Hallo,
ich bin heute nicht das erste mal über dieses Forum hier gestolpert, aber ich habe mir heute zum ersten mal die Zeit genommen zu schreiben.
Ich war Mitarbeiterin in einer Spielhalle. Zu Anfang war es ein normaler Job mit netten Leuten um mich herum, bis man als Außenstehender immer mehr Einblicke in die Sucht gewinnt.
Die Leute die am Jahresanfang noch fröhlich und freundlich in die Halle kamen wurden immer mürrischer und verbitterter. Ich hatte viele Gäste die ich sehr gerne hatte und so wurde es für mich auch immer schwerer dort zu arbeiten, zu sehen wie sie sich veränderten, zu sehen wie sie abgezockt wurden, anders kann ich das einfach nicht nennen.
Dazu kam, dass ich mir einbilde (oder auch nicht) das die Automaten im Laufe der Zeit immer weniger Gewinne ausgeschüttet haben.
Meinen Tiefpunkt hatte ich als ein Familienvater mir fast weinend erzählt das das Geld das er gerade verspielt hat eigentlich dafür gedacht war das seine Tochter ins Schullandheim fahren durfte und er ihr jetzt sagen muss, dass es nicht geht.
Ich habe auch viele gesehen die gesagt haben "Ich komme nie wieder, ich höre auf zu Spielen" und ich habe sie jedes mal verabschiedet und ihnen gesagt, dass ich hoffe sie nicht wieder zu sehen, ihretwillen. Viele habe ich schon zwei oder drei Tage später wieder an ihrem Stammautomaten bedient.
Etwas gutes ging aus der Zeit doch hervor. Ich habe meinen Verlobten kennengelernt.
Vermutlich sind einige jetzt Entsetzt wie ich, obwohl ich es doch von Anfang an besser wusste in einen Spieler verlieben konnte. Schlimmer noch, wie ich wissentlich eine Beziehung mit einem Süchtigen ein gehen konnte.
Noch bei unserem ersten Date hat er mir alles erzählt. Wie es angefangen hat. Das seine Exfreundin es geschafft hat aufzuhören, er aber nicht. Wie hoch seine Schulden sind, wie schwer es für ihn ist nicht in eine Spielhalle zu gehen, nicht zu spielen.
Heute sind wir fast zwei Jahre zusammen. Wir haben eine kleine Tochter die wir beide über alles lieben und hatten es mit Disziplin und Geldeinteilung geschafft fast aus den Schulden rauzukommen.
Sonntag habe ich erfahren, dass er in den letzten zwei Monaten fast jeden Tag spielen war.
Ich hatte es bereits geahnt, ich ahnte jedoch nicht wie schlimm es wieder war. Innerhalb von 2 Monaten haben wir wieder 7.000 Euro Schulden. Das ist ein rückschlag für uns beide. Für unsere Zukunftspläne, für unser aktuelles Leben. Dennoch war ich sehr erleichtert, als er es mir gesagt hatte.
Wir haben uns zusammengesetzt, die gesammte Situation durchgesprochen. Ihn zu verlassen ist für mich keine Option. Ich gebe mir auch selbst ein wenig die Schuld, ich hätte es kommen sehen müssen. Durch das fast spielfreie Jahr davor war ich zu nachlässig geworden was die Verwaltung vom Geld anging, ich habe nicht genug nachgehakt als ich das Gefühl hatte das es wieder aktuell wurde.
Er hat nun einen Entschluss gefasst. Noch heute meldet er sich bei seiner alten Gruppe zurück. Noch heute bittet er seine Therapeutin den Antrag auf eine Stationäre Therapie zu stellen.
Ich hatte immer gehofft, dass er das tun würde, aber ich wusste auch, dass es seine Entscheidung sein musste, nicht meine.
Wir leiten jetzt alles in die Wege und ich werde meinen Mann für ein paar Monate kaum zu Gesicht bekommen.
Ich hoffe, dass diese Therapie ihm den Rückhalt gibt den er braucht um sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Und obwohl ich weiß, dass ein Spieler nie vollkommen geheilt ist, habe ich die Hoffnun, dass er es schafft.
Trotzdem habe ich auch Angst vor dieser Zeit, es wird ungewohnt sein, ohne ihn.
So das ist doch relativ viel Text geworden.
Ich danke euch dafür, dass ich diese Gedanken hier loswerden konnte.
Liebe Grüße