Hey Nicole!
Es tut mir furchtbar leid, dass es dir so schlecht geht! Das Einzige, das ich als Trost weiß, ist: Gib nicht auf, geh nicht zurück, es wird besser!!!
Trennungen sind fast immer eine Katastrophe, gerade dann, wenn die Beziehung die eigentliche Katastrophe war und einer von beiden so abhängig vom anderen geworden ist. Und die Zeit, die du vor dir hast, ist nicht schön. Deswegen ist es aber trotzdem die einzig richtige Lösung. Erwarte nicht zu viel, es fühlt sich sicher noch lange ganz furchtbar an, und du wirst immer wieder in Gefahr geraten, zu ihm zurückzugehen. Vielleicht steht er ja auch plötzlich heulend bei dir vor der Tür und gelobt Besserung?! -Ich glaube nicht, dass du da ohne Hilfe wieder rauskommst. Mit Hilfe ist es jedenfalls viel einfacher, und warum sollte man es noch schwerer machen, als es eh schon ist?!
Was deine Bedenken betrifft, teile ich die Meinung von Mavrole. Du kannst mir glauben, ich habe mittlerweile relativ viel Übung darin, vor fremden Leuten zu heulen, und habe es kein einziges Mal erlebt, dass mich jemand komisch angeschaut hat. Außerdem, wie Mavrole sagt, das sind Profis, vor denen sitzen jeden Tag heulende Menschen. Weinen zu können ist übrigens schon garnicht schlecht- ich habe dafür länger gebraucht. Und es erleichtert.
Mit dem bekloppt sein ist das so ´ne Sache. In der Klinik war ich zuerst der Meinung, dass ich im Vergleich zu allen anderen überhaupt kein Problem habe und nicht mal das Recht, einen Therapieplatz zu belegen. Nach ein paar Wochen war ich relativ deprimiert, weil ich jetzt das Gefühl hatte, der einzige zu sein, der wirklich eins an der Waffel hat. Inzwischen denke ich, dass es mir ziemlich egal ist, ob ich bescheuerter oder normaler als die anderen bin, so bin ich dann eben, und egal, wie ich auf der Beklopptheitsskala abschneide, ich habe trotzdem ein Recht darauf, dass mir geholfen wird und es mir gut geht.
Außerdem ist deine bzw. unsere Geschichte so alt wie die Menschheit, und sehr schlaue Leute haben sich schon in Beziehungen aufgerieben, in denen nichts zu holen war. Das hat etwas mit Bedürftigkeit zu tun, nicht mit Intelligenz. Der andere gibt einem ein winziges Stück der Nähe und Zuwendung, die man sich ersehnt. Man bekommt aber nie genug, und nie wirkliche Sicherheit, er bleibt immer unerreichbar. Menschen wie du und ich sagen dann nicht "du kannst mich mal" und gehen, sondern fangen an, sich immer kleiner zu machen und sich immer noch mehr Mühe zu geben. Wieso sieht er denn nicht, dass ich ihn so unendlich liebe und er mich verletzt? Hm, offensichtlich habe ich noch nicht genug getan. Was könnte ich also machen? Es muss ja daran liegen, dass ich nicht genug bin, denn sonst würde er mich doch wollen. Wie soll ich sein? Nur ein kleiner Hinweis, ich kriege das schon hin. Wer will schließlich er selbst sein, wenn das nicht das ist, was IHM gefällt?!
Was mit mir war, war mir ziemlich egal. "Kümmere dich um dich selbst", das habe ich oft gehört. Ich wollte mich aber nicht mit mir beschäftigen müssen, er war es, der mich interessiert hat. Ich habe fast bedenkenlos immer mehr von mir aufgegeben. Schließlich war das die große Liebe, genau ihn wollte ich, und irgendwann mussten sich all die Mühen doch lohnen!
Ja, scheiße und. (T´schuldigung.) Meine mühsam gewonnenen weisen Erkenntnisse lauten wie folgt:
1. Das ist keine Liebe. Das ist Abhängigkeit. Kann auf den ersten Blick verwechselt werden, hat aber nichts miteinander zu tun. Die Stärke dieses Gefühls bedeutet nicht, dass man den anderen doch liebt, sondern nur, dass man sich sehr abhängig gemacht hat.
2. "Genau ihn will ich"- Schmarrn! Die schönen Seiten von ihm will man, die anderen, die seine Person genauso ausmachen, werden kleingeredet oder als Phase abgetan. Er ist aber nicht nur die schönen Seiten. Klar, genauso wenig nur die schlechten, aber es zählt die Summe. Willst du ´nen Kerl, der lieb zu deinem Sohn ist, dir aber halt ab und zu mal eine reinhaut?
3. Du bist auch ohne ihn jemand. Ich hatte das Gefühl, dass ich alles verlieren kann, nur ihn nicht. Dass nichts von mir übrig bleibt, wenn er geht. -Stimmt nicht. Es ist nur ein mühsamer Weg, bis es sich ab und zu mal wieder gut anfühlt, "nur" man selbst zu sein. Das muss man durchhalten, mit Heulen und allem, was dazu gehört. Es geht vorbei, und danach wird es besser.
4. "Ihm geht es doch schlecht ohne mich." -Ja, aber hoffentlich! Dir ging es ja auch schlecht genug mit ihm! Außerdem neigt man dazu, die eigene Bedeutung zu überschätzen- das, was ihm wirklich wichtig ist, hat er ja noch. Und falls ihm doch ein gewisser Mangel auffallen sollte- Mädels wie uns gibt´s genug.
5. Es gibt keine Hoffnung, dass er sich ändert. (!!!!) Keine! Er will es ja nichtmal. Du kannst ihn nehmen, wie er ist, oder gehen.
6. Selbst wenn du beschließen würdest, ihn halten zu wollen- und der Preis ist dein Lebensglück und die Kindheit deines Sohnes- schaffst du das nicht dadurch, dass du ihm weiter hinterherkriechst. Menschen wollen Dinge, die sie nicht haben können; wen man zu sehr haben kann, ohne dafür irgendetwas tun zu müssen, will man nicht mehr. Also, gehen musst du sowieso- und wer weiß, ob die schönen Erinnerungen nach einer Weile noch so schön sind, dass sie den Rest aufwiegen!
Hm, wenn ich ein bisschen nachdenke, fällt mir dazu sicher noch mehr ein, aber wahrscheinlich war das genug.
Was deinen Sohn betrifft, denke ich, dass man nie weiß, wie lange das gut gegangen wäre. Kinder nerven auch mal (pardon, ich bin sicher, deiner ist der pure Sonnenschein!
, und wenn er auch sonst bei jedem Mist ausflippt, wieso dann nicht auch mal da? Besser kein männliches "Vorbild" als so eins!
Nicole, ich wünsche dir erstmal viel Kraft. Oder eben Beharrlichkeit, das ist in dem Fall genauso gut. Du musst nur lange genug ertragen, dass er weg ist, dann merkst du irgendwann, dass du ihn garnicht wirklich brauchst.
Das mit dem Wiedersehen würde ich unbedingt vermeiden! Denn mit ein bisschen "Glück" erwischst du gerade eine "gute" Phase bei ihm, und er schwört Stein und Bein, sich zu ändern. Das hält aber nur so lange, bis er sich deiner wieder sicher ist, und das war´s dann. Ich habe meinen Freund ab und zu nochmal gesehen, aber danach war es jedesmal schwer, ihn wieder gehen zu lassen und sich klar zu machen, dass es auch jetzt einfach nicht funktionieren würde. Und dann hänge ich ihm wieder ein paar Tage hinterher und habe das Gefühl, dass es so nahe an der absolut perfekten Beziehung war. -So viel zum Thema weise Erkenntnisse. Bis man die Gefühle auf Linie gebracht hat, dauert am längsten. Aber das Alleinsein bringt einen erstaunlicherweise nicht um, und irgendwann wirst du das, was du zurückgewonnen hast, auch nicht mehr für jedes windige Versprechen von jedem Deppen aufgeben wollen.
Ich hoffe, du findest Hilfe! Wenn du eine Anleitung zum Heulen vor fremden Menschen oder sonst etwas brauchst, würde ich mich freuen, von dir zu hören!
Christina