Hi Tizi!
Zunächst möchte ich Dich für "Deinen Weg" beglückwünschen.
Bisher hat er wohl funktioniert - Dein Erfolg gibt Dir Recht.
Was ich weiterhin bei Dir sehe ist Dein aufrechter Wille spielfrei zu bleiben.
Diesen Willen verteidigst Du hier vehement - und das ist gut so!
ABER:
Ich möchte Dich auch gerne zur Vorsicht warnen.
Wenn ich eines gelernt habe über mich und viele SHG- und Forenfreunde:
Wir alle haben uns das Ein- oder Andere schöngeredet - wir haben es gedreht und gewendet, bis es passte. Da es aber irgendwann sowas von weit von der Realität entfernt war, waren diese Dinge, an die wir bisher fest glaubten, nichts anderes als reinster Selbstbetrug.
Dies zu erkennen hat weh getan - aber es war die Chance auf eine positive Veränderung.
Ich denke, Du bist nicht hierher gekommen, um Dich zu präsentieren.
Eher denke ich, dass auch Du gerne von den Erfahrungen Anderer profitieren möchtest - Du möchtest Dich austauschen ... Deinen Willen noch mehr festigen.
Bevor ich nun Deinen ersten Beitrag ein wenig zerpflücke - ich lege für mich einen großen Wert auf bestimmte Formulierungen und die Wahl gewisser Begriffe.
Die Definitionen habe ich von den GA und meinen Forenfreunden adaptiert.
Sie helfen mir, weil ich mich damit von Beschönigungen - die zum Selbstbetrug führen "könnten" - abgrenzen möchte.
Selbstredend liegt es Dir frei, diese Definitionen anzunehmen, oder auf Deinen eigenen zu verharren.
"ich bin 24 jahre alt und war 5 jahre spielsüchtig."
Du hast 5 Jahre Deiner Sucht gefrönt - aber Du wirst immer spielsüchtig bleiben.
Dein Leben lang wird Dich diese Krankheit begleiten.
Du wirst ihr nicht nachgeben - Du wirst mit ihr leben - sie wird sogar sicherlich einen großen Teil ihres Stellenwertes in Deinem Leben verlieren.
Doch WIR werden trotzdem immer nur einen Schritt vom Abgrund entfernt sein ...
Dies unterstreicht Dein nächster Satz:
"seit einem jahr bin ich sozusagen clean,
was nicht heißt, das ich davon weg bin."
Nun, das Wörtchen clean benutze ich schon lange nicht mehr.
Da gibt es eine Definition, die Deine spielfreie Zeit als Minimum grob umschließt - und zusätzlich soll "aktiv" Selbstanalyse "mit Hilfe" durchgeführt werden.
Ich habe für MICH SHF´s gefunden. Da sitzt mir also kein Profi gegenüber, der meine Selbstanalyse lenkt oder mich analysiert.
Von daher kann ich nicht sicher sein, ob der zweite Teil der Definition bei mir zutrifft ...
Ich sehe mich also lieber als "spielfrei" an.
"ich war außerdem zu arrogant oder wie man sagen kann um mir hilfe bei einer therapie oder ähnliches zu holen. die einzige hilfe, die ich angenommen habe, war die hotline für spielsucht in nrw."
Zu arrogant?
Nun, Du HAST Dir Hilfe geholt! Die Erkenntnis, dass Du Hilfe benötigst, ist ein wahnsinnig großer Schritt auf Deinem Genesungsweg.
Weisst Du, wie oft ich höre: "Ich will es alleine schaffen!"?
Diese Worte kamen einst aus meinem eigenen Mund ...
Deine Hilfe bestand "lediglich" aus Personen, die DIR nicht ins Gesicht schauen konnten - Du warst anonym! Niemand konnte Dir Deine Regungen aus dem Gesicht ablesen - Du konntest Dein "Gesicht" wahren!
Warst Du also wirklich arrogant?
Oder hast Du vielleicht einfach nur Angst, Dich Aug in Aug verletzbar - gar angreifbar zu machen?
Nun, in meinen Augen ist das vollkommen "normal".
Aber: Als ich damals in die SHG ging - rational war es mir schon klar - nur eben emotional nicht - da erkannte ich einen wichtigen Punkt, der mir eine schwere Last von der Schulter nahm:
Ich bin nicht alleine mit meiner Krankheit.
In der SHG sitzen Menschen, die das Gleiche oder Ähnliches durchgemacht haben.
Sie haben Ihre eigenen Erfahrungen gesammelt, sind bereit sie weiter zu geben - UND von den Erfahrungen der Mitstreiter zu profitieren.
Keiner verurteilt den Anderen ... (winkewinke Mike
)
Tizi, Dein Weg hätte und hat bei mir nicht funktioniert.
Im Grunde wolltest Du Dir selber Dein Suchtmittel Geld entziehen - oder?
Dies hattest Du getan, indem Du gespielt hast.
Weisst Du - ich erlebe es immeer wieder - auch in meiner Erinnerung - wir Spieler sind Meister der Anpassungsfähigkeit.
Am ersten des Monats bereits den Lohn verspielt - warten wir auf den nächsten Monat.
Wir wissen ganz genau - dieser Tag wird kommen.
Wir bereiten uns somit auf das nächste Spiel vor.
Die Gedanken kreisen darum - egal mit welcher Begründung.
Doch Abstand (, den Du wohl trotzdem gefunden hast -) erlangen wir normalerweise nicht.
Dies geschieht erst, wenn wir abstinent werden - die Sucht nicht mehr ausleben.
Tja - und uns das Suchtmittel zu entziehen geht einfacher - es kostet kein Geld - aber Mut.
Es ist der Mut, sich seinen Lieben gegenüber zu outen - zuzugeben, dass ich krank bin, dass ich mein Leben nicht mehr meistern kann ...
"meine frau hat es nicht gewusst"
Weiss sie es heute?