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Raus aus der Sucht!

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Raus aus der Sucht!
« am: 27 Februar 2013, 15:40:29 »
Hallo Ihr Lieben,


vorab möchte ich Euch sagen, dass ich jetzt seit fünf Tagen spielfrei bin und es mir gut geht. Fünf Tage? Viele von Euch werden jetzt sagen, dass das überhaupt nichts bedeutet. Fünf Tage sind für mich jedoch ein gewaltiger Schritt weg von der Sucht und rein in ein neues Leben. Ich habe mich parallel auch in einem anderen Forum angemeldet. Allerdings ist das Feedback dort eher gering, so dass ich meine Erfahrungen in beiden Foren austauschen möchte.

Ich möchte den steinigen Weg endgültig mit meinem eigenen Willen schaffen. Selbsthilfegruppen und Therapien kommen für mich aus verschiedenen Gründen derzeit nicht in Frage. Allerdings habe ich mit meiner Lebensgefährtin, meinen Freunden usw vereinbart, dass auch nur bei einem Rückfall kein Weg an professioneller Hilfe vorbeiführt. Letztenendes gleicht meine Geschichte vielen anderen und ich habe alles hinter mir, das exzessive Spielen, den Kontrollverlust, das Verheimlichen der Ausmaße etc. Ich habe für mich beschlossen, dass ich diesen Weg nicht mehr weitergehen möchte. Ich möchte mich nicht weiter selbst zerstören. Und in den vergangenen fünf Tagen ist viel passiert. Viele Dinge, die ich sonst nie erlebt hätte und es wird von Tag zu Tag besser. Bei allem ist mir klar, dass für mich nur der endgültige Spielstopp für alle Zeiten in Frage kommt. Kein Versuch mehr in einigen Wochen oder Tagen. Der Verfall würde sofort weitergehen und alle Verhaltensmuster kämen mit voller Breitseite zurück. Es wird ein schwieriger Weg; dessen bin ich mir bewußt.

Ich möchte meinen Thread als Tagebuch anlegen. Einerseits zur Selbstkontrolle und andererseits zum Erfahrungsaustausch mit anderen, die es alleine versuchen. Ich werde dabei offen und ehrlich schreiben. Sollte es zu einem Rückfall kommen, werde ich konsequent auch davon berichten. Freunde und Freundin lesen mit.

Ich freue mich auf Unterstützung in Form von guten Gesprächen und gegenseitiger Motivation.

Damit Ihr Euch ein Bild vom Ausmaß meiner Vergangenheit machen könnt hier nun meine Geschichte:

Meine Geschichte fängt vor fast genau einem Jahr an.
Ich bin bis damals ein erfolgreicher Selbständiger (Medien) gewesen, der immer genau wußte, was er macht. Mit Geld bin ich immer sehr sorgsam umgegangen und habe Entscheidungen über Investitionen sehr genau überlegt.

Doch das sollte sich schlagartig ändern.

Ich (36) befand mich damals in einer wirtschaftlichen Schieflage, die ich nicht verursacht habe. Mehrere Auftraggeber sind auf einmal weggebrochen wegen deren Insolvenz, etc. Hinzu kam, dass ich mich in einer schwierigen Beziehung befand, die mich damals sehr ausgesaugt hat.

Irgendwann saß ich nach getaner Arbeit und mit einer Flasche Wein bewaffnet vor dem PC und kam auf die Idee, mich in einem Internetcasino anzumelden.

Ich habe früher mal online Poker gespielt und etwas Geld verloren. Damals habe ich mir aber gesagt: "Hallo, was ist das denn für ein Käse...das kannst Du nicht...lass es" Und das hat da auch super funktioniert. Ich habe sogar alle, die mit dem Gedanken gespielt haben, zu zocken, gewarnt.

Nunja, nachdem ich das Anmeldeprocedere hinter mir hatte, habe ich die ersten 1000,- Euro ins Ausland geschickt, wo sie auch bleiben sollten. Und hier fing meine Sucht schon an, wenn ich zurückblicke. Sofort hat sich in meinem Kopf ein Teufelchen eingerichtet, das mir immer ins Ohr flüsterte, dass das so nicht bleiben kann. Also nochmal 1000,- Euro hinterher mit dem gleichen Ergebnis. Nach ein paar Stunden waren 4000,- Euro futsch und ich wollte aufhören. Ich ging zum Zigarettenautomaten und dachte mir: "Ach komm, 1000,- Euro machste nochmal".

Und dann passierte das, was besser nie passieren sollte. Es machte Pling und auf meinem Konto waren 20000,- Euro. Wie jetzt? Das kann doch nicht sein. Doch es war passiert. Der erste große Gewinn. Danach wurde mein Spiel-Konto gesperrt. Das konnte ich alles klären und ein paar Tage später war das Geld auch tatsächlich da.

Hier wäre der Moment gewesen, um mit dem Käse aufzuhören.

Aber nein, da war ja noch das Teufelchen.

Es kam wie es kommen musste: Aus den 20000,- Euro wurde in ein paar Wochen (unfassbar wieviel Zeit ich damals schon mit dem Quatsch verbracht habe) eine beeindruckende ovale "0".

Alles war weg. Der Klassiker. Ich muss dazu sagen, ich weiß über Gewinnchancen Bescheid. Es ist nahezu unmöglich, solch einen Gewinn zu wiederholen. Und auch, dass systematisch die Gewinne wieder vom Konto verschwanden, war mir eigentlich klar. Aber jeder Süchtige weiß auch, dass der Verstand ausschaltet. Die Casinobetreiber sind ja auch nicht doof. Ab und an schmeißen Sie ein paar Zückerchen raus. Hier mal 4000,-. Da mal 2000,-. Aber nie soviel, dass man die Startsumme überschreitet. Langsam aber sicher geht die Treppe abwärts. Und das ist sicher. Jeder, der was anderes behauptet, hatte entweder unwahrscheinlich großes Glück oder kriegt ne dicke Provision von den Anbietern. Da könnt Ihr besser darauf warten, dass eine Brieftaube vorbeifliegt und einen Goldklumpen über Euch abwirft.

Aber die Erkenntnis hatte sich in meinem Hirn noch nicht durchgesetzt.

Ich war damals im Spielwahn. Ich wollte mein Geld zurück. Irgendwann klappt das doch bestimmt.
Das Gegenteil war der Fall. Ich habe teilweise die Nächte durchgezockt, war so kaputt, dass ich fast nicht mehr meine Arbeit erledigen konnte.

Ich war platt und mein Konto um weitere 20000,- Euro ärmer.

Hier kam die erste Einsicht: So kann es nicht weitergehen. Das war im Sommer letzten Jahres. Da habe ich mich Freunden anvertraut und erstmals offen darüber gesprochen, dass mit mir gewaltig etwas nicht stimmt. Es musste also Schluss sein.

Und obwohl ich auf alles, was mir lieb und teuer war, geschworen hatte, dass ich da die Finger von lasse, tat ich es nicht.

Nach ein paar Wochen zog es mich wieder vor den PC und in die bunte der Welt der Slotmachines.
Wieder begann das übliche Procedere. Erstmal eine Summe verspielt, dann wieder gewonnen und dann wurden die Abstände zwischen den Gewinnen immer größer und weitere 20000,- Euro waren futsch.

Jetzt wurde es ernst. Die Schlinge und vor allem die finanzielle zog sich zu. Ich fing an, Dinge zu verkaufen, um liquide Mittel zum Spielen zu haben. Es begann, an meiner Existenz zu nagen.

Gleichzeitig habe ich wieder Freunde und sogar eine Onlinesuchthilfe in Anspruch genommen. Die hat mir aber rein gar nichts gebracht. All das, was die Frau mir erzählte, wußte ich. Ich kenne die Probleme und Auslöser und die Vermeidungsstrategien, die sie mir nannte, waren ein Witz.

In der Zwischenzeit habe ich eine neue Freundin kennengelernt und habe ihr auch von Anfang an von meinem Problem erzählt. Sie hat selber ein Problem, das zwar in einem völlig anderen Bereich liegt, aber dennoch waren bzw sind die dadurch resultierenden Situationen ähnlich.

Wir haben viel geredet, ich habe viel gelesen über Spieler und deren Geschichten. Gebracht hat das alles nichts.

Wieder und wieder habe ich gespielt...immer öfter und länger und es fing an, mich psychisch fertig zu machen.

Teilweise habe ich in einer Nacht 5000,- Euro verspielt und konnte einfach nicht aufhören. Egal, ob ich am nächsten Tag zusammengebrochen bin und ein Häufchen Elend war. Ein paar Tage später fing alles wieder an, bis die Kreditkarten glühten.

Es gibt noch zahlreiche weitere Geschichten dazu. Sie ähneln sich aber alle und vor allem sie haben eins gemeinsam: Am Ende steht immer ein Riesenverlust und ein Selbstwertgefühl eines Würstchens.

Vor zwei Wochen hatte ich dann nochmal ein extremes Spielerlebnis. Ich habe viel Geld verspielt und habe gemerkt, dass trotz Terminen, trotz Freundin (sie hätte nackt vor mir stehen können), ich nicht die Finger von der Maus lassen konnte. Ich werde nicht aggressiv oder ausfallend aber man kriegt mich davon einfach nicht weg.

Irgendwie hat es dann doch geklappt und wir sind zu guten Freunden gefahren. Das Thema wurde den ganzen Abend diskutiert und mir war klar. Das muss ein Ende haben.

Aber Ihr kennt das Ergebnis schon: Es gab kein Ende. Die letzte Woche habe ich den Rest der verfügbaren Kohle verzockt bis letzten Freitag. Ich habe mit 400,- Euro angefangen. Und war nach ein paar Stunden bei 1600,- Euro. Super, dachte ich mir. Jetzt hörste auf, lässt es Dir auszahlen.

Pustekuchen: Ich versuchte es nochmal und dann passierte etwas, was noch nie in dem ganzen Jahr so extrem passierte: Die 1600,- Euro spielten sich so konsequent auf die Null zu, dass ich mir danach sagte: Nein, das kann es nicht sein. Es ist immer das Gleiche, Du gewinnst, sie fixen Dich an und dann kommt konsequent gar nichts mehr. Merkst Du eigentlich nicht, wie Du da veräppelt wirst, sagte ich mir und ging ins Bett und setzte mich mit dem Gedanken ernsthaft auseinander. Ich ließ das ganze Jahr Revue passieren und es machte Klick im Kopf. Jetzt muss Schluss sein und zwar konsequent, sonst geht´s in ein paar Monaten mit Vollgas in Hartz IV.

Als ich aufstand bat ich meine Freundin, gemeinsam mit mir die Casinosoftware zu öffnen. Ich habe mich in beiden Casinos, in denen ich spielte für einen Monat sperren lassen, habe meine Einzahllimits vorher auf 20,- Euro herabgesetzt. Ihr fragt Euch jetzt, warum nur für einen Monat: Das resultiert aus den "psychologischen" Gesprächen mit meiner Freundin. Kleine Ziele setzen ist jetzt mein Weg.
Sie hat alle meine Kreditkarten und in einem Monat werden wir gemeinsam beschließen, wie es weitergeht. Mein Ziel ist natürlich die dauerhaft Sperre. Den jetzigen Monat will ich nutzen, um mein Leben wieder in Ordnung zu bringen. Alle Freunde sind informiert und werden in einem Monat anklopfen und fragen wie es aussieht. Ca. 50.000,- Euro sind weg. Eine Katastrophe. Aber es ist passiert und es ist nicht zu ändern.

Ich werde mich jetzt wieder auf die Arbeit konzentrieren, Sport treiben und viel mit Freunden unternehmen und reden. Woanders anmelden fällt übrigens flach, die Möglichkeit gibt es nicht. Dafür sind Vorkehrungen getroffen. In ein öffentliches Casino gehe ich nicht. Das Suchtmittel ist weg. Und jetzt bin ich gezwungen, mich wieder mit mir selbst zu beschäftigen als darauf zu warten, dass drei bescheuerte Symbole auf einem PC Bildschirm erscheinen. Wie der Zufall es so will, lief dann gestern auf VOX noch eine Doku über Las Vegas mit erschreckenden Besipielen. So willst Du nicht enden, habe ich mir gesagt und ich fühle mich gut mit meiner Entscheidung, die von mir selbst kam.

Ich werde hier regelmäßig schreiben und Euch davon erzählen wie es mit mir weitergeht. Aber eine Warnung möchte ich am Ende noch loswerden. Ich habe soviel Lebensenergie verschwendet und soviel Zeit mit Spielen verbracht, dass ich Euch mit Sicherheit sagen kann: Ihr werdet immer verlieren. Und gewinnt Ihr, habt Ihr trotzdem verloren: Zeit, die Euch keiner wiederbringt, die Ihr mit sinnvollen Dingen hättet verbringen können. Lasst es nicht soweit kommen wie ich. Ich bin kurz davor, mein Haus zu verlieren. Ihr könnt Euch vorstellen, was das bedeutet. Aber ich will die Kurve kriegen und ich werde sie kriegen. Weiht Eure Freunde ein und seid offen und ehrlich. Keiner wird Euch den Kopf abreißen. Im Gegenteil, Ihr werdet sehen wie sehr sie Euch helfen werden.

Ich wünsche Euch allen tolle 24 spielfreie Stunden!



*

Offline Olli

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Re: Raus aus der Sucht!
« Antwort #1 am: 27 Februar 2013, 18:11:15 »
Guten Abend!

Ich heisse Olaf, bin süchtiger Automatenspieler und lebe nun seit ein paar Jährchen abstinent.
Am Anfang meiner Abstinenz wollte mich mein Schwager - selber Spieler - mit in meine SHG nehmen.
Die kannte ich aber bereits, da ich dort ein paar Jahre vorher bereits aufgeschlagen war.
Damals konnte ich jedoch mit den Erfahrungen nichts anfangen - in meinem Kopf stand das Spielen immer noch an oberster Stelle.
Nun, die Überredungsversuche meines Schwagers haben irgendwann gefruchtet und ich habe mich "breit schlagen" lassen, ihn zu begleiten.
Die selben Leute ... die selben Erfahrungen ...
Doch es hatte sich etwas verändert - und das war ich selbst.
Es war mein eigenes Klick-Erlebnis, was meine Einstellungen grundlegend verändert hatte.
Auf einmal begann ich zu verstehen, was mir vermittelt wurde und ich kann Dir heute sagen - ich möchte diese Zeit nicht missen.
Gerade FÜR die Abstinenz in der Anfangszeit waren die wöchendlichen Treffen für mich unbezahlbar wertvoll.

Ich werde Dich jedoch nicht drängen, Dir eine SHG zu suchen und hinzugehen.
Diese Entscheidung wirst Du ganz alleine treffen dürfen.

Bereits mehrfach bin ich in Foren Menschen begegnet, die im Fokus der Öffentlichkeit stehen.
Nicht einer hat verstanden, dass das eigene Wohlergehen - die eigene Gesundheit - weit weit über der öffentlichen Meinung steht.

Es sei aber auch betont, dass die Foren, in denen Du Dich bewegst, ebenso Selbsthilfegruppen sind. Du scheust Dich also lediglich vor dem "öffentlichen" Ouing.

Nun ... vielleicht weisst Du es nicht ... in den realen Selbsthilfegruppen herrscht eine goldene Regel: die Anonymität ist unantastbar und nichts in der Gruppe erzähltest verlässt jeh den Raum.
Viele SHGs haben Ansprechpersonen, deren Telefonnummern überall im Netz zu finden sind.
Die können also angerufen werden um z.B. ein Gespräch unter vier Augen zu führen.
In meiner SHG in Köln habe ich Ähnliches bereits erlebt.

Deine Freundin ist ein Schatz - kleine Ziele sind sehr sehr wichtig.
Es kommt jedoch auf die Wahl der Ziele an.
Mein Mantra: Ich erlaube mir nur für heute spielfrei bleiben zu dürfen.

Mit kleineren Beträgen weiter zu spielen ist genau so wie das von Dir beschriebene "anfixen".
Du bleibst am Ball und gewinnst keinen emotionalen Abstand.
Es gibt bei uns kein Halbschwanger - entweder ganz oder gar nicht.
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Raus aus der Sucht!
« Antwort #2 am: 27 Februar 2013, 22:00:34 »
Hi Olaf,


danke für Dein erstes Feedback.

Die Öffentlichkeit scheue ich weniger, das ist nicht der Grund.
Ich gehe offen und ehrlich mit dem Problem um. Aber die Vermutung lag natürlich nahe.

Der Klick im Kopf kam bei mir letzten Freitag. Bisher hatte ich mir immer vorgenommen, aufzuhören. Dabei stand ich nie zu 100% hinter der Entscheidung. Immer habe ich mir ein Hintertürchen offen gehalten. Das ist jetzt tatsächlich anders. Es ist wie mit einer Beziehung, die einen krank macht. Man versucht es immer wieder bis man irgendwann einsieht, dass es einfach keinen Sinn macht; es einen nicht weiterbringt, sondern auf Dauer nur emotional kaputt.

Etwas missverständlich war meine Formulierung mit den herabgesetzen Limits auf 20,- Euro.
Damit will ich nicht spielen. Ich hatte mit meiner Freundin die einmonatige Sperre von mir aus vereinbart und mir als Sicherheitsschloss vorher noch das 20,- Euro Limit in den Systemen gesetzt.

Sie hat den Termin auf dem Schirm und dann werden die Konten endgültig gesperrt, was ich eigentlich vorhatte. Sie fragte mich jedoch, ob das ein nicht zu großes Ziel für den Anfang ist und deshalb der Monat, was eher symbolisch gemeint war.

Wenn aber durch irgendwas genau an diesem Tag mich irgendwas zum Spielen verleiten sollte, wovon ich jetzt nicht ausgehe, dann habe ich zumindest keine Möglichkeit, mich aus Affekt endgültig zu ruinieren. Sicher ist sicher. Aber an diesem Tag wird der ewige Ausschluss anstehen - da bin ich mir sicher.

Das aber nur zum Verständnis.

Ich stehe jetzt vor dem sechsten spielfreien Tag. Und es geht mir gut dabei.
Es kommen neue Aufträge rein und ich bin privat und beruflich gut ausgelastet und es bereitet mir Freude. Der Erfolg in der Arbeit wird zum Jackpot mit vielen tollen Erfahrungen und Erfolgserlebnissen. Trotz einiger Rückschläge wie ein defektes Handy und ein Schaden am Motor meines Autos, habe ich mich nicht runter und vor den PC ziehen lassen, was ich sonst mit großer Sicherheit getan hätte.

Es geht mir gezielt darum, meine Verhaltensweisen zu ändern. Probleme wieder wie früher gezielt anzugehen, anstatt den schnellen finanziellen Problemlöser im Casino zu suchen (was sowieso purer Schwachsinn ist).

Für mich steht fest: Nie wieder um Geld spielen. Weder heute noch in fünf Jahren egal ob mit 1 cent oder mit 10000,- Euro und egal ob es mir gut oder schlecht geht.

Ich werde hier im Gegensatz zu allen anderen Dingen in meinem Leben immer das Maß verlieren und mich unglücklich machen.

Das habe ich mir in Gedanken eingemeißelt. Parallel dazu führe ich auf einem Flipchart Buch, wieviel Tage ich geschafft habe, wieviel Geld ich gespart habe und wie hoch mein Spieldruck ist. Damit auch meine Freundin immer informiert ist.

Sie hat die komplette Gewalt über die Kreditkarten. Ich habe Ihr vorgeschlagen, jeden Tag sämtliche Konten einzusehen inklusive der Onlineabrechnungen der Kreditkarten. Und das macht sie auch konsequent.

Es sind also reichlich Kontrollinstanzen eingeschaltet.

Aber das ist nur das Handwerkzeug, um nicht mehr mit dem Suchtmittel konfrontiert zu werden.

Viel wichtiger sind mir jetzt die persönlichen Veränderungen im Verhalten und die Beschäftigung mit mir selber. Das schlaucht, aber es lohnt sich jeden Tag aufs Neue.

Alleine ein Shoppingtag wie gestern, den ich seit einem Jahr nicht mehr wahrgenommen hatte, ermöglicht mir, mir wieder einen "normalen" Umgang mit Geld zu lernen. Zudem ist es auch eine schöne Belohnung.

Ich werde regelmäßig weiter berichten, wie es mit mir weitergeht und ob der Weg aus eigener Kraft zu schaffen ist oder nicht.

Ich freue mich auf Eure Unterstützung in Sachen Motivation und auf tolle Gespräche.


Wünsche Euch allen einen schönen Abend!



« Letzte Änderung: 27 Februar 2013, 22:05:43 von newlife »

Re: Raus aus der Sucht!
« Antwort #3 am: 28 Februar 2013, 00:45:37 »
Hab eine Krawatte bis Oberammergau: Hab gerade was auf Facebook gepostet, das etwas gegen den mainstream schießt. Ich merke immer mehr wie verlogen die Welt um ich rum ist. Locker fünf Leute haben mich gelöscht, weil man seine Meinung vertritt. Was ist das nur für eine Plastikwelt da draußen? Ich werde mir jedenfalls nicht die Meinung verbieten lassen und vor allem lasse ich mich dadurch nicht zum Zocken verleiten. Ich bin ein Mensch mit Stärken und Schwächen. Beides gehört zu mir und dazu stehe ich. Wer damit nicht klarkommt, soll sich zum Teufel scheren. Mein Job und mein Leben sind sicher nicht gewöhnlich; aber eines will ich nicht: so werden wie diese Seifenblasenbauer, die sich in fadenscheinigem Licht präsentieren. So Rebellmodus off :-) Und jetzt geht´s spielfrei in die Heia - mit einem riesigen Scheißhaufen auf die Medienwelt ;-) (sorry für die Ausdrucksweise aber das musste mal raus)

Re: Raus aus der Sucht!
« Antwort #4 am: 28 Februar 2013, 01:09:50 »
Druck hab ich keinen, aber wie schön wäre es jetzt, sich mit einer Slotmachine zu begnügen? Die Kreditkarten gäben einiges her. Aber ich habe keine Lust dazu. Das wäre Flucht! Wie schlecht würde ich mich morgen früh fühlen?! Warum soll ich meine negativen Gefühle mit Bockmist ersäufen, der mir morgen noch mehr weh tun würde als heute?! Nein, ich gehe jetzt in die Heia, bewußt ohne Zocken, denn das ist mein Gewinn für heute Abend: Ich bleibe stark! Und morgen geht´s raus auf Arbeit! Da muss ich fit sein, statt mit Augenrändern nur knapp zu funktionieren.

*

freitagessen

Re: Raus aus der Sucht!
« Antwort #5 am: 28 Februar 2013, 09:36:07 »
Deine Einstellung gefällt mir !

Über den Sucht-Druck musst du dir auch noch keine sorgen machen, der kommt irgendwann von selber, und dann fängt dass aufhören mit den Spielen erst an!

Einen Vernünftigen Anfang hast du schließlich schon gemacht, jetzt musst du dir noch irgendwelche Hilfswerkzeuge zulegen für den Tag an dem du den Suchtdruck verspüren wirst.
Zu Denken oder zu Glauben das du hiervon Verschont bleibst, wäre schonmal der erste falsche Gedanke. (das aber nur so nebenbei gesagt)

Kleiner Tipp noch, vergesse nie den Tag an dem du aufgehört hast, und vor allem WARUM du aufhörtest!

Das könnte mit einer deiner wichtigsten Werkzeuge im Kampf gegen die Sucht sein !

@Olli gab dir auch schon son kleinen Tipp ...mal zu einer SHG zu gehen....kann ich dir nur wärmsten Empfehlen....dann bist du nicht ganz so alleine mit deiner Sucht, weil wirklich verstehen können nur die dich, die auch selber betroffen sind.

Also Pack es an.....du kannst nur gewinnen .

Rainer
 


 

Re: Raus aus der Sucht!
« Antwort #6 am: 28 Februar 2013, 20:43:45 »
Danke, Rainer!

Tag 6 ist geschafft und es spielen sich langsam wieder die alten Rituale ein, die vor der Spielkarriere wichtig waren.
Habe heute viel geschafft. Und anstatt die Tagesgage ins Ausland zu schicken, was sonst nahezu immer der Fall war, gibt es Nudeln und einen Film mit Freundin. Morgen ist die erste Woche geschafft. Eine Zeit, die ich im vergangenen Jahr nie geschafft habe.

Und es geht mir gut dabei.

Grüsse an alle!

Re: Raus aus der Sucht!
« Antwort #7 am: 01 März 2013, 21:03:26 »
1. Woche geschafft!

*

Online Ilona

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  • 3.891
    • Fachverband Glücksspielsucht e.V.
Re: Raus aus der Sucht!
« Antwort #8 am: 02 März 2013, 09:10:19 »
Herzlichen Glückwunsch!!!

*

freitagessen

Re: Raus aus der Sucht!
« Antwort #9 am: 02 März 2013, 10:13:57 »
ja genau....

Weiter so "Newlife"

Und immer schön am Ball bleiben, du hälst jetzt das Zeptor in der Hand....lasse es nicht fallen.

Rainer

Re: Raus aus der Sucht!
« Antwort #10 am: 02 März 2013, 20:24:04 »
Tag 8 ist geschafft. Heute habe ich mir noch mal deutlich vor Augen geführt, welche unfassbaren Summen ich verspielt habe. Mittlerweile kehrt auch der normale Umgang mit Geld zurück. Jede Investition -ob privat oder beruflich -überdenke ich wieder wie früher. Der Gedanke ans Spielen wird immer absurder. Es passt nicht mehr zu mir. Wenn ich daran denke, wie ich da sitze, beobachte ich einen Loser, der vor den Herausforderungen des Lebens wegrennt. Hab heute gearbeitet und finde immer mehr zu meinen alten Stärken zurück. Gleichzeitig schärfe ich mein Handwerkszeug gegen einen Rückfall.

Schönen Abend Euch!

Re: Raus aus der Sucht!
« Antwort #11 am: 04 März 2013, 13:01:31 »
Hallo zusammen,

heute ist Tag 10 und es geht mir weiterhin gut. Ich habe mich am Wochenende nochmal gedanklich damit auseinander gesetzt, warum ich überhaupt gespielt habe und vor allem in dieser Existenz bedrohenden Art und Weise.

Ich bin jemand, der sich schnell an etwas festbeißt. Das war aber bisher immer nur auf private und berufliche Aufgaben bezogen. Gab es etwas am Haus zu erledigen, habe ich von der Problemstellung über die Planung der Arbeit bis hin zu Fertigstellung immer alles konsequent verfolgt und erledigt. Selbiges gilt für die Arbeit.

Und das wurde fast immer mit einem Erfolgserlebnis beendet.

Durch die unverschuldete wirtschaftliche Schieflage bin ich dann irgendwann in einem Onlinecasino gelandet. Bis auf meinen riesiegen Anfangsgewinn, hatte ich dort nie (und das wäre auch in den nächsten Jahren bis auf alle Ewigkeit so geblieben) irgendwelche Erfolgserlebnisse, die über meinen Einsätzen lagen. Mit immer höheren Einsätzen und einem absurden Zeitaufwand wollte ich "mein Projekt" zuende bringen. Das war natürlich zum Scheitern verurteilt. Nur habe ich mir das immer schön geredet.

Ich habe es geschafft, meine Energie und meine Ausdauer in den letzten zehn Tagen wieder auf die gewohnten Dinge zu richten und siehe da: Es klappt. Am Anfang war das schwer, da ich von der ganzen Spielerei und der anfänglichen Abstinenz doch sehr geschlaucht war.

Aber es stellen sich immer mehr Erfolgserlebnisse ein. Gerade eben habe ich wieder konsequent ein Projekt geplant, mein zerbrochenes Handydisplay in Ruhe konzentriert repariert und es stehen weitere Aufgaben an.

Schritt für Schritt kehrt mein normales Leben zurück. Klar, wenn ich auf das Konto gucke und sehe, was ich alleine im letzten Monat angerichtet habe, dann wird mir schon anders.

Aber der Weg ins Casino reizt mich nicht mehr. Es ist einfach uninteressant geworden. Warum sollte ich an etwas festhalten bzw. es weiter probieren, das über eine lange Zeit nur Misserfolge, Verluste und ein Selbstwertgefühl einer zerquetschten Coladose auslöst?!

Nein, liebe Casinobetreiber im nahen Ausland. Freut Euch über meine Subventionen im vergangenen Jahr; aber mich seht ihr nie mehr wieder.

Viel mehr Spaß macht mir wieder die Arbeit, mein Privatleben und vor allem das inzwischen wieder entspannte Zusammenleben mit meiner Freundin.

Das Geld ist weg und das wird mir auch keiner wiederbringen. So ist es eben. Ich war dumm genug und das war ein unfassbar hohes Lehrgeld. Mal ganz abgesehen von Zeit und den ganzen negativen Gefühlen.

Wenn ich mir vorstelle, dass ich mir für das verspielte Geld 1500 Kapuzenpullis hätte kaufen können (ich liebe die Dinger :-) ), wird mir immer klarer, was für einen Schwachsinn ich da betrieben habe.

Falls das hier einer liest, der gerade überlegt, ob das, was er da gerade macht, noch richtig ist: Lass´ die Finger davon! Hör´sofort auf damit! Es schenkt Dir niemand etwas! Und die Betreiber wollen auch ihre dicken Autos und all die überfreundlichen Mitarbeiter finanzieren. Mit welcher Kohle machen die das wohl??? Stell´ Dir, vor Du gibst denen Deine hart verdiente Kohle und sie grinsen Dich an und denken sich "Dich kleine Wurst nehmen wir auch noch aus - ganz freundlich natürlich!. Zwei wichtige Worte: LASS ES!!! Und das direkt heute und nicht morgen! Und wenn Du glaubst, Du packst das nicht, dann mach´einen Anfang und melde Dich hier an!!!

Liebe Grüße an Euch alle!

*

Offline Olli

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Re: Raus aus der Sucht!
« Antwort #12 am: 04 März 2013, 20:35:54 »
Hi Newlife!

Also wenn ich nicht schon spielfrei wäre ... #läster#

Mal im Ernst - Du kennst die Antworten - aber Du kennst die Fragen (noch) nicht.
Die findest Du nicht in ein paar abstinenten Tagen - ein paar Überlegungen am Wochenende.

Wenn ich Deinen Beitrag lese, dann fällt mir auf, dass Du ein Perfektionist zu sein scheinst.
Du willst alles regeln und steuern - stehst wahrscheinlich ständig unter Anspannung.

Was, wenn Du beim Spielen diese Anspannung versucht hast zu lösen?
Vollkommen unbewusst? Hier musste nichts perfekt sein - außer der absoluten Verdrängung.

Was, wenn Du nun wieder volle Pulle loslegst?

Ist dies dann nicht auch wieder Verdrängung?

Stimmt Deine Logik dann nicht einen Funken?

Wie lautet Deine Frage an Dich wirklich?

Hast Du Dir hier die passende Antwort gefunden?

Wirst Du Dir in einem Jahr zum selben Thema die gleiche Frage stellen?

Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Raus aus der Sucht!
« Antwort #13 am: 04 März 2013, 21:36:39 »
Hi Olli,

ja, ich bin ein Perfektionist, aber ich stehe dabei nicht unter Anspannung.
Im Gegenteil, ich habe Spaß daran, optimale Ergebnisse vor allem bei der Arbeit zu erzielen.

Ich halte da aber immer das für mich richtige Maß und suche mir auch entsprechenden Ausgleich. Das war immer so, sonst hätte ich meine Ziele nicht erreicht, sondern hätte schon nach fünf Jahren meinen ersten Herzinfarkt gehabt. Ich arbeite in einer sehr kreativen und arbeitsintensiven Branche.

Und alles steuern möchte ich auch nicht. Nene, dafür finde ich das Unvorhersehbare zu spannend.

Beim Spielen habe ich keine Anspannung gelöst oder habe versucht, mich abzulenken. Ich habe mir vielmehr Streß gemacht, zu gewinnen. Das war alles andere als schön. Ich habe schon während des Spielens wahr genommen, dass es mir nicht gut tut. Aber der Druck durch die Verluste, ließ mich die Kontrolle verlieren.

Und ich lege jetzt auch nicht wieder volle Pulle los. Ich will ja nicht von einem Extrem ins andere rutschen. Da halte ich schon die Waage zwischen Beruf und Privatleben. Dafür sind mir auch schon meine Freunde viel zu wichtig, mit denen ich gerne und oft etwas unternehme.

Ich denke , es ist sehr schwierig, hier seinen Charakter bzw. die eigene Persönlichkeit zu beschreiben.

Aber ich versuche es, Tag für Tag und für mich ist der größte Gewinn, dass ich jetzt schon einen guten Anfang gemacht habe. Und ich beschäftige mich sehr intensiv mit mir und nicht nur mit ein paar Gedanken.

Sonst würde ich hier nicht regelmäßig schreiben, sondern mir denken...hui, ein paar Tage geschafft, ich bin clean und langsam aber sicher von hier verschwinden.

Und Beiträge wie Deiner bringen mich auch immer wieder zum Nachdenken. Und das ist auch gut so.

Vielleicht schaffe ich es ja, mit der Zeit meine Ziele und Veränderungen im Leben noch klarer zu machen, damit man sie auch in einem Forum versteht.


Liebe Grüße
« Letzte Änderung: 04 März 2013, 21:39:36 von newlife »

Re: Raus aus der Sucht!
« Antwort #14 am: 05 März 2013, 19:34:58 »
Tag 11 bestanden.

 

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