Die Wäsche routiert in der Maschine und ich sitze wieder an der Rechen- und Schreibmaschine und frozzele fast automatisch im Sport-Forum rum und habe z.B.einen Beitrag über Liebe und Hass - bezogen auf Deutschland berühmtesten Fußball-Bundesligisten geschrieben, den ich eigentlich hasse....
Heute Morgen wieder der Kampf um Aufstehen, um Körperpflege, nur kurz, aber noch nicht aus der Welt. Ich freue mich, daß meine Soziale Angst auf Sparflamme köchelt. Ich fange an zu glauben, wenn ich eben nur meinen Haushalt bestelle, meine Ernährung mit meinem Hungerbedürfnis abstimme, meine Bewegungsabläufe bewußt wahrnehme, meine Verabredungen einhalte, gerne konstruktive Telefonate mit verständigen Mitmenschen, mein Meeting wahrnehme und Klassische Musik höre wird sich mein Selbstbild wandeln. Ich habe hier ja mein Foto eingestellt, als ich in einer Fortbildung ad 2007 guten Kontakt mit Menschen führte, die sich in dieser Zweckgemeinschaft zusammenfügten. Der Einzelkämpfer, der gegen ein und alles mit diffusen Späßen oppuniert, den habe ich hinter mir gelassen. Heute Morgen war ich dankbar rauchfrei zu sein. Auf einer Geburtstagsfeier Mittwoch konnte ich erzählen, daß meine letzte Zigarettenschachtel am 24.06.2003 alleine im RE - Zug nach Lindau/Bodensee weitergefahren ist. Der kleine Ort, an dem ich vorher ausstieg war den meisten Anwesenden wohl bekannt. Aber, ich habe das Rauchen aus reiner Staatsverdrossenheit aufgegeben. Nicht aus Liebe. Ich habe viele Menschen getroffen, die ihre Sehnsucht nach Liebe auf andere Menschen werfen und darum betteln in ihrer Seele ein Heim z finden. Es ist so schwer alleine zu wirtschaften. Einen Menschen in der Nähe zu wissen - ohne diese Fragestellung: "Bin ich es überhaupt wert?" braucht für mich viel viel Übung. Gerade Heute, wenn ich keinen verbindlichen Termin im Kalender führe wird es mir überaus deutlich.
Da ist der Spielhallenkönig der in eine Parteispendenaffaire gezogen ist. Soll ich diesen Menschen hassen? Nur, wei ich Spielsüchtig bin? Da denke ich an einen sehr guten Freund, an die verbindlichen wohltuenden Gespräche mit ihm.
Nur durch die Gnade Gottes bin ich Heute frei vom Selbstzerstörerischen Glücksspiel. Dieser Satz führt keinen Groll mit sich, keine Selbstverwerfung. Dieser Satz beinhaltet konstruktive Beachtung es eigenen kleinen Ichs.
Was solls, die Gedanken kommen, die Wäsche muß auf die Leine und ich möchte an der Leine spazieren gehen und nehme die Kamera mit. Nein, die wichtigen Bilder brennen sich in die Seele ein. Hoffentlich sind viele schöne Bilder darunter. Nur, mit meinen Fotos zu arbeiten, bringt ein wenig Lebensfreude, wie auch das Schreiben.
Schöne 24 Stunden
Andreas

Hallo Andreasg,

ich bin neu in diesem Forum und bin deshalb noch verunsichert. Ich bin seit ca. 2 Jahren spielsüchtig und habe es unter Aufbietung aller schauspielerischen und sonstigen Eigenschaften, die man braucht um seine Umgebung und sich selbst zu belügen, geschafft dies lange geheim zu halten.
Aber mittlerweile gelingt mir das nicht mehr und ich auch nicht mehr. Meine Frau steht "noch" zu mir, und ich versuche davon loszukommen. Ich habe vergeblich nach einem Masterweg im Netz gesucht, um meine Sucht kurz und schmerzlos zu beenden. Ich habe allerdings feststellen müssen, daß dies nicht möglich ist. Der Weg wird sicherlich schwer und sehr schmerzhaft.
Warum ich dir das alles schreibe?
Ich weiß es nicht. Dein Beitrag hat mich einfach angesprochen, ich fand es sehr offen und vertrauenserweckend. Ich würde gerne mehr von dir erfahren und dir auch mehr vonmit mitteilen. Ehrlicherwiese erhoffe ich mir auch ein wenig Hilfe in Form von Zuspruch. Denn ich spüre innerlich, daß ich vor einem Scheideweg stehe und Angst davor habe.
Viellicht ist das aber auch alles eine dumme Idee. Ich lasse es aber trotzdem stehen, sozusagen als kleine Mutprobe.

Hi Bayer!

Deine Mutprobe hast Du in meinen Augen mit Bravour bestanden.
Du hast Dich geoutet - super!

Magst Du nicht einen eigenen Beitrag aufmachen um über Dich zu erzählen?

Hallo Bayer,

von mir finden sich einige Beträge in diesem Forum. Ich bin eher seltener hier - weil das Thema Spielsucht - an sich - nicht mehr meine ausübende Sucht ist.
Noch kreisen Gedanken und Gefühle darum, als o z.B. über meine verspielte Libido. Heißt, daß ich nicht verspielte Liebesspiele treibe, sondern, statt eine Liebesbeziehung zu führen, mich in die Spielstätte begeben habe.
Das bereitet mir immer noch seelische Schmerzen und ich muß wachsam sein, mich von Spielstätten grundlgend fernzuhalten.
Ich kann die verspielte, verzockte Zeit in meinem Leben nicht wieder zurückgewinnen.
Ich habe Heute nicht gespielt.
Lieber Bayer, das ist für mich eine Formel, ein Werkzeug, nach vorne zu denken. Raus aus dem Schneckenhaus, auf Menschen zuzugehen, keine Angst vor Begnungen mehr zu haben.
Das Forum ist ein Weg, Erlebnisse, die mir wichtig sind aufzuschreiben. Daran kann ich gut ermessen, wieweit ich mich vom Glücksspiel entfernt habe, oder wie schnell es mich wieder einholt.
Ich habe ständig, fast täglich persönlichen Kontakt mit Menschen, die von der Glücksspielsucht genesen, wir sagen; Trocken sind.
Das ist, so denke ich für mich ein tragendes Glücksgefühl.
Ich wünsche Dir auf Deinem Genesungsweg viel Kraft und Mut
und freue mich auf ein Feedback.
Viele Grüße
Andreas

Hallo Andreas,

habe grade deine letzten Beiträge gelesen und finde meine Situation dort wieder. Ich bin nicht spielsüchtig - nie gewesen, aber mein Exmann. Unsere Ehe ist gescheitert. Nicht an der Spielsucht an sich, sondern an den Gründen für diese. Auch er konnte keine Nähe zulassen, sich nicht einlassen, sich nicht fallenlassen. Letztendlich konnte er nicht lieben und wollte so gerne geliebt werden. Das hat zu einem  - würde ich rückwirkend so sagen - sehr seltsamen Ehealltag geführt. Nach Beginn der Therapie, um von der Spielsucht loszukommen, brachen alle Probleme auf ihn und auch mich herein. Es war wie eine Lawine ungeahnten Ausmaßes: plötzlich mußte er sich dem Leben stellen und konnte es nicht. Die ganze Bandbreite des Zornes, der Hilflosigkeit und der Wut kriegte ich zu spüren. Aber auch ich wollte wieder leben und mußate irgendwann gehen, um nicht mitgerissen zu werden. Ich weiß nicht, in welcher Lebenssituation du nun heute bist und ob sie unserer ähnelt. Ich weiß nur, daß mein Exmann seinen Weg ins Leben noch nicht ganz geschafft hat. Er hat Kontakte, liebt auch Geselligkeit, ist aber immer getrieben von der ewigen Flucht vor zu viel Nähe. Er hat eine lange Therapie hinter sich, bei der er lernen mußte, sich zu lieben und sich auf andere einzulassen. Das hat ihn an die Grenze der Belastbarkeit gebracht - für uns "normale" fast unvorstellbar.  Heute frage ich mich, was mich so lange durchhalten ließ - sicher auch ein Stück weit das Hoffen auf bessere Zeiten, Zeiten die nie kamen. Ich hab mein möglichstes getan und mußte vor dem Scherbenhaufen kapitulieren. Mein Exmann hat diesen Urknall gebraucht, sonst wäre er untergegangen. Heute lebt er bewußter und genießt jeden guten Tag - und das ist doch schon was, oder? Ich bin neu liiert und mein Leben hat wieder viele Sonnenseiten. Einen schönen sonnigen Tag wünsche ich dir auch , K.

Ich führe meine Gedanken im Wandel der Jahreszeit weiter fort.
Irgendwo, in einem Sport-Forum habe ich geschrieben: "Es ist mitten im Winter", diesen Liedsatz, den jeder(!) Spieler kennt...
Also habe ich den kalten Tag zu einem Spaziergang genutzt und bin am Mittellandkanal unterwegs gewesen, bevor ich zur Therapiestunde mußte. Meine Gedanken kreisten um Manische Depressionen zur Paranoia, Wahnvorstellungen im Bereich der Spiritualität, Größenwahn und Verschwendungssucht, Messiewirtschaft im Contex zu Pyramanie und Alkoholismus - bis der frische Winterwind mir die Gedanken vertrieb und ich mich von diesen Persönlichkeiten verabschiedete. Nur noch der Gedanke: Wenn jetzt eine Spielhalle vor mir auftauchen würde? - am Mittellandkanal, dann würde ich mich einfach freuen, auf der anderen Uferseite zu sein. Nach dem Spazierweg und mach schönem Foto in der Kamera hatte ich noch Zeit und fand mich nach der U-Bahn-Fahrt in einer Bäckerei ein, bei einem Pott Kaffee und Blaubeermuffin, schaute aus dem Fenster... Schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite - die Werbeschilder Einer Spielhalle im Blick. Die Gedanken: Hitzetag im Sommer 1989, ich abends mit knochentrockener Badewäsche verschwitzt, die letzten Heiermänner in die Automaten dieses Ladens geschmissen... und Nachts an den Nacktbadesee.... Die Gedanken an prägnante Ereignisse bleiben, zur Spielstätte erkenne ich Distanz. Der Therapeut mahnte mich deutlich zur Distanz zur Sucht des alkoholkranken Nachbarn, legte meine aktuelle Verfassung mit meiner Tendenz zur Selbstverletzung aus. Wohltuende Worte. Ein Bad im See ist erquicklich. Die Seele, die eingeschotttete, frierende, sieht das Casino am See. Ich schaute daher lieber zur Bäckereiverkäuferin: Adipositas!, - Sonntag nachmittag ist Meeting für Esssüchtige,
komm rüber......

Vielleicht will ich, wenn ich schreibe, einfach nur mein Chaos lichten. So bin ich Heute Vormittag dageim geblieben, habe den fallenden Schneeflocken zugesehen, aus dem Fenster hinaus und dabei mit der Mutter telefoniert... Mittags ging ich zum Termin zum Kontaktbeamten der Polizeidienststelle. Habe einen Brief meiner Ex- ihm übergeben und nachdem er verzweifelt sagte, ob er das lesen müsse, habe ich ihm meine nachbarliche Situation geschildert. Es war ein gutes Gespräch und er zeigte seine Kompetenzen deutlich auf. Also im Zweifel 110 wählen! Zum Abschied gab er mir die Telefonnummer einer Psycho-sozialen Beratungsstelle - für die Ex- mit und wünschte mir einen Kuraufenthalt. Zu der von mir erwähnten Spelunke im Rotlichtviertel meinte er nur: "Das ist nicht die beste Adresse!". Anschließend fuhr ich mit der Stadtbahn eben an dieser vorbei und links und rechts an der vorgeblichen Glitzerwelt kam mir der Satz wieder:
Nur durch die Gnade Gottes bin ich Heute frei vom selbstzerstörerischen Glücksspiel". Ich denke, daß dieser Kontakt mir eine Cäsur meines süchtigen Verhaltens brachte. Ich brauche nicht in den Sumpf des Alkoholikers zu kriechen um ihn die Krise zu klauen. Ich habe mich vor meiner Sucht geschützt und nun habe ich mein kleines Ich wieder lieb.
Im Radio ertönt Musik von Mozart, was wußte der schon von Spielsucht? Die Musik klingt frühlich , heiter und nicht nach einem anonymen Armengrab. Es ist doch schön, sein Leben heiter zu betrachten.
Schöne 24 Stunden
Andreas