, weiterhin bemüht sein muß, nach Genesung zu streben. Er muß es aber alleine aus seinem eigenen inneren Impuls herraus tun. Und in der von Dir beschriebenen Anamese tut professionelle Hilfe Not.
Einen Guten Abend
Andreas   
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

Re: Hilfe für einen guten Freund
« Antwort #5 am: 09 Oktober 2014, 16:54:02 »
Hallo Ilona,
Hallo Andreas,

Vielen Dank für eure Meinung und die Ratschläge.
Ich werde nochmal das Gespräch mit ihm Suchen und evtl lässt sich ein Gesprächstermin mit dem Betreuer vereinbaren, an dem ich da sein kann.

Vielleicht könnte ihm auch ein Besuch in diesem Forum ein Anstoß sein...

Andreas, ich finde Deine Sichtweise sehr hilfreich und interessant. Aufgrund meiner eigenen Erkrankung und Erfahrungen in meiner Vergangenheit bin ich sehr interessiert an der menschlichen Psychologie. Ich spreche gerne über Erfahrungen, habe aber auch oft Gespräche mit Fachleuten. Nur leider nicht zum Thema Glücksspiel...
Was mir selbst in schwierigen Situationen übrigens immer sehr hilft sind meine Tiere. Es gibt wenig Anderes, das mich so beruhigen kann wie sie.

Eine Frage hab ich noch:
Wie reagiert man, wenn er gerade wieder spielen war und es mir mitteilt? Bisher bin ich einfach nicht darauf eingegangen. Habe ihn weder bemitleidet, noch habe ich sauer reagiert. Ist das so richtig?

Ich danke euch vielmals! Ich hätte nicht gedacht, dass mir das hier so viel gibt.

Viele Grüße
Dream

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freitagessen

Re: Hilfe für einen guten Freund
« Antwort #6 am: 09 Oktober 2014, 23:10:22 »
Hi Dream,

Zitat
Wie reagiert man, wenn er gerade wieder spielen war und es mir mitteilt? Bisher bin ich einfach nicht darauf eingegangen. Habe ihn weder bemitleidet, noch habe ich sauer reagiert. Ist das so richtig?

Wie würdest Du reagieren wenn ein dir nahe stehender "schwer"erkrankt ist?

Nein...ich denke (und bin auch ziemlich sicher) Du wirst ihm nicht helfen können.
Hilfe für "ihm", also notwendige Medizin gibt es in Form von SHG/GA (Selbsthilfegruppe/n für Spielsüchtige) Ambulante oder aber auch Stationäre Therapien.

Kurzgefasst....überwiegend und bei bis zu 99,99% der Spieler/innen (so meine Erfahrung) hier bedarf es Professionelle Hilfe. (hier sind auch seine Ansprechpartner!)
Bei einen "Spieler/in" allerdings sollte dieses auch gewollt sein und ihm/ihr jetzt in eine bestimmte ecke (auch wenn es noch so gut gemeint ist) hinein zu pressen (was Du natürlich auch nicht möchtest ::)), wird auch bei den allerwenigsten zum gewünschten Erfolg führen!

Als nicht direkt betroffene könntest Du ihm diese Medizin anbieten, aktiv aber sollt "ER" möglichst selber werden!
Nicht spielen wollen wir alle, umsetzten aber die wenigsten.

"Begleiten" <---- (hier würde meine Grenze sein) kannst und darfst Du ihm aber auf s/einen Weg!
 

Lg Rainer
« Letzte Änderung: 09 Oktober 2014, 23:36:55 von freitagessen »

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Offline andreasg

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Re: Hilfe für einen guten Freund
« Antwort #7 am: 10 Oktober 2014, 10:30:46 »
Hallo Dream, halle Rainer,

Selbsthilfegruppen bringen es, die Tür steht offen. Alles ist gut und richtig. Bin fast geneigt, meine Erlebnisse aus dem gestrigen Spieler - SHG - Meeting hier einzubringen. Das Gruppengeheimnis, die Anonymität ist der Schutzraum.
Viele - die meisten "trockenen Spieler" haben einen oder mehrere Klinikaufenthalte erlebt; bei mir wares es drei Klinikaufenthalte.
Aber ich kenne auch Spieler, die von der Spielstätte aus in die Selbsthilfegruppe kommen und dauerhaft spielabstinent werden. Gleiches kenne ich von den Alkoholikern. Da sitzen auch Menschen zitternd im AA - Meeting, ohne vorher "im Trockendock" entgiftet worden zu sein bis die Hände ruhig und der Verstand nüchtern wird.
Es ist und bleibt eine latente Sehnsucht in mir, von einem nicht - spielenden Angehörigen verstanden zu werden, warum ich Verstand, Beziehungen und Geld aus dem Fenster schmeiße rs. in die Spielstätten feuerte. Ich habe versucht, meine damalige Ehefrau in die SHG's für Angehörige zu manipulieren, eben um den Gegenpol eines gegenseitigen Verständnisses in der Schwere zu finden. Meine Ex - hat mich - bis Heute immer dahin gehend unterstüzt, in die Spieler Gruppen zu gehen, sie hat keinen Bedarf.  - Ohne meine klinische und ambulante Therapie könnte ich das nicht verstehen, Heute sind wir "glücklich Geschieden"
Ich will damit sagen, die Therapie tut ihren Teil, die Sebsthilfegruppen auch den ihren, nur den A.sch hochkriegen, kann nur jeder für sich seber.

Viele liebe Grüße und schöne 24 Stunden
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

 

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