Für mich ist es von Bedeutung, mich von meinem Rechner zu erheben, auf den Balkon zu gehen, durchzuatmen. So stehe ich auch auf, wenn sich draußen vor dem Haus etwas absspielt. Ein Mann mitteleren Alters spielt lautstark mit seinem Hündchen. Aha, der Ex - einer guten Freundin. Werde sie gleich anrufen und es ihr mittteilen ... Saß nicht auf der Bank neulich eine Frau, qualmte und schimpte ihr Handy heftig aus? Zwei Menschen, die nicht zu meiner Hausgemeinschaft gehören, die mir aber durch Selbsthilfegruppen bekannt und vertraut sind. Wenn ich nicht in Unterwäsche - noch ohne Kompressionsstrümpfe am Fenster gestanden hätte, wäre ich zur Dame runter, hätte den Rauch geschluckt und mich bemüht, sie wieder in den Meetingsraum zu ziehen.
Ich kann es mir auch als Frage stellen: Will ich das noch? NEIN! Mich daneben wind abgewandt auf die Bank setzen und einen Hund mal die Hand zum ablecken hinhalten ja. Ich brauche nur eben nichts dafür zu tun, ich brauche keine Erwartungen , keine Projektionen. Ich brauche niemanden mehr ändern, nur noch mich selber. Dienstag wollte ich in ein Meeting gehen, für Menschen mit dem Helfersyndrom, meinen 11. Jahrestag der Rauchabstinenz feiern. (Meine letzte Zigarette rauchte ich am 24. Juni 2003 vor 9:00 Uhr Morgens auf einer Fahrt im Regionalzug im Allgäu). So kam ich froh im Regen zum Meetingsort. Ein Din a4 Blatt verwies darauf, daß das Meeting wieder ausfällt. Eine Frau saß traurig rauchend auf den Treppenstufen. Sie wollte nicht viel reden. Vielleicht hätte ich ihr doch die Krise klauen können? - Gestern wollte ich kein Meeting. Hatte um 18:00 Uhr einen wichtigen Termin in der Kirchengemeinde im großen Gemeindesaal: Public Viewing in der Kirche. Die Kinder geschmikt, eine Seniorin mit schwarz-rot-goldenem Schal. Das Bier ging herum und ich erfrischte mich mit Cola. Es ist so leer, wenn ich die ganze Zeit zuhause nur in den Monitor, Computer oder Fernseher glotze. So zog ich los, zum Fahrradcorso in eine herrliche Abendstimmung. Später, im Fahrradabteil der S - Bahn saßen eben noch mehr geschminkte Menschen. Ich habe ja nicht nur den Schlüssel für das Gemeindehaus, wenn ich Dienst am Kirchenkaffee habe, den Schlüssel für einen Meetingsraum, den Fahrradschlüssel. Mehr noch den Schlüssel für meine Wohnung. Wenn ich mit mir in Frieden lebe, dann stellt sich Ruhe ein. Während der Fußballübertragung stellte ich mein Händy auf "Besprechung". Um 19:33 Uhr kam ein Kontaktgesuch. Aber gerade da war es spannend. Ein trauriger Gedanke: Habe ich durch das Spielen schon einmal das wirkliche Leben versäumt? Meine Lieblingsfrage unter den 20: "Hast du schon einmal länger gespielt, als du eigentlich wolltest. Wo kann ein Nein Selbstironie werden, wo aufrecht. Wenn ich Ja zu mir selber sage, klingt ein Nein auch konsequent. Meine Gedanken und Gefühle gehen zu denen, die an Abenden mit Events wie der WM, den Schlüssel an sich nehmen, weil jemand vor der Tür stehen kann, auch wenn es der Person gut geht, oder gerade deshalb.
So kann ich nur hoffen, daß die - der AnruferIn um 19:33 Uhr wieder anruft und nicht locker lässt. Ich kenne das GFefühll: alleine im Raum zu sitzen, zu warten, zu zweifeln, zu grübeln, zu entspannen, zu singen - und plötzlich geht die Tür auf. Letzen Sonntag wurde ich so beschenkt.
Vorgestern unternahm ich einen Ausflug in eine Mittelstadt mit historischem Stadtkern. Es wurde eine Slalomlauf, den ich eigentlich kaum wahrnehme. Wenn eine Spielstätte kommt, wechsele ich auf die andere Straßenseite. So ging ich im Zick-Zack durch diese Fachwerkstadt. Eben mal nachgeschaut, wo die nächste Spieler SHG ist: Gut 80 km entfernt, "bitte nachfragen, ob ein Meeting stattfindet".
In dieser Stadt nun bin ich einmal gewesen um ein Fußballspiel zu sehen, live. Warum sollte ich nicht wiederkommen, ohne den Rauch des Vergangenen.
einfach nur ankommen und eine Tür öffnet sich.