Hallo, ich bin Andreas, ich bin Spieler und ich habe Strukturelle Mängel.
Meine Mutter erwähnte und meint es noch Heute, dass ich mich einer Laien-schauspielgruppe anschließen sollte. Sie berief sich auf ein Gespräch mit meinem damaligen Schulrektor, der wohl dieses Talent in mir entdeckte. Jener Pädagoge das aus wie zwischen J.W. v. Goethe und Gerhard Hauptmann und er sprach nicht mit uns Schülern. Er schlug einfach nur zu. Schläge tun so weh, machen Schmerzen. Gerade Kinder, besonders Schüler wollen wissen, welchen Weg die Welt der Erwachsenen ihnen bietet, Kinder sind begierig zu lernen, wollen sich in Liebe leiten lassen. Also bin ich nicht dem Schmerz gefolgt und habe stattdessen als umgepolter Linkshänder meine Aufsätze in dem finstern Klassenraum geschrieben. Wäre so mancher Einser bei raus gekommen, nur die Rechtschreibschwäche...
Mit der Musik habe ich ja auch so meine Schwäche. Es ist mir unverständlich, Menschen in Notenblättern agierend zu erleben. Do liebe ich Musik - und als der elterliche Plattenspieler beim Auflegen einer 10 Zoll - Platte mit gelbem Label. "ta ta ta taa - ta ta ta taa machte, wurde ich im zarten Alter von 10 Jahren Fan von Klassischer Musik, besonders des ertönenden Komponisten.
Da ist sie Mutter eines jungen Komponisten, die den Ehrgeiz hat, ihren Sohn in die Garde der großen Komponisten als derer 4. im Bunde aufzunehmen. Wohin mütterlicher Ehrgeiz im Bezug auf deren Sohn/Söhne geht kenne ich aus meiner eigenen leidvollen Erfahrung.
Also bin ich in meinen Gedanken und in meinen Gefühlen die Liste der Großen B's durch gegangen - im Bezug auf derer größten Werke:
Bein ersten kann ich das schon nicht feststellen, weil jener Komponist das Mass aller Dinge ist. Jede Bewertung einses seiner gut über 1000 Werke ist überflüssig. Wenn da nicht die Partitur wäre, die bei einem Freund Goethes(!) einem Herrn Zelter in der Schublade schmorte. Wie viele gute und wunderschöne Dinge liegen im Verborgenen. Ich glaube nicht, daß der Komponist wußte, was er der Menschheit hier in der Schublade vorenthielt.
Es war ein junger jüdischer Dirigent und Komponist, der dieses Werk entstaubte. Das erste mal hörte ich es in der Herrenhäuser Kirche, als ich meine spätere Ehefrau kennen lernte und noch den Mief - der Kaffeemühle - einer verdeckten verqualmten Spielstätte in meiner Kleidung mit mir führte. Der Gestank von abgestandenem Rauch in der Jacke - und dann der Schlußchor: "Wir legen uns mit Tränen nieder" Ich habe wirklich Bäche geheult. Es war viel - viel reinzuwaschen.
Meine Bemühungen doch vielleicht das Singen - auch noch im Kirchenchor - zu proben, mit dem tiefgründigen Ziel Akzeptanz mit mir im Benehmen mit meinen Mitmeschen zu führen, brachte mich in die Christliche Partnergemeinde nach Dresden. So stand ich 1995 auf dem Neumarkt vor den Trümmern der Frauenkirche. Ist nicht auch mein Leben ein Trümmerfeld gewesen? Wie lässt sich zerbrochenes zusammenfügen, wenn nicht neues entsteht?. Welche Energie braucht es, welche Leidenschaft, welche Liebe zur Musik. Hier denke ich an den Musikprofessor der bündelweise Geldscheine - für sei Ideal - treuherzig sammelte - und dessen Leidenschaft seiner Trompete entrinnt. Nach aller Zerstörung, dann aber auch nicht im Schmerz verharrend bleibend, sondern im Gedanken, sein Trümmerfeld aufzubauen und ein Lied zu senden, ein kleines Lied nur, das baut wirklich auf. Als ich am Himmelfahrtstag in der wieder aufgebauten Frauenkirche stand, sang ich ein Benediktus. Das Benediktus des Wieder-Eröffnungskonzerts in meiner Bassstimme. Der Komponist dieser Messe kannte keine Ehrfurcht vor Despoten und Diktatoren. Seine Musik brachte die unüberwindlichste Mauer zum Einsturz! Mauern entstehen unter Menschen, aus der Angst , nicht verstanden zu werden, in der Angst, das Nichts könne noch entwendet werden. Wenn mir nichts mehr bleibt - dann bin ich frei.
Eigentlich ist es eine Ode an die Freude, aber - er sagte es selber- "mein größtes Werk" sein Weg, als er im Komponieren den Gott seines Verständnissen gefunden hat, Das Werk, das den Frieden in eine unfriedliche Welt bringen mag ist ein Zeugnis der Liebe.
Die Gabe des Zuhörens, vielleicht eines Deutschen Requiems an der vertrauten Stelle , hier für mich in der Marktkirche in Hannover. Wer in den vollbesetzten Zuschauerreihen, kann diesen Typen unten auf dem Altarbild erkennen, der, den Knobelbecher in der Hand um das Gewand Jesu - Christi zockt? So saßen meine beiden Schestern neben mir, ihren "großen" Bruder und wir hörten das Werk eines hoch angesehenen Komponisten. Er schrib es in jungen Jahren und es hat die Reife, die Würde, die eines seriösen angesehenen weltgewandten Musikers. Was bringt den Genius zum klingen? Warum fand meine Schwester den Weg über Galerien und Kuratoren, bis sie die Bilder und Wandteppiche meines Vaters in der Marktkirche ausstellen ließ. Nach derer Firnisage fand ein Gottesdienst im Rahmen einer Down-Syndrom-Woche statt. So saß in dieser ehrwürdigen Kirche ein normales Puplikum und wurde umgeben von behinterten Kindern, die nichts als Liebe in die Dunkelheit brachten. Dazu im Eindruck der farbenfrohen Bildes meines Vaters. Wie lieblich sind deine Wohnungen, wie schwer fällt es mir noch immer "normal" zu sein, auch oder gerade weil die Schwestern Zeuginnen meiner Tränen waren.
Es lässt sich der Vater alleine nicht für mich und meine Persönlichkeit verantworten, weil er immer schwieg. Mein Vater schwieg und malte, malte und schwieg. Die , meine Mutter brauchte einen Ersatzmann, mich!, Ich besorgte den Haushalt, räumte ihre Unzulänglichkeiten aus dem Weg, hörte ihr zu, gab ihr Beistand in schweren Lebenslagen und verspielte ihr Geld. Meine Mutter idealisierte mich vor allem, über alles. Was bricht eine Mutter, was braucht, was hilft der Mutter, ihren Sohn seinen Werg gehen zu lassen? Der junge eher unbekannte Komponist, der am Ende des 2. Weltkriegs ein paar Nägel aus einer von V2 - Raketen zerstörten Kathedrale aufsammelte und mithilfe von Freunden einen untrügerischen Sinn für Wiederaufbau und Versöhnung suchten, jener Musiker nahm seine Nägel und komponierte damit daraus ein Requiem.
Im Nachlass meines Vater fand sich eine Arbeitsmappe, darauf stand "Bergen-Belsen" Am 21. August bin ich mit meinem Halbbruder in der Gedenkstätte gewesen und habe mit einem Historiker übd Archivar lange lange gesprochen. Die Arbeitsmappe meines Vaters befindet sich nun in guten Händen. - Noch bin ich nicht soweit, darüber explizit zu schreiben. Die Gedanken und Gefühle darüber tosen wie ein Tornado.
Wenn ich in einem Gefühlschaos bin , gehe ich als Werkzeug meiner Genesung in ein bestimmtes CD - Geschäft mit Klassischer Musik. Da lag es in der DVD - Abteilung ziemlich vorne. Erst als ich die DVD an der Kasse bezahlte, sah ich auf dem Cover das Nagelkreuz von Conventry, jenes, das den Altar der Dresdner Kreuzkirche schmückt und in die Frauenkirche getragen wurde. In der schlaflosen Nacht zu meinem Geburtstag habe ich es mir angehört - angesehen. Es ist einfach nur das Schweigen, die Stille, das in-sich-ruhig-werden, der Frieden, der den Morgen grüßt.
Vielleicht hat die Intuition der Mutter nicht getrügt, daß ihr Sohn ein großes Werk schreiben wird. Mütter fühlen das nun einmal.
Mein Vater war Atheist: "Gott ist Tot, und ihr habt ihn umgebracht"! Dieses philosophische Zitat Friedrich Nietzsches - bezogen auf das Bürgertum Ende 19. Jahrhundert beinhaltet doch einen Gottsbeweis. Für mich ist es der Hilferuf eines kranken Mannes. zu Vaters Trauerfeier haben wir ein Stück, den 3. Satz aus der 3. Symphonie des 3. Komponisten gespielt. Als er im Sterbebett zu Seite gelegt lag und die Stille den Atem erlöste, haben meine Schwester und ich meine Hände über seinen Kopf gelegt. Dabei sang sie wunderschön im hellen Sopran und ich den Osterhymnus. (EG99). An jedem Karfreitag zog mein Vater sich zurück und genoss im stillen Kämmerlein die Matthäus - Passion. Ich habe meinen Vater einmal weinend erlebt, wie weder vorher - noch später einen Mann: als wir beide im Kino "Schindlers Liste" sahen - zum Abspann. Vielleicht denke ich selber noch einmal daran, wie ich mich dem Zwang der Spielhölle entziehend, mit Tränen nieder gesetzt habe,
we will never forget it.
Danke für die Aufmerksamkeit
Andreas